JU-Vorsitzender zu Groko-Gesprächen: „Eine Einheitskasse lehnen wir ab“
Zu Beginn der Gespräche zwischen SPD und Union gibt es die Idee der „Koko“. Paul Ziemiak über Groko-Aussichten und die Bürgerversicherung der SPD.
taz: Herr Ziemiak, an diesem Mittwochabend beginnen die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD. Die Sozialdemokraten bringen nun die Idee einer Koko, einer Koordinierten Koalition, ins Spiel. Also die verbindliche Zusammenarbeit nur bei bestimmten Themenfeldern. Was halten Sie davon?
Paul Ziemiak: Nichts. Denn entweder gibt es eine Koalition oder nicht. Unser Ziel ist es, eine Große Koalition herbeizuführen. Das ist unser Anliegen in diesem Gespräch am Mittwoch.
Das klingt schon jetzt nach jeder Menge Dissens. Was denken Sie – kann die Große Koalition scheitern, wie es schon bei Jamaika passiert ist?
Sie sollte gelingen. Aber das setzt natürlich voraus, dass nicht alle mit Maximalforderungen in die Gespräche kommen. Wenn beide Seiten auch kompromissbereit sind, gibt es eine gute Chance, dass das klappt.
Dann schauen wir doch mal auf die „Schnittmengen“, von denen die Kanzlerin am Montag gesprochen hat. Die SPD möchte ihre Bürgerversicherung durchsetzen, die CDU lehnt das ab. Nun stellt Angela Merkel „eine Vielzahl von Verbesserungen“ sowohl für die Beschäftigten als auch die Patienten in Aussicht. Geht es also nur noch ums Wording, kommt eine Bürgerversicherung, die nur anders heißt?
Nein, so eine Einheitskasse, wie die SPD sie will, lehnen wir ab. Das wäre auch schlecht für die gesetzlich Versicherten. Wir müssen dafür sorgen, dass künftig alle Menschen medizinisch besser versorgt werden – und nicht alle gleich schlecht.
Sowohl die SPD als auch Ihre Union adressieren ihre Politik vor allem an die Mittelschicht. Die soll geschützt werden, gestärkt. Wen meint die CDU da eigentlich konkret?
Paul Ziemiak, 32, ist Vorsitzender der Jungen Union. Seit dieser Legislaturperiode vertritt er als CDU-Abgeordneter den Wahlkreis Herne-Bochum II im Bundestag.
Die Mittelschicht sind die Menschen, die in diesem Land jeden Morgen aufstehen, zur Arbeit fahren und ihre Steuern und Abgaben zahlen. Um die geht es uns. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir da auf junge Familien.
Aber die Mittelschicht wird immer kleiner, stattdessen nehmen extreme Armut und extremer Reichtum zu. Kommt der CDU ihre Mittelschicht und damit ihre Kernwählerschaft abhanden?
Wir müssen mal die Kirche im Dorf lassen. Leider gibt es immer noch zu viele Menschen, die von Armut betroffen und damit auf soziale Leistungen des Staates angewiesen sind. Aber wir müssen feststellen, dass heute so viele Menschen wie noch nie in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen sind. Diesen Weg müssen wir weitergehen.
Letzte Frage: SPD und CSU wollen ihre Basis auf Parteitagen über einen Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Sollte die CDU das auch tun?
Wir werden unsere Basis auch auf einem Parteitag abstimmen lassen. Das hat die Kanzlerin beim Deutschlandtag der Jungen Union angekündigt. Das war unsere Forderung, und das kommt dann auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!