JU für Kanzlerkandidaten-Urwahl: Dämpfer für Kramp-Karrenbauer

Die Junge Union hat sich auf ihrem Parteitag gegen AKKs Position für eine Urwahl des Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Danach jubelten sie ihr zu.

Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem Mikrofon in der Hand

Kein Wort über für sie ärgerlichen Beschluss: Annegret Kramp-Karrenbauer Foto: dpa

SAARBRÜCKEN taz | Die CDU-Vorsitzende und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer versuchte es mit Humor: In den Medien sei der falsche Eindruck entstanden, der JU-Deutschlandtag in Saarbrücken folge dem Format: „Germany’s next Topmodel“. Sie spielte damit auf das öffentliche Showlaufen möglicher Unions-Kanzlerkandidaten an. Tatsächlich hatten sich auf der Bühne der Kongresshalle in Saarbrücken an den Tagen davor ein halbes Dutzend Unions-Spitzenpolitiker mit Grundsatzreden präsentiert, darunter die Ministerpräsidenten von NRW und Bayern, Armin Laschet und Markus Söder, die als mögliche Bewerber für die Spitzenkandidatur gehandelt werden beziehungsweise wurden.

„Topmodel“ der Jungen Union für diesen Job indes ist und bleibt ein Ehemaliger: Mit Standing Ovations feierte der Parteinachwuchs am späten Freitag den früheren Chef der Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, der vor einem Jahr im Wettstreit um den Parteivorsitz unterlegen war. „Wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, bin ich dabei“, rief Merz seinen jungen Fans zu.

„Wir danken Ihnen, dass Sie zurück sind auf der CDU-Bühne“, kommentierte begeistert JU-Chef Tilman Kuban. „Oh wie ist das schön …“, sangen die Delegierten, vor allem aus Merz’ Landesverband Nordrhein-Westfalen, und schwenkten Fähnchen. Im Rausch des Merz-Auftritts beschloss das JU-Plenum denn auch noch am gleichen Abend mit 170 zu 107 Stimmen, die nächste KanzlerkandidatIn der Union sei per Urwahl zu bestimmen – ein klarer Affront gegen die gewählte Vorsitzende AKK. Über diese Forderung muss laut Satzung jetzt der nächste CDU-Bundesparteitag entscheiden.

Über den für sie ärgerlichen Beschluss verlor die Parteivorsitzende bei ihrer einstündigen Rede am Sonntag kein Wort. Es sei doch schön, wenn die Union über mehr potenzielle KanzlerkandidatInnen verfüge als die SPD über geeignete BewerberInnen für den Parteivorsitz, sagte AKK; ihr sei öffentlich geraten worden, mit der JU im Vorfeld zu „kuscheln“, um unerwünschte Beschlüsse abzuwenden. „Mit der JU kuschelt man nicht, mit der streitet man“, rief sie in den Saal und mahnte: „Der politische Gegner steht immer außerhalb unserer Reihen.“

Die Verteidigungsministerin setzte bei ihrem Auftritt außenpolitische Akzente. Sie bekräftigte das Ziel, den Etat für die Bundeswehr auf die vereinbarten 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Die Bundeswehrsoldaten, die in Mali bei 50 Grad einen gefährlichen Job erledigten, hätten Anspruch auf eine gute Ausstattung, „damit sie heil und sicher zurückkehren können“. Sie erinnerte an die auch von sozialdemokratischen Außenministern gegebenen Zusagen. „Was die Deutschen versprochen haben, halten sie“, rief Kramp-Karrenbauer.

„Kein gutes Beispiel gegeben“

Deutliche Worte fand sie auch in Richtung Türkei und Russland. Es gebe Anzeichen, dass der Nato-Partner Türkei sich in Nordsyrien dauerhaft als Besatzungsmacht zu etablieren versuche: „Da müssen wir sagen, das geht nicht.“ Dass auch die USA die im Stich ließen, die geholfen hätten, den IS zurückzuschlagen, sei das falsche Signal, sagte die Ministerin. Forderungen aus der SPD, das Verhältnis zu Russland zu lockern, erteilte sie eine entschiedene Absage. „Russland hat in der Ostukraine und auf der Krim Völkerrecht gebrochen und tut das auch heute noch“, so Kramp-Karrenbauer.

In der anschließenden Fragestunden musste sich die Parteivorsitzende heftige Kritik anhören. „In den letzten Monaten haben Sie kein gutes Beispiel gegeben“, sagte der JU-Landesvorsitzende von Oldenburg, Andrè Hüttemeyer. Zunächst zu versichern, sie habe als Parteivorsitzende genug zu tun, und dann doch bei erster Gelegenheit ins Kabinett einzutreten, habe nicht für Glaubwürdigkeit gesorgt, kritisierte der niedersächsische Landesvorsitzende Christian Fühner.

Die so gescholtene Chefin erinnerte daran, dass sie nach ihrem Wahlsieg im Saarland sogar auf das Amt der Ministerpräsidentin verzichtet habe, um der Partei zu dienen. Die Nachfolge von Ursula von der Leyen habe sie übernommen, weil zu der Zeit die SPD „wackliger als je zuvor“ gewesen sei. „Wir arbeiten weiter, bruchlos“, sagte sie und fügte hinzu, bei den SoldatInnen sei das Signal gut angekommen, dass in der Union die Bundeswehr „Chefsache“ sei.

Über die Urwahl muss dernächste CDU-Bundesparteitag entscheiden

AKK erhielt nach ihrer Rede viel Beifall. JU-Chef Kuban bescheinigte ihr sogar einen „starken Start als Verteidigungsministerin“, auch wenn sie einige „Hürden nicht so elegant genommen“ habe. Die Sympathien das Parteinachwuchses gehörten bei diesem Kongress jedoch anderen.

Dem Bundesparteitag der CDU hat der JU-Deutschlandtag Beschlüsse zum Klimawandel und zur Digitalisierung vorgelegt, neben dem zur Urwahl der KanzlerkandidatIn. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Partei ihrer Vorsitzendenden tatsächlich den ersten Zugriff auf die KanzlerInnenkandidatur nimmt. CSU-Chef Markus Söder fand den Vorschlag der JU zwar „charmant“. Gleichzeitig erinnerte er aber daran, dass die Union bislang stets mit gemeinsamen KanzlerkandidatInnen angetreten sei; dafür sei eine Abstimmung zwischen den Unionsparteien unabdingbar.

Söder, der bei seinem Einzug zum bayerischen Defiliermarsch wie ein Popstar gefeiert worden war, beendete Spekulationen über eigene Ambitionen. Mit dem CSU-Parteivorsitz und dem Amt des Ministerpräsidenten habe er seinen „Traumjob“ gefunden, versicherte er.

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