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Jimmy Kimmel auf allen Stationen zurückMeinungs­freiheit nun doch wichtig

Jimmy Kimmels Show wird wieder USA-weit übertragen. Doch die Begründung für die Wiederaufnahme der Sender Nexstar und Sinclair ist mindestens unehrlich.

Wirksam: der Protest und Boykott durch Filmschaffende und Abon­nen­t*in­nen des Strea­mingdienstes, 18.9.2025 Foto: Jae C. Hong/ap/dpa

taz | Die USA haben ihren Kimmel zurück – und zwar landesweit. Ende der Woche erklärten zwei Unternehmen, die sich bisher noch quer gestellt hatten, dass auch sie die Late-Night-Show „Jimmy Kimmel Live!“ wieder ausstrahlen werden.

Sinclair und Nexstar besitzen diverse lokale Fernsehstationen, einige davon sind Partnerstatio­nen der ABC, zeigen also dessen Programm. Auf Kimmels Sendung, die Teil des ABC-Programms ist, hatten die beiden Unternehmen zuletzt aber eher wenig Lust. Etwa 20 bis 25 Prozent des ABC-Publikums werden durch die Stationen von Sinclair und Nexstar abgedeckt. Sie konnten die erste ausgestrahlte Sendung Kimmels nach der von ABC und Disney verordneten Zwangspause und dem Eklat um seine Äußerungen zum Anschlag auf den extremen Rechten Charlie Kirk nicht im linearen Fernsehen verfolgen.

In den USA werden die Programme vieler großer Sender durch lokale Partnerstationen ausgestrahlt, die anderen Unternehmen gehören.

Sinclair schrieb in seiner Erklärung am Freitag, dass sie die Kimmel-Show ausgesetzt hätten „ohne jeglichen Einfluss der Regierung“. Als hätte nicht der Chef der Medienaufsichtsbehörde Brendan Carr, ein Freund von Präsident Donald Trump wie auch vom rechten Superreichen Elon Musk, Sendern gedroht, ihnen die Lizenz zu entziehen, wenn sie die Show von Kimmel weiterhin ausstrahlen.

Grund dafür war, dass Kimmel in einer seiner Sendungen gesagt hatte, dass die „MAGA-Gang“ den Tod Kirks politisch instrumentalisiere.

it's the economy, stupid!

Die Sinclair-Erklärung, sie hätten ein Programm für „das größtmögliche Publikum“ machen wollen, macht angesichts der Drohung mit Lizenzentzug beinahe wieder Sinn. Dazu kommt, dass Sinclair, ebenso wie Nexstar, mit anderen Unternehmen in der Branche fusionieren will – und dafür die Zustimmung von Carrs Medienaufsicht benötigt.

In seiner Erklärung gab das Unternehmen außerdem an, „Rückmeldungen“ bekommen zu haben, nicht nur von Zuschauer*innen, sondern auch von Werbekund*innen. Auch Disney hatte die Sendung vermutlich nicht wieder ins Programm aufgenommen, weil es sich auf Werte wie Meinungsfreiheit und Pressefreiheit besonnen hat. Vielmehr dürfte der Protest und Boykott durch Filmschaffende wie Abon­nen­t*in­nen des Strea­mingdienstes ausschlaggebend gewesen sein.

Es wirkt also, als sei nicht nur Disney eingeknickt vor der Macht seiner Pro­du­zen­t*in­nen und Konsument*innen, sondern auch Sinclair vor der Macht der Wer­be­kun­d*in­nen und die wiederum vor der Macht ihrer eigenen Kund*innen.

Nexstar beteuerte in seinem Zurückrudern, sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verpflichtet zu sehen. Verrückt, dass ihnen das erst jetzt einfällt und nicht schon, bevor sie sich gegen die Sendung stellten – noch vor ABC oder dem Mutterkonzern Disney. Erst danach hatte ABC die Show von Kimmel ausgesetzt, was zu einem enormen Aufschrei international wie innerhalb der USA geführt hatte. Selbst konservative US-Politiker*innen äußerten Sorge um die Meinungsfreiheit.

Mit der ersten Folge, die dann wieder ausgestrahlt wurde, zeigte Kimmel nicht nur, dass die Demokratie in den USA vielleicht doch noch nicht verloren ist, er erreichte auch eine enorme Quote: 6,3 Millionen Zu­schaue­r*in­nen allein im linearen Fernsehen – und das ganz ohne Sinclair und Nexstar.

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3 Kommentare

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  • Die Begründung für Jimmy Kimmels Rückkehr ist ungefähr so ehrlich oder unehrlich wie diejenigen, die ihn zum Märtyrer der Meinungsfreiheit machen wollen, sobald es nur gegen Kirk und Trump geht.

    Jimmy Kimmel hatte im demokratisch gesinnten Spektrum jahrelang den Ruf eines Rassisten und Sexisten, und noch vor einem Jahr wurde von dort mit Bedauern festgestellt, dass er "uncancellable" sei.

    www.newsweek.com/j...abc-oscars-1877157

    • @Meister Petz:

      Umstritten ist er durchaus nur in Nischen des demokratischen Spektrums, womit du vermutlich das linke meinst.

      Jedenfalls ist er lernfähig und kann Kritik annehmen, im Gegensatz zb. zu Bill Maher.

      Es wäre auch etwas naiv anzunehmen, im Kapitalismus liefe es nicht nach dessen Regeln.

      • @Systemknecht:

        Naja, Newsweek würde ich durchaus im Mainstream der demokratischen Parteibasis verorten, die sind jetzt nicht irgendwie links von AOC oder so angesiedelt.