Irischer Präsident bei der Queen: Mit den Republikanern zum Bankett
Zwei Machtlose, ein hoher Symbolwert: Erstmals besucht ein irisches Staatsoberhaupt die britische Königin in Windsor. Die IRA sitzt mit am Tisch.
DUBLIN taz | Es ist ein Treffen zweier Machtloser: Irlands Präsident Michael D. Higgins und Großbritanniens Königin Elisabeth haben lediglich Repräsentationsaufgaben. Doch der viertägige Staatsbesuch von Higgins, der am Dienstagmittag in London eingetroffen ist, hat hohen Symbolcharakter. Es ist das erste Mal, dass ein irisches Staatsoberhaupt offiziell nach Großbritannien eingeladen worden ist – eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass man mit dem direkten Nachbarn seit 1922 im Frieden lebt und enge wirtschaftliche Beziehungen pflegt. Es wird auch das erste Mal sein, dass ein irischer Präsident eine Rede im Westminster-Parlament hält.
Higgins, ein kleiner Mann mit zerzausten weißen Haaren, stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Dennoch konnte er im westirischen Galway studieren und erhielt danach dort eine Dozentenstelle. Er gehört dem linken Flügel der Labour Party an. Voriges Jahr sorgte er für Aufsehen, als er bei einer Rede in der London School of Economics heftige Kritik an der Ideologie des Neoliberalismus übte. Im Januar warnte er, dass Irland aufgrund der Jugendarbeitslosigkeit in eine Katastrophe taumele. Higgins hat sich auch einen Namen als Dichter gemacht.
Vor seiner Abreise zur Queen sagte der 72-Jährige, dass man die Vergangenheit nicht vergessen dürfe. Der Nordirland-Konflikt habe die Beziehungen zwischen Großbritannien und Irland stark beeinflusst und ein Vergessen sei dabei nicht förderlich. Weiter meinte Higgins, die Queen habe bei ihrem ersten Staatsbesuch in Irland vor drei Jahren genau den richtigen Ton getroffen, als sie das Verhältnis zwischen beiden Völkern ansprach und einen Kranz in der Gedenkstätte für irische Freiheitskämpfer niederlegte.
Damals boykottierte Sinn Féin, der politische Flügel der aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), den Besuch der Königin. Diesmal sitzt der Vizepräsident der Partei, Martin McGuinness, beim Bankett mit am Tisch, als Vizepremierminister von Nordirland. Das hat für böses Blut gesorgt – bei den nordirischen Unionisten, die McGuinness nie verziehen haben, dass er früher IRA-Stabschef war, und in seiner eigenen Partei, die der Queen vorwirft, dass sie die Chefin der britischen Armee ist, die in Nordirland viel Unheil angerichtet hat.
Von Frieden und Versöhnung ist die britische Krisenprovinz ja noch ein ganzes Stück entfernt. Die Wohnviertel sind nach wie vor zum Teil durch hohe Mauern getrennt, Streitpunkte sind der Union Jack, der nur an bestimmten Tagen über dem Belfaster Rathaus flattern darf, und der lange geheim gehaltene Deal zwischen IRA und Regierung über eine Amnestie für flüchtige IRA-Mitglieder.
Hin und wieder sorgen auch die IRA-Abspaltungen mit Anschlägen für Unruhe. Deshalb misst man dem Staatsbesuch in Irland große Bedeutung zu. In England nimmt man ihn lediglich zur Kenntnis. Die Schlagzeilen macht die erste Auslandsreise von Prinz George, der mit seinen Eltern Prinz William und Kate Middleton in Australien und Neuseeland weilt.
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