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Israelisches Militär im WestjordanlandAuch Deutscher unter beschossenen Diplomaten

Das israelische Militär hat eingeräumt, Diplomaten im Westjordanland beschossen zu haben. Sie seien von der vorgesehenen Route „abgewichen“.

Israelische Militärfahrzeuge in Dschenin, Westjordanland, 21. Mai Foto: Alaa Badarneh/epa

Auch deutscher Vertreter unter im Westjordanland beschossenen Diplomaten

In der von der israelischen Armee im Westjordanland beschossenen Diplomatengruppe war auch ein deutscher Diplomat. Zudem sei ein Fahrer aus dem Vertretungsbüro Ramallah vor Ort gewesen, teilte das Auswärtige Amt am Mittwoch in Berlin mit. Zugleich verurteilte es „diesen unprovozierten Beschuss“. (afp)

Israel räumt Beschuss von Diplomaten in Westjordanland ein

Israelische Soldaten haben im Westjordanland Schüsse in Richtung einer Gruppe von Diplomaten abgefeuert. Es habe sich um „Warnschüsse“ gehandelt, weil die Diplomaten von der vorgesehenen Route „abgewichen“ seien, erklärte die israelische Armee am Mittwoch. Sie äußerte zugleich ihr „Bedauern“ über den Vorfall. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und mehrere europäische Staaten verurteilten den Vorfall und forderten sofortige Aufklärung von Israel.

Nahost-Konflikt

Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 startete das israelische Militär eine Offensive in Gaza, 2024 folgte der Vorstoß gegen die Hisbollah im Libanon. Der Konflikt um die Region Palästina begann Anfang des 20. Jahrhunderts.

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„Die Delegation wich von der genehmigten Route ab und betrat ein Gebiet, in dem sie sich nicht aufhalten durfte“, erklärte die israelische Armee. „In dem Gebiet operierende Soldaten gaben Warnschüsse ab.“ Es seien keine Verletzten gemeldet worden, die Armee „bedauert die entstandenen Unannehmlichkeiten“.

Kurz nach Bekanntgabe der Schüsse wurde internationale Kritik laut: „Wir fordern Israel auf, diesen Vorfall zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte die EU-Außenbeauftragte Kallas in Brüssel. „Jegliche Bedrohung des Lebens von Diplomaten ist inakzeptabel.“

„Wir fordern die israelische Regierung auf, sofort zu klären, was passiert ist“, erklärte Italiens Außenminister Antonio Tajani im Onlinedienst X. Er fügte hinzu, dass es sich bei einem der Diplomaten um einen Italiener handele, dem es „gut“ gehe.

Auch Spaniens Außenministerium verurteilte den Beschuss auf Diplomaten „scharf“. Ein spanischer Diplomat habe sich ebenfalls in der Gruppe befunden, ihm gehe es „gut“. „Wir stehen in Kontakt mit anderen betroffenen Ländern, um eine gemeinsame Antwort auf das Geschehene zu geben, das wir aufs Schärfste verurteilen“, teilte das Ministerium der Nachrichtenagentur AFP mit.

Auch ein belgischer Diplomat befand sich nach Angaben des belgischen Außenministers Maxime Prévot in der Gruppe von „etwa 20 Diplomaten“, die für einen offiziellen Besuch in das Westjordanland gereist war. „Diese Diplomaten absolvierten einen offiziellen Besuch in Dschenin, der jedoch mit der israelischen Armee koordiniert worden war, in einem Konvoi von etwa 20 klar identifizierbaren Fahrzeugen“, erklärte Prévot im Onlinedienst X.

Zuvor hatte die palästinensische Autonomiebehörde erklärt, der Vorfall habe sich in der Stadt Dschenin ereignet. Sie veröffentlichte zugleich ein Video, dass zwei Soldaten zeigt, die mit Gewehren auf eine Menschengruppe zielen.

Die im Westjordanland regierende Autonomiebehörde verurteilte „das abscheuliche Verbrechen der israelischen Besatzungstruppen, die während eines Besuchs im Raum Dschenin eine im Staat Palästina akkreditierte diplomatische Delegation gezielt mit scharfer Munition unter Beschuss nahmen“. (afp)

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32 Kommentare

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  • Ebenso wie bei den Angriffen der IDF auf humanitäre Helfer in Gaza mag man es auch in diesem Fall nicht mehr hören, dass es vereinzelte Fehlleistungen einzelner israelischer Einheiten oder Soldaten waren - genug der Ausreden, Entschuldigungen und Relativierungen!



    Was ist übrigens aus den „Aufklärungsbemühungen“ der IDF in den anderen Fällen geworden? Ich höre davon nichts.

  • “The IDF regrets the inconvenience caused,” it (IDF) said in a statement.

    Ups! Kann ja mal passieren.

    Man könnte den Vorfall aber auch dahingehend interpretieren, dass es sich um eine Machtdemonstration von Seiten der IdF handelte.

  • „Die Delegation wich von der genehmigten Route ab und betrat ein Gebiet, in dem sie sich nicht aufhalten durfte“



    Seit wann brauchen Ausländische Diplomaten eine israelische Genehmigung für jeden Schritt und Tritt in palästinensischen Gebieten?

    • @Luftfahrer:

      Ist doch nichts Neues. Guiterres und anderen hochrangigen UN-Vertretern wurde doch schon öfter die Einreise verweigert.

  • Man stelle sich vor die Russen würden sowas machen. Was da los wäre.

    • @Peter Teubner:

      Man würde von berechtigten Sicherheitsinteressen der Atommacht Israel sprechen und die Palästinenser zur Kapitulation auffordern.

      • @Chris McZott:

        Sie stellen das Sender - Empfänger Problem (ungewollt?) richtig dar.

        • @EffeJoSiebenZwo:

          Es ist immer einfach, eine 100%ige moralische Konsistenz beim "Gegner" einzufordern. Sobald man diese für sich selbst aber nicht mal theoretisch anstrebt, sehen selbst die besten Anliegen nach Verlogenheit aus.

  • Dschenin liegt doch in Zone A. Was haben da israelische Soldaten zu suchen?

  • Ob ein von der IDF ermordeter deutscher Diplomat dann auch noch zur deutschen Staatsräson zählt?

  • Na es gibt ja auch für ein hochgerüstetes Militär keine andere Möglichkeit einen Konvoi von der Weiterfahrt abzuhalten, weil er sich verfahren hat als auf ihn zu schießen. Es ist nur immer wieder seltsam, dass im Grunde nie das israelische Militär Schuld ist immer die anderen wenn soetwas passiert, immerhin wurde ja diesmal niemand erschossen.



    Ich wette auch, dass sich diesmal alle Politiker besonders anstrengen werden, damit es eine Untersuchung gibt, jetzt wo welche von ihnen betroffen waren... Antworten würd ich keine großen erwarten, eine strafrechtliche Untersuchung sowieso nicht.

    • @Momo Bar:

      Da die Fahrzeuge offensichtlich keine Einschüsse haben, werden die Soldaten wohl nicht auf den Konvoi geschossen haben. Eine Fahrzeugkolonne ist schlecht zu verfehlen.

  • Fragt noch jemand den Deutschen Diplomaten, ob sie wirklich von der genehmigten Route abgewichen sind?

    Steht im Untertitel und niemand fragt, ob das wirklich passiert ist? Wie passiert das?

    • @Arne Babenhauserheide:

      "Teile der Antwort könnten die deutsche Öffentlichkeit verunsichern."

      Welche Teile und wie die lauten würden, darf sich jeder raussuchen - eine gewisse Auswahl ist vorhanden....

  • In der Haaretz steht "aus versehen". Die IDF sagt es waren warnschüsse. Wer lügt?

    • @FEB:

      Auch Warnschüsse kann man aus Versehen abgeben.

      Wenn man gewusst hätte, dass es eine diplomatische Delegation ist, hätte man vielleicht keine abgegeben.

      • @rero:

        Glauben Sie tatsächlich, dass diese Fahrt nicht im Vorhinein angekündigt war?

      • @rero:

        Man kann in den Videos des Vorfalls sehr schön sehen, wie die IDF Soldaten in Richtung der Delegation zielen. Auch wenn es sich für die Israelis nur "Warnschüsse" waren, haben sie definitiv in Kauf genommen, dass Menschen verletzt oder gar getötet werden könnten. Was allerdings nach allem was bisher zu Tage gekommen ist niemanden mehr verwundern sollte.

        • @maebi:

          Das Video habe ich nicht gesehen.



          Einschusslöcher in den Fahrzeugen nach Warnschüssen wären logischerweise seltsam.

      • @rero:

        Komisch, im Artikel stand etwas von einem Konvoi von 20 klar identifizierbar Fahrzeugen und daß der Besuch mit den israelischen Streitkräften koordiniert war.

        • @Wurstfinger Joe:

          Und?



          Was soll daran komisch sein?

          • @rero:

            „Ein Raudi wird zum Paria. Aber wem sage ich das?“



            Mir fiel gerade auf, dass meine Formulierung missverständlich ankommen könnte … keineswegs wollte ich Ihnen persönlich Rowdytum unterstellen. Wenn der Eindruck entstanden ist, entschuldige ich mich dafür.



            Meine Aussage war lediglich auf das Verhalten der amtierenden israelischen Regierung gemünzt.

          • @rero:

            Nein, komisch ist das in der Tat nicht, sondern eine bewusste Botschaft, die da erneut an UN und EU ausgesandt wurde - damit schadet Israels Regierung (wer auch immer dort für diese „Warnung“ verantwortlich zeichnet) jedoch eklatant den israelischen Interessen in der Welt. Ein Raudi wird so zum Paria. Aber wem sage ich das?



            Bleibt inständig zu hoffen, dass die israelische Opposition dem Spuk noch rechtzeitig ein Ende setzen kann, bevor es zu spät ist:



            www.tagesschau.de/...pposition-100.html

        • @Wurstfinger Joe:

          Die PA lügt vermutlich, wäre ihre Aussage korrekt: "gezielt mit scharfer Munition unter Beschuss nahmen", dann würde es tote und zerstörte Fahrzeuge geben.

          Es ist nicht plausibel davon auszugehen, dass gezielt geschossen worden ist.

          • @ToSten23:

            Natürlich wurde mit scharfer Munition geschossen, wenn auch gezielt daneben. Das haben Warnschüsse so an sich. Die Frage, die sich stellt, ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel, eben auf einen eindeutig gekennzeichneten und angemeldeten Konvoi mit Diplomaten zu schießen, statt eben erst mal höflich nachzufragen. Oder wehrt man jetzt den angemeldeten Schornsteinfeger vor der Haustür mit wildem Geballter ab, weil es eben gerade mal nicht passt?

          • @ToSten23:

            Man kann auch mit Warnschüssen ziemlich deutlich machen, wer hier der Herr im Hause ist und wer sich gefälligst in Acht nehmen bzw. es mit der Kritik nicht übertreiben soll - wenig glaubhaft, dass diese „Machtdemonstrationen“ - wie auch die in Gaza - auf das Fehlverhalten einzelner Offiziere oder Soldaten zurückzuführen sind.



            Hintergrund wird auch die wachsende Distanzierung der EU von Israel sein - eine rechsextremistische Regierung reagiert dann halt darauf, wie man es von ihr erwarten darf. Mit (versuchter) Einschüchterung und Gewalt.

          • @ToSten23:

            Is klar

          • @ToSten23:

            Warnschüsse sollten auch gezielt sein. Gezielt daneben. "Grob in die Richtung halten" führt zu versehentlichen Treffern.

            • @travellingpete:

              Warnschüsse gehen entweder in Kugelfang, oder ungünstig in die Luft (nur in offenem Gelände, wenn es keine Alternative gibt, da diese stochastisch gefährlich sind).

              Meine Warnschüsse waren definitiv häufig in zwei Sinnen ungezielt, weil ich ersten kein Kimme und Korn genutzt habe, wenn es nicht nötig war. Warum? Weil die akute Situation Aufmerksamkeit bedarf und Anlegen/Zielen die Situation hätte eskalieren könnte.

              Weiterhin sind Warnschüsse auf Distanz darauf ausgelegt, das Ziel nicht zu treffen. Sondern statt den Weichzielen ein für diese sicheres Volumen, welches sich als Kugelfang eignet, unter Feuer zu nehmen.

              Was die PA implizieren möchte ist, dass es so klingt als hätten die Kugeln die Diplomaten treffen können. Sie sind Experten der Kommunikation, sie haben bewusst nicht geschrieben: "Israel used targeted warning fire that wasn't lined up with the diplomats and as such didn't endanger them.".

              Was Keine Sonne sich vorstellt, ist, dass nur durch Glück alle unbeschadet waren, realistischer ist, dass nach den RoE Warnschüsse in Boden o.ä. als Kugelfang erfolgte.

          • @ToSten23:

            Oh und die Betroffenen Diplomaten lügen dann auch alle nach Ihrer Meinung richtig?



            20 Diplomaten aus unterschiedlichen Ländern und alle sind Lügner.

            Richtig bloß den Kopf in den Sand stecken und zusätzlich in eine andere Richtung sehen.



            Passt!



            Hat man während 1935-45 auch gemacht.

            • @Keine Sonne:

              Sprachkompetenz ist sehr wichtig und dein Kommentar ist ein guter Beispiel, was die PA versucht hat zu erreichen.

              Dein Bild ist, dass die IDF die Diplomaten fast treffen hätte können und dadurch einige Tote erzeugen. Das wäre eine bedeutsame Behauptung, Warnschüsse in Kugelfang, welche die Fahrzeuge und Insassen nicht gefährden ist wesentlich weniger sexy, aber viel wahrscheinlicher.