Italien zum deutschen Abgasskandal: Spöttische Nazi-Vergleiche

Der jüngste Skandal der deutschen Autoindustrie bestätigt die Meinung vieler Italiener: Die Deutschen und das Gas, da stimmt etwas nicht.

VW Käfer

Tradition verpflichtet: Vor vierzig Jahren rollte der letzte in Deutschland gefertigte Käfer vom Band Foto: dpa

ROM taz | Sie können es einfach nicht lassen – dies ist die Botschaft der Karikatur des in Italien prominenten Zeichners Vauro, der angesichts der Abgasversuche von VW und Co an Menschen einem KZ-Häftling die Worte in den Mund legt, „dann ist es wohl eine schlechte Angewohnheit“.

Sehr tief greift Vauro da in die Kiste, und sein Nazi-Vergleich – von wegen Gas und Menschen – findet sich ansonsten weder in den Berichten noch in den Kommentaren der italienischen Medien, die dem Thema breiten Raum widmen und, wie zum Beispiel die römische Tageszeitung La Repubblica, gleich zwei Seiten dafür freiräumen.

Freundlich ist der Tenor dennoch nicht. Das Gros der Deutschen mag das eigene Land für eine virtuose Nation halten, für ebenso erfolgreich wie friedfertig und beliebt in der Welt. Dass die Dinge nicht ganz so liegen, zeigt die grimmige Genugtuung, die etwa in Italien jedes Mal mitschwingt, wenn deutsche Skandale zu besprechen sind. „In den letzten Jahrzehnten“ sei die deutsche Automobilindustrie immer wieder von schockierenden Enthüllungen getroffen worden“, schreibt Repubblica, um den ­neuesten Skandal in „die Hybris von Volkswagen“ einzuordnen, die auch schon zum Dieselgate geführt habe.

Und der Corriere della Sera erinnert an die Zeiten, als die deutschen Autobauer ihre Crashtests mit Leichen, auch von Kindern, durchführten. Auch hier jedoch unterbleiben Nazi-Vergleiche. Die gibt es dafür umso reichlicher in den Forenbeiträgen, egal ob bei den Webseiten der großen Tageszeitungen oder auf einem satirischen Portal wie spinoza.it.

„Diesel macht frei“

„Diesel macht frei“, ätzt dort ein User, ein anderer merkt in Anspielung auf den Auschwitz-Arzt Mengele sarkastisch an, da seien „doch bloß ein paar Zwillingspaare dem Versuch unterzogen worden“.

Nun ist es allerdings keineswegs so, dass Italiener bei Deutschen sofort an „Nazis“ denken. Sie denken an: Deutsche. „È un tedesco“, er ist ein Deutscher, das sagt man in Mailand, Rom oder Neapel gern auch über ­eigene italienische Landsleute – ­jedoch über solche der eher unangenehmen Sorte, über ebenso präzise wie humorlose und pedantische, gern auch belehrend auftretende Personen. Und ebenjenes Bild des „tedesco“ ist spätestens mit der Eurokrise machtvoll zurückgekehrt.

Schon Dieselgate erfreute sich breiter Medien- und Publikumsresonanz

Italien als ewiger Prüfling, egal ob bei den Staatsschulden oder der Bankenkrise, Deutschland als regelmäßig mäkelnder Prüfer: Diese Rollenverteilung nervte südlich der Alpen gehörig.

Umso willkommener sind jene Nachrichten aus Germania, die das Bild der ewig auf der Überholspur beschleunigenden Nation erschüttern. Das darf dann gern der Flughafen Berlin-Schönefeld sein, und auch Dieselgate erfreute sich breiter Medien- und Publikumsresonanz, auch wenn die Absatzzahlen der deutschen Autobauer danach in Italien keineswegs einbrachen.

Doch Monkeygate, die Versuche erst an Affen, dann gleich auch an Menschen, öffnet neue Dimensionen. „Immer die Gleichen, diese Deutschen“, kommentiert ein User der Website der Zeitung Il Fatto Quotidiano, „ihre Gene kommen auch nach 70 Jahren noch raus, immer noch verliebt ins Gas.“

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