Kabarettist Schroeder auf Corona-Demo: Predigen vor Ketzern
Erst ein paar Kabarett-Konserven, dann seine eigene Agenda: Satiriker Florian Schroeder kontert Corona-Zweifler*innen auf ihrer eigenen Demo.
Eulen nach Athen tragen, das heißt unter Bühnenkünstler*innen: predigen vor Bekehrten. Also: dem Publikum bloß vorkauen, was es hören will. Der Satiriker Florian Schroeder, 40, hat am Samstag in Stuttgart das Gegenteil getan, als er bei einer Kundgebung der Initiative „Querdenken-711“ auftrat. In seiner zwölfminütigen Performance referierte Schroeder über Meinungsfreiheit und betonte, er halte Masken und Abstand für sehr gute Ideen. Eigentlich keine gewagten Standpunkte. Dort aber nun: predigen vor Ketzern, gewissermaßen.
Hitzige 32 Grad herrschen, als ein paar Hundert Menschen in Stuttgart zu einem „Fest für Freiheit und Frieden“ zusammenkommen. Videoaufnahmen zeigen, wer sich da im Schlossgarten tummelt: Normalos, Frauen mit Top, Männer mit Bauch, Leute mit EU-Flagge und solche, die heiser „Diktatur!“ brüllen. Ein gäriger Haufen vielleicht, den Florian Schroeder, wie immer mit Anzug und Krawatte, zunächst mit ein paar Kabarett-Konserven anfüttert.
Doch etwa nach der Hälfte seines Auftritts konfrontiert er die Menge mit seiner eigentlichen Agenda: „Ich bin der Auffassung, dass Corona eine hochgefährliche, ansteckende Krankheit ist. Und ich bin der Überzeugung, dass Maskentragen und Abstandhalten das Wichtigste und Beste ist, was wir in diesen Tagen tun können.“ Wenn sie „die totale Meinungsfreiheit“ wollten, müssten sie das schon aushalten, schlägt er der Menge vor. Die Reaktionen: Buh-Grunzen, Grölgeräusche, Pfeifkantaten. Schroeder wirkt zufrieden, Mission erfüllt.
Der Auftritt wirkt angenehm antithetisch in einer Zeit, in der deutschsprachigem Kabarett immer mal wieder eine Nähe zum Reaktionären nachgesagt wird, ob wegen Judenwitzen im WDR oder nu(h)r dem Verhohnepipeln von Greta Thunberg. Schroeder, geboren in Lörrach, einst bei Satiremeister Harald Schmidt in die Lehre gegangen, kennt sich mit Bürgerlichkeit aus.
Streitbare Positionen für Linke
Er macht es sich aber auch links nicht bequem. So empfahl er 2018 in der Zeit, Carl Schmitt, den „Steve Bannon der 1920er Jahre“, zu lesen, um „aus dem Bannkreis der eigenen Echokammern zu treten“.
Zuletzt sprach er sich für die umstrittene Veröffentlichung von Woody Allens Autobiografie beim Rowohlt Verlag aus. Wenn Kunst nur noch von guten Menschen für gute Menschen gemacht werde, sei das ihr Ende, so Schroeder im Spiegel. Beiden Texten gab er das Nietzsche-Zitat „Ich impfe euch mit dem Wahnsinn“ bei – eine Referenz, die in Stuttgart vermutlich zu noch mehr aerosolfördernder Schnappatmung geführt hätte.
Schroeder, der wie Robert Habeck in Freiburg Philosophie studierte und auch schon mal ein Bühnenprogramm mit Peer Steinbrück absolvierte, gibt sich gern intellektuell. Auch in Stuttgart hat er seine Stand-Up-Show etwa durch die Wiederholung des sperrigen Hegel’schen Theorieworts „Dialektik“ aufgemotzt. Wirklich clever war aber vor allem der Akt des Auftritts selbst: Mit den angeblichen „Querdenker*innen“ zu reden, sich ihnen dabei weder anzubiedern noch sie übermäßig nass zu machen – besser hat das zuletzt nur Dunja Hayali hinbekommen.
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