piwik no script img

Jenseits der KlimakonferenzDrei kleine Hoffnungsschimmer

Auf dem Weltklimagipfel wurde der Klimaschutz kaum vorangebracht. Abseits des Verhandlungsparketts gab es vorsichtig optimistische Nachrichten.

Noch nichts zu melden, aber was zu verkünden: Brasiliens designierter Präsident Luiz Inácio da Silva Foto: REUTERS/Mohammed Salem

Kohleland Indonesien steigt aus Kohle aus – innerhalb eines Deals mit verschiedenen Industrieländern, darunter Deutschland. Das Programm wurde schon auf dem G20-Gipfel in Bali vorgestellt, aber von Be­ob­achte­r:in­nen auch als Signal an die Ver­hand­le­r:in­nen in Scharm al-Scheich gewertet. Zwei Drittel des indonesischen Stroms kommen aus Kohlekraftwerken – und zwar oft aus recht neuen Anlagen. Die Betreiberfirmen wollen sie also eigentlich noch lange laufen lassen. 20 Milliarden US-Dollar sollen insgesamt fließen, um ihnen das auszureden – für das Abstellen der klimaschädlichen Kraftwerke und den Ausbau erneuerbarer Energien. So sollen Indonesiens Emissionen nach 2030 nicht mehr ansteigen (sieben Jahre früher als bisher geplant) und knapp über ein Drittel der gesamten Energie in dem Land erneuerbar sein – etwa eine Verdopplung der bisherigen Pläne. Bis 2050 soll zumindest der Stromsektor komplett emissionsfrei sein. Manko: Der Großteil der indonesischen Emissionen entsteht durch die Rodung des Regenwalds. Das adressiert das Programm nicht.

„Brasilien ist zurück“, rief Brasiliens ehemaliger und auch designierter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva einem jubelnden Publikum auf der Klimakonferenz zu. Er war nicht in offizieller Funktion angereist, schließlich wurde er nur Tage vor dem Auftakt gewählt. Durch seinen Besuch am Rande der Verhandlungen signalisierte er aber: Es wird anders als bisher mit Brasilien. Das Land blockierte in den Klimaverhandlungen regelmäßig Fortschritte. Unter Lulas rechtsextremem Vorgänger Jair Bolsonaro, ein Klimawandelleugner, wurde zudem der Amazonas-Regenwald massiv heruntergewirtschaftet. Der gilt als grüne Lunge der Erde, kann diese Rolle aber immer schlechter ausfüllen. „Es gibt kein 1,5-Grad-Ziel, wenn der Amazonas weiter verschwindet“, sagte Carolina Genin, Klimaexpertin des World Resources Institute: „Lula versteht die Dringlichkeit der Klima­krise.“ Tatsächlich ist der baldige Präsident mit dem Waldschutz in den Wahlkampf gezogen – ein Selbstläufer wird das trotzdem nicht. Schließlich hängen viele Einkommen an den Rodungen, die Platz für Äcker und Rinder schaffen. Lula will für den Waldschutz Geld von Industrieländern. Eine solche Zusammenarbeit ist mit ihm an Brasiliens Spitze deutlich wahrscheinlicher als bisher: Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat in Scharm al-Scheich schon angekündigt, mit Lulas künftiger Regierung über eine entsprechende Partnerschaft sprechen zu wollen.

Manche Klimaversprechen werden übertroffen. Eine neue Studie kommt zu dem Ergebnis: Die klimaschädlichen Emissionen könnten bei drei großen Playern schneller sinken, als die das in ihren offiziellen Klimazielen versprechen. Es geht um die EU, China und Indien. Ana­lys­t:in­nen der britischen Organisation Energy and Climate Intelligence Unit haben Wirtschaftstrends, Klimapolitik und bekannte Konzernpläne untersucht. Sie schöpfen ihren Optimismus zum Beispiel daraus, wie schnell der Ausbau von Wind- und Solarenergie mittlerweile läuft. Bleibt es bei dem Tempo, dann liegt der Anteil von Wind und Sonne im globalen Strommix laut Studie im Jahr 2030 bei 40 Prozent, eine Vervierfachung gegenüber dem heutigen Niveau. Ähnliche Entwicklungen gebe es bei der Elek­tromobilität oder bei den Investitionen in saubere Energie. Die Studie heißt allerdings „Die großen Vier“ – und beim vierten untersuchten Land, den USA, kommen die Ex­per­t:in­nen zu einem anderen Schluss: Die seien noch weit von ihren Klimazielen entfernt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Toll! Die 27.(!) Weltklimakonferenz bei der nichts Gewinnbringendes dabei heraus gekommen ist. Außer dass sich 14.000 Abgesandte in der Wüste getroffen haben, sich gegenseitig Vorwürfe und Versprechungen machen.

    Ich kann solche "Tanzveranstaltungen" nicht wirklich ernst nehmen. Seit der ersten in Berlin von 1995.

  • "Bleibt es bei dem Tempo, dann liegt der Anteil von Wind und Sonne im globalen Strommix laut Studie im Jahr 2030 bei 40 Prozent, eine Vervierfachung gegenüber dem heutigen Niveau."



    Wobei bedacht werden sollte, dass es nicht bloß um den Strommix geht sondern um den Primärenergieverbrauch. Bisher eingesetzte fossile Energieträger, die für Heizen, Produktion, Mobilität mit Verbrennungsmotoren usw. verwendet wurden, müssen erst noch durch regenerative Quellen (Ökostrom, ökologisch erzeugter Wasserstoff) ersetzt werden. Das bedeutet zusätzlicher bzw.steigender Strombedarf.

  • Wir haben aktuell die höchsten Methanemissionen seit jeher. Dies stellt alle kleinen Hoffnungsschimmer in den Schatten - zumal es sein könnte, dass wir es hier bereits mit einem Teufelskreis zu tun haben: Die erhöhte Hitze steigert die Methanfreisetzung aus Reisfeldern etc.

    Hoffnung gäbe es nur noch bei radikalen Schritten. Der Klimawandel wurde zu weit vorangetrieben, als dass jetzt noch schrittweiser Wandel möglich wäre.

    Für radikale Schritte gibt es keinen Hinweis.

    Auch die Vorbereitung auf den Klimawandel befindet sich im Rückschritt. Zu beginnen, über einen Font zu diskutieren, ist offensichtlich nicht ausreichend. Andere zentrale Themen, wie der Umgang mit den Klimaflüchtlingen, werden einfach weiterhin nach dem Motto, den Kopf in den Sand stecken, ignoriert. Selbst die taz widmet sich diesem doch so offensichtlich brandaktuellem Thema nicht.

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Verstanden: Trotz punktuell gegebener positiver Ansätze wollen Sie nichts als Hoffnungslosigkeit predigen. Die sei Ihnen umgenommen. Auch wenn ich — anders als Sie — die antizipierten Abermillionen Flüchtende nicht als Bedrohung sehe, sondern als evolutionäre Umverteilung der weiterhin bewohnbaren Erdmasse.

      Keinerlei Verständnis habe ich allerdings für Ihren rigiden Umgang mit Typografie … dies ist nun wirklich nicht die Zeit, über das Zeitgemäße eines Fonts zu diskutieren!

  • Das sind aber sehr kleine Hoffnungschimmer.



    Indonesien plant bis 2050..., Brasilien vielleicht....



    Beides hängt wahrscheinlich an der Finanzierung, die einen 20 Mrd für entgangene Gewinne, die anderen eine hohe Summe um vorläufig nichts zu machen.



    Das klappt doch nie