Journalisten und Internetkonzerne: Die falsche Story
Bei Kooperationen wie der von Correctiv und Facebook geht es um den Anschein von Offenheit. Das untergräbt journalistische Glaubwürdigkeit.
Das Journalistenportal Correctiv will Facebook helfen, Fake-News zu bekämpfen – umsonst, denn die Demokratie stehe auf dem Spiel. Tolle Sache?
Correctiv arbeitet mit Facebook zusammen, um bekannter zu werden. Ein guter Draht zu diesem globalen Lautsprecher dient vor allem dem eigenen Marketing. Und Facebook geht es um den Anschein von Offenheit. Als Kommunikationsprofis wissen das beide Seiten, aber sie entwickeln eine Story, in der es um hehre Gründe geht. Wie stimmig ist das?
Correctiv verkündete am selben Tag die Gründung einer „Reporterfabrik“. Dort sollen möglichst alle Menschen für den Umgang mit Informationen geschult werden. Nur einen Tag später meldet Facebook die Eröffnung eines „Digitalen Lernzentrums“ in Berlin mit ähnlichem Zweck. Partner: „das Projekt ‚Reporterfabrik‘ von Correctiv“.
Fake-News können auch solche „Narrative“ sein, wie sie Correctiv und Facebook erzeugen: Erzählungen – erwünschte Versionen einer Geschichte. Mächtige Narrative verändern die Sprache. Beispiel? Freihandel = Freiheit. Noch eins? Facebook = „soziales“ Netzwerk.
Correctiv und Facebook erzeugen damit selbst, was sie doch eigentlich bekämpfen wollen: ein Zerrbild der Wirklichkeit.
Wer füttert, den beißt man nicht
Benötigt einer der mächtigsten Konzerne der Welt zum Wohle der Demokratie wirklich zwei Dutzend Journalisten, um in den Datenbergen von 1,8 Milliarden Facebook-Nutzern Lügen zu finden? Facebook betreibt ganze Forschungslabore, um Datenberge auszuwerten. Für China – toller Markt! – hat der Konzern gerade eine Zensursoftware gebaut. Hier werden statt Lügen nun unerwünschte Wahrheiten gefiltert. Allein dies verdeutlicht, wie schmal der Grat zwischen dem Filtern von Fake-News und Zensur werden kann. Wahrheit ist eine schwierige Variable. Sie fußt mitunter auf politischen Urteilen.
Facebook und Google umschmeicheln deutsche Medien mit Millionen. Auch die taz und Correctiv kassieren. Wer füttert, den beißt man nicht. Und deswegen beschädigen diese Kooperationen den journalistischen Kern: die Glaubwürdigkeit. Der daraus resultierende Vertrauensverlust macht Menschen anfällig für Fake-News jeder Art. Dagegen hilft nur: unabhängiger Journalismus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen