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Islamfeindliche Pegida in SachsenTillich will Dialog mit Demonstranten

Pegida protestiert gegen eine „Islamisierung des Abendlandes“. Sachsens Ministerpräsident Tillich will mit den Demonstranten reden. Nicht nur er.

Tillich sagte, man müsse den Protestierenden „die Unsicherheit“ nehmen Bild: dpa

BERLIN afp/dpa |Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat für einen Dialog mit den Teilnehmern an den Demonstrationen der rechtspopulistischen Bewegung Pegida geworben. Im Interview mit der Zeitung Die Welt vom Mittwoch rief er dazu auf, mit den Protestierenden „mehr ins Gespräch“ zu kommen, um ihnen „die Unsicherheit“ zu nehmen.

Die Protestteilnehmer fragten sich, woher Asylsuchende kämen, wer wie lange bleiben dürfe und welche Leistungen ihnen zustünden, sagte Tillich. Es müsse deutlicher werden, dass es sich überwiegend um Menschen handle, die vor dem syrischen Bürgerkrieg, aus dem Irak oder aus anderen Krisenregionen geflohen seien und teilweise ihre Angehörigen verloren hätten.

Pegida steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Erst am Montagabend hatten in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden 10.000 Menschen an einer erneuten Kundgebung des Bündnisses teilgenommen. Pegida protestiert seit Oktober wöchentlich in Dresden gegen eine angebliche Islamisierung des Abendlandes und fordert Asylrechts-Verschärfungen. Regierungspolitiker hatten am Dienstag mit scharfer Kritik auf die Demonstrationen reagiert.

Zudem griff Tillich die AfD wegen ihrer Rolle bei den „Pegida“-Demonstrationen scharf an. Mitglieder der Alternative für Deutschland versuchten, aus dem Schicksal der Flüchtlinge politisches Kapital zu schlagen, sagte der CDU-Politiker im gleichen Interview. „Das ist niederträchtig.“

CDU-Politiker fordern „differenzierte Sicht“

Der Parteichef der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, hatte die Demonstrationen am Dienstag begrüßt. Sie zeigten, dass sich diese Menschen in ihren Sorgen von den Politikern nicht verstanden fühlten, sagte er. Politiker der etablierten Parteien und Muslimverbände äußerten sich dagegen besorgt und forderten mehr Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit.

Auch der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), sprach sich in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Mittwoch für eine differenzierte Sicht auf die Demonstrationen aus. „Wir müssen uns mit den Bürgern und ihren Sorgen auseinandersetzen“, sagte er. „Weder für noch gegen diese Demonstrationen aufzurufen halte ich für besonders hilfreich.“

Die Bundesregierung bekomme mit den Demonstrationen „ins Stammbuch geschrieben, dass die Flüchtlinge in Europa gerecht verteilt werden müssen“, sagte Caffier der Zeitung. Diese Frage sei „Ausgangspunkt“ der Pegida-Proteste. Er werde dieses Thema bei der anstehenden Innenministerkonferenz ansprechen, sagte der CDU-Politiker.

Die Innenminister treffen sich an diesem Donnerstag zu ihrer zweitägigen Herbsttagung in Köln. Dabei wollen sie neben den „Pegida“-Protesten auch die Aktivitäten des Bündnisses „Hogesa“ (Hooligans gegen Salafisten) beleuchten.

„Nicht jeder, der zu einer solchen Demonstration geht, ist ein Rechtsextremist“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Ressortchef Ralf Jäger (SPD), den Dortmunder Ruhr Nachrichten (Mittwoch). „Aber wir sehen auch ganz deutlich: ‘Pegida' bietet Rechtsextremisten und Rechtspopulisten eine Plattform. Sie schüren Ängste vor dem Islam und nutzen sie für ihre eigene Propaganda.“

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4 Kommentare

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  • Tillich möchte vor allem keine Schäfchen, resp. Untertanen zu gut Deutsch Wähler verlieren.

     

    Ihm traue ich am wenigsten zu mit den Bürgern Gespräche zu führen, die über eine Eröffnungsrede anlässlich einer neuen großen Straße oder einem Volksfest wie dem "Tag der Sachsen" hinausgehen http://www.tds.sachsen.de/ . Gerade er verkauft doch Sachsen meistbietend und stolz als Billiglohnland und als die schöne Heimat, versteht doch aber selbst überhaupt nicht, was das in seinem Ländle so passiert. Und auch er gehört zu den Ursachsen, die nichts anderes als Obrigkeitshörigkeit und anderesherum fertig machen nach weiter unten kennen gelernt haben.

     

    In Sachsen ist man weiterhin als Persönlichkeit nicht viel wert, das wichtigste ist einen Vollzeitjob zu haben, dankend wenig Lohn dafür zu erhalten und die Klappe zu halten. Zuhause darf man es sich dann "gemütlich" machen.

     

    Menschen mit Teilzeitjob sind in Sachsen keine "richtigen" Menschen, bei denen "läuft was falsch". Und da es auch in Sachsen nicht allzu viele Jobs, noch dazu gut bis ausreichend bezahlte gibt, stehen eben sehr viele Sachsen auch im Jobcenter, um zumindest ergänzend ALG II zu beantragen. Und dort wiederum treffen sie auf bestenfalls Sachbearbeiter, die kein Mitgefühl für deren Situation haben, schließlich arbeiten sie ja nicht ausreichend und den Druck der eigenen Arbeit müssen sie ja auch wie gewohnt nach unten weiter geben.

     

    Leistung erbringen und Mund halten, das ist die Devise, die ich in Sachsen überwiegend kennen lernen "durfte". Was meinen Sie, was sich die Schüler täglich und jahrelang (wenn auch ein Jahr kürzer als anderswo) in Sächsischen Schulen anhören müssen? Oder angestellte Mitarbeiter?

  • Es darf nicht überraschen, dass CDU-Politiker und gerade CDU-Innenminister mit der Pegida-Meute einen Dialog fordern - anstatt sie einfach von der Strasse wegzuprügeln oder im Wanderkessel von Tausenden Polizisten überwachen zu lassen wie es die Polizei nach Art einer Diktatur üblicherweise mit der Antifa praktiziert. Denn schließlich hat die CDU mit ihrer rassistischen Hetze und repressiven Abschiebepolitik gegenüber Flüchtlingen den Boden für Pegida bereitet. Pegida ist ein Phänomen, das aus der Mitte der Gesellschaft kommt und von CDU und Co. gehegt und gepflegt wird. Die Pegida-SA ist ein Produkt der bürgerlichen Gesellschaft. Die Eigenwahrnehmung, dass es sich bei Pegida um keine Nazis und andere Rechtsextremen handle, stimmt zwar nicht mit der Realität überein. Pegida sind nicht wie Außerirdische vom Himmel gefallen, sondern können auf den rassistischen Diskurs in der Gesellschaft zurückgreifen, für den auch die CDU - genauso wie Sarrazin, die NPD und die AfD - eine starke Mitverantwortung trägt. Daher ist es folgerichtig, dass CDU-Politiker den Dialog hier der üblichen Repression (wie gegen linke Demos und Bewegungen) vorziehen.

  • Erstmals gibt es mehr rassistischen Mob als Gegendemonstranten...

    Hurra Deutschland!

    In den Herzen weht immer noch die Fahne mit dem Hakenkreuz. Da ist überhaupt nichts zu retten!

    Die "Montagsdemonstrationen" in Dunkeldeutschland zeigen ihre wahre Intention.

  • Tillich verharmlost die Pegida und nutzt sie zugleich, um potenzielle AfD-Wähler rüberzuziehen. Ein ganz erbärmliche Nummer, die hier abgezogen wird.

     

    Die Realität ist und bleibt: Diese Leute bewegt nicht Unsicherheit, sondern Hass. Unsicher sind die Flüchtlinge.