Javier Milei: Argentinien gibt neue Dollar-Anleihe aus
Milei feiert sich, dass Argentinien angeblich zurück auf den Finanzmärkten ist. Doch recht hat er mit dem Eigenlob nicht.
Argentinien ist zurück auf dem Devisenkapitalmarkt. Am Mittwoch hat die Regierung von Präsident Javier Milei zum ersten Mal seit acht Jahren erfolgreich eine auf Dollar lautende Staatsanleihe platziert. Was nach einer soliden und erfolgreichen Anleiheemission klingt, ist nur Teil eines Patchworks.
Im Januar werden in Buenos Aires Verbindlichkeiten in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar fällig. Die Zentralbank hat keine Reserven aufgebaut und schreibt stattdessen weiter rote Zahlen. Dies ist ein klarer Verstoß gegen die Bedingungen, die mit dem Internationalen Währungsfonds für den im vergangenen April bewilligten 20 Milliarden-Dollarkredit für Argentinien. Die schreiben nicht nur die Bildung von Reserven, sondern auch deren genaue Höhe vor.
Zugleich scheint die Hilfe der US-Regierung doch Grenzen zu haben. Noch im Oktober griff US-Finanzminister Scott Bessent mit dem Kauf von Pesos in den lokalen Devisenmarkt ein und rettete Milei vor dem finanziellen Abgrund. Zudem wurde ein 20 Milliarden Dollar-Währungsswap zwischen der argentinischen Zentralbank und dem US-Finanzministerium vereinbart.
Ein zusätzlicher Kredit in Höhe von 20 Milliarden Dollar von US-Privatbanken ist vom Tisch, nachdem die US-Regierung keine Garantien dafür übernehmen wollte, wie die US-Bank JP Morgen verkündet hatte. Seitdem verhandelt Wirtschaftsminister Luis Caputo mit den Banken über einen Kredit in Höhe von 5 Milliarden Dollar, doch eine Einigung ist noch lange nicht in Sicht.
Mit der Ausgabe der Fremdwährungsanleihe hat das Wirtschaftsministerium eine Milliarde Dollar zu einem Jahreszinssatz von 9,26 Prozent mit einer Laufzeit bis 2029 aufgenommen. Damit soll ein Teil der im Januar fälligen von Verbindlichkeiten in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar getilgt werden. Woher die restlichen 3,2 Milliarden kommen sollen, ist noch offen.
Dass die Regierung von Präsident Javier Milei die erfolgreiche Platzierung der Anleihe als Rückkehr auf der Finanzmarkt feiert, ist nur teilweise richtig. Die Anleihe wurde auf dem lokalen Kreditmarkt und unter argentinischen Recht ausgegeben. Im Falle eines Zahlungsausfalls müssen Gläubiger eine Klage in Buenos Aires einreichen und nicht in New York nach US-Recht, wie es bei Anleihen üblich ist, die auf den internationalen Finanzmärkten begeben werden. Eine Rückkehr auf den internationalen Kreditmarkt ist das nicht.
Wegen der mangelnden Kreditwürdigkeit ist Argentiniens Zugang zum internationalen Kapitalmarkt weitgehend blockiert. Mit einem Länderrisiko von 628 Punkten wäre der Zinsaufschlag für Dollaranleihen schlichtweg zu teuer. Das Länderrisiko ist ein von JP Morgan aufgestellter Risikoaufschlag für die Vergabe von Krediten an Staaten. Die Grundlage für die Berechnung ist der Zinssatz für US-Staatsanleihen.
Neben der Milliarde Dollar dient die Anleihe in erster Linie als Testlauf, um dem Land zu einem späteren Zeitpunkt die Rückkehr auf den internationalen Kreditmarkt zu ermöglichen. Entsprechend gründlich wurde die erfolgreiche Platzierung vorbereitet. Noch tags zuvor hatte die Zentralbank einige Vorschriften geändert, um großen Versicherungsgesellschaften die Zeichnung von Anteilen an der Anleihe zu ermöglichen. Offensichtlich war es bis dahin nicht gelungen, genügend solvente Investoren zusammenzubringen.
Milei braucht nicht nur Dollar, um alte Schulden mit neuen Schulden zu begleichen, sondern auch ständig frische Dollar, um die US-Währung billig zu halten, was wiederum ein Garant für die niedrige Inflationsrate ist. Die schwankt pro Monat zwar um die zwei Prozentmarke, ist aber für die inflationsgebeutelten Argentinier ein Segen und Mileis größter Erfolg und Rückhalt. Nachhaltig ist daran aber nichts.
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