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Israel nach der WahlGroko, Groko oder keine Groko?

Sowohl Wahlsieger Gantz als auch Netanjahu fordern eine „Einheitsregierung“. Doch die große Frage ist: Welche Rolle spielt Netanjahu darin?

Wechseln sich die beiden in Zukunft einfach ab? Netanjahu (r.) und Gantz, hier im Jahr 2013 Foto: dpa

Berlin taz | Nach der Parlamentswahl in Israel haben sowohl Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud) als auch sein Herausforderer Benny Gantz (Blau-Weiß) zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit aufgerufen. „Benny, wir müssen eine breite Einheitsregierung aufstellen“, sagte der Regierungschef. „Die Nation erwartet von uns beiden, Verantwortung zu zeigen und dass wir zusammenarbeiten.“

Doch so einfach wird es nicht. Das Konzept „Einheitsregierung“ ist momentan nur der kleinste gemeinsame Nenner, nachdem die Israelis in der Parlamentswahl am Dienstag erneut für ein Patt gesorgt haben: Weder ein Rechtsbündnis unter Netanjahus Likud noch ein Mitte-links-Bündnis unter Wahlsieger Benny Gantz haben eine regierungsfähige Mehrheit in der Knesset.

Die große Frage nun ist, ob die Ära Netanjahu zu Ende geht. Ein volles Jahrzehnt hielt er sich ununterbrochen an der Macht. Ein Ende der politischen Karriere Netanjahus ist möglich, aber bei weitem nicht garantiert. Hier sind die denkbaren Optionen:

Groko mit den Frommen

Das schwebt Netanjahu vor. Eine solche „Einheitsregierung“ aus Likud, Blau-Weiß und den traditionellen Likud-Verbündeten, den ultraorthodoxen Parteien Schas und UTJ, hätte rechnerisch eine komfortable Mehrheit.

Das Problem: Gantz hat eine Große Koalition unter Netanjahus Führung ausgeschlossen. Und Netanjahu hat bislang nicht signalisiert, den Hut zu werfen und Platz zu machen für einen oder eine NachfolgerIn an der Spitze des Likud. Denkbar wäre, dass Netanjahu als Minister in der Regierung bleibt und Gantz als Regierungschef akzeptiert. Eine andere Variante wäre das Rotationsprinzip: Gantz und Netanjahu wechseln sich als Regierungschef in einer Großen Koalition ab.

Groko mit Lieberman

Ein Zusammengehen von Likud, Blau-Weiß und Israel Beitenu, der Partei des ehemaligen Verteidigungsministers Avigdor Lieberman wäre machbar. Es wäre das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die ultraorthodoxen Parteien nicht Teil einer Regierungskoaltion sind.

Das Problem: Siehe oben. Gantz will zwar eine Regierung mit dem Likud, nicht aber mit Netanjahu bilden.

Mitte-Links-Koalition ohne Netanjahu

Benny Gantz könnte eine Koalition ohne den Likud anstreben und so Regierungschef werden. Netanjahu nähme den Hut. Eine Mitte-Links-Koalition mit Blau-Weiß, der Arbeitspartei, der Demokratischen Union und der Vereinten Liste, einem Zusammenschluss hauptsächlich arabischer Parteien, käme allerdings nur auf 57 Mandate und bliebe unter der erforderlichen Mehrheit von 61 der 120 Knesset-Sitze. Es bräuchte also: Liebermans Israel Beitenu.

Das Problem: Der Nationalist Lieberman und die arabische Vereinte Liste sind sich spinnefeind. Und auch Gantz hat eine Koalition mit der Vereinten Liste ausgeschlossen.

Rechte Koalition ohne Gantz

Sollte Gantz mit einer Regierungsbildung scheitern, könnte erneut Netanjahu von Staatspräsident Reuven Rivlin mit der Aufgabe beauftragt werden. Der rechts-religiöse Block aus Likud, dem Jamina-Parteienblock unter Führung von Ex-Justizministerin Ajelet Schaked und den ultraorthodoxen Parteien Schas und UTJ käme aber nur auf 55 Mandate. In diesem Fall könnte Netanjahu versuchen, das Blau-Weiß-Bündnis von Benny Gantz und Jair Lapid zu spalten und Lapid für seine rechte Koalition zu gewinnen.

Das Problem: Blau-Weiß hat vor der Wahl fest versprochen, dass das Bündnis bestehen bleibt.

Wie geht es weiter?

Ab Sonntag will sich Rivlin mit Vertretern der in der Knesset vertretenen Parteien treffen. Wahrscheinlich wird er zunächst Gantz mit der Regierungsbildung beauftragen. Gantz hätte dann sechs Wochen Zeit, um eine Koalition auf die Beine zu stellen. Die Frage wäre dann, ob sich Gantz und Netanjahu ohne Gesichtsverlust vor ihren WählerInnen einigen können (etwa unter Verweis auf das Rotationsprinzip).

Sollte Gantz keine Koalitionsbildung gelingen – weil Netanjahu eine Große Koalition beispielsweise nur unter seiner Führung eingehen würde – ginge der Auftrag der Regierungsbildung doch noch einmal an Netanjahu. Der hätte dann nur noch vier Wochen Zeit, bevor es wieder zu einer Neuwahl käme.

Sind Neuwahlen eine Option?

Ja, allerdings wäre es die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres und das will in Israel wohl niemand. Fraglich wäre auch, ob das Ergebnis deutlich anders ausfallen würde. Womöglich stünden die Israelis nach einer Neuwahl ein drittes Mal vor einem Patt.

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