Israelische Geisel gegen US-Medium: „Organisation zum Schließen bringen“

Almog Meir Jan wurde Anfang Juni aus der Geiselhaft in Gaza befreit. Nun verklagt er eine US-Plattform, die in Verbindung mit dem Geiselnehmer steht.

Almog Meir Jan umarmt seine Mutter.

Nach der Befreiung durch die israelischen Streitkräfte Anfang Juni: Almog Meir Jan umarmt seine Mutter Orit Meir Foto: Israeli army

JERUSALEM taz | Anfang Juni wurde Almog Meir Jan gerettet. Das israelische Militär befreite ihn und drei weitere am 7. Oktober vom Nova Festival entführte aus der Geisel-Gefangenschaft, aus dem Camp Nuseirat in Zentralgaza. Bald darauf erscheinen die ersten Artikel: Der Mann, bei dessen Familie Meir Jan festgehalten wurde, soll Abdallah al Jamal sein, ein Sprecher des Arbeitsministeriums in Gaza – und Reporter für das US-basierte, propalästinensische Medium Palestine Chronicle.

Aviram Meir, Meir Jans Onkel, erzählt: Als er die Artikel gesehen habe, sei er zu seinem Neffen gegangen, und habe ihm die Texte mit dem Bild von Al Jamal gezeigt. „Ich habe ihn gefragt: Erkennst du diesen Mann? Und er hat gesagt: Ja“.

Kurze Zeit später meldet sich ein Anwaltsbüro aus den USA bei ihm, und schlägt der Familie vor, die Nichtregierungsorganisation, die hinter Palestine Chronicle steht, zu verklagen. Meir Jan stimmt zu, und das Jewish National Advocacy Center (JNAC) erhebt in seinem Namen eine Zivilklage gegen People Media Project, die Nichtregierungsorganisation hinter Palestine Chronicle.

Das konservative US-Medium Fox News zitiert aus der Klageschrift: Unter dem Palestine Chronicle Chefredakteur Ramzy Baroud, und dem Leiter des People Media Projects, John Harvey, habe Palestine Chronicle „dem Hamas-Agenten Al Jamal“ eine Plattform in den USA gegeben, „um Hamas-Propaganda zu schreiben“. Zudem hätten die Beklagten Al Jamal erlaubt, um „internationale Unterstützung“ für die Hamas zu werben.

In den USA steuerbefreit

Das People Media Project ist in den USA als Wohltätigkeitsorganisation registriert und somit steuerbefreit. Zweck der Organisation sei, laut der Website des Palestine Chronicle, „die breite Öffentlichkeit zu informieren, indem sie ein Forum bietet, sich bemüht, Themen mit Bedeutung für Menschenrechte, nationale Kämpfe, Freiheit und Demokratie“ zu beleuchten. Durch den Status als Wohltätigkeitsorganisation seien die Veröffentlichungen des Palestine Chronicle von den US-Steuerzahlern subventioniert worden, zitiert Fox News weiter aus der Klageschrift.

„Ziel der Klage ist es“, sagt Aviram Meir, „die Finanzströme trockenlegen und letztlich die Organisation hinter Palestine Chronicle zum Schließen zu zwingen.“ Denn die, ist er überzeugt, hätten etwa Menschen für die Teilnahme an Protesten an US-Universitäten bezahlt. Zweifelsfrei belegbar ist das allerdings nicht. Einen in den Fall involvierten Anwalt zitiert die linke israelische Zeitung Haaretz so: Man habe die Klage angestrengt, um „das Netzwerk der Hamas-verbundenen PR-Fronten, die in den USA operieren, aufzudecken.“

JNAC hat bereits wiederholt Klagen im Namen von Opfern des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober angestrebt, etwa gegen UNRWA in den USA, die US-Studierendenorganisation „Nationale Students for Justice in Palestine“, oder den Verbund „American Muslims for Palestine“. Das Medium selbst deutet die Anschuldigungen gegen Al Jamal auf seiner Website „als koordinierte Hasskampagne“ von „Israel und pro-israelischen Medien“: Das „Narrativ“ Israels konzentriere sich auf Al Jamal und seine Familie, die „von israelischen Streitkräften hingerichtet wurden“. Dafür, dass Al Jamal Gefangene gehalten habe, gebe es keine Belege.

Leise Distanzierung

Ganz so sicher scheint sich Palestine Chronicle der Unschuld ihres Mitarbeiters dann doch nicht zu sein, und distanziert sich leise von ihm. Auf der Website wird Al Jamal heute als „Contributor“ bezeichnet. Das Onlinearchiv Wayback Machine zeigt, dass er zuvor als „Korrespondent“ aufgeführt wurde. Laut einem Bericht des Wall Street Journal, wussten nur die wenigsten Nachbarn von den Geiseln in ihrer unmittelbaren Nähe. Die Hamas-Nähe der Familie Al Jamals sei aber bekannt gewesen.

Auf ihrer Website hat Palestine Chronicle einen Nachruf auf Al Jamal veröffentlicht. Darin geht das Medium auch auf die vielen palästinensischen Todesopfer ein, die die Rettung der vier Geiseln forderte. Mehr als 270 Menschen starben nach palästinensischen Angaben, weit mehr wurden verletzt. Ein Teil davon sind sicherlich Kämpfer der Hamas. Aufgrund der Natur der oft seit 1948 bestehenden Geflüchtetencamps wie Nuseirat – die dicht bebaut sind und viele Menschen auf wenigen Quadratmetern beherbergen – kann auch von vielen zivilen Opfern ausgegangen werden.

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