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Interview zu Gerhard Schröder„Sanktionen sind unwahrscheinlich“

Könnten EU und USA Ex-Kanzler Schröder wegen seiner Tätigkeiten für russische Unternehmen maßregeln? Wirtschaftsrechtler Vinzenz Sacher ist da skeptisch.

Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist Aufsichtsratsvorsitzender beim russischen Konzern Rosneft Foto: dpa
Jörg Wimalasena
Interview von Jörg Wimalasena

taz: Das US-amerikanische „Wall Street Journal“ bringt in seiner Ausgabe vom Samstag Sanktionen gegen Gerhard Schröder ins Spiel, weil dieser durch seine Tätigkeiten für russische Konzerne „Putins Schlüssel-Oligarch“ sei. Der ukrainische Außenminister scheint der Idee laut Bild-Interview nicht abgeneigt zu sein. Aber: Kann die EU überhaupt Sanktionen gegen eigene Bürger erlassen?

Vinzenz Sacher: Das kann sie grundsätzlich schon, allerdings ist sie dabei an die EU-Grundrechte-Charta gebunden. Konkret wären hier das Eigentumsrecht sowie das Recht zur Freizügigkeit von Herrn Schröder zu beachten. Zudem ist die Union immer verpflichtet ausreichenden Rechtsschutz zu gewährleisten. Das heißt, dass Betroffene die Möglichkeit haben müssen, vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) oder dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Sanktionen vorzugehen. Der EuGH hat zudem hohe rechtliche Anforderungen aufgestellt, die EU müsste also sehr genau begründen und detaillierte Nachweise liefern, warum sie den deutschen Ex-Kanzler sanktioniert.

Wie müsste die EU denn formell vorgehen?

Der EU-Ministerrat müsste einen einstimmigen Beschluss fassen. SPD-Außenminister Heiko Maas müsste also dafür stimmen und seinen ehemaligen Parteivorsitzenden und langjährigen Kanzler öffentlich brandmarken. Die ursprünglichen EU-Sanktionen wurden ja 2014 gegen Personen beschlossen deren Handlungen – ich zitiere – „die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen“.

Sehen sie diesen Anlass bei Schröder gegeben?

Ohne seine Arbeit inhaltlich zu bewerten, bin ich da grundsätzlich eher skeptisch. Schröder ist für die russischen Unternehmen Rosneft und Nord Stream als Lobbyist und im Aufsichtsrat tätig und nicht im operativen Tagesgeschäft. Die EU hat ihre Sanktionen hauptsächlich gegenüber russischen Amts- und Mandatsträgern und Militärs sowie Schlüsselfiguren des Ukraine-Konflikts erlassen. Schröder passt da nicht ins Schema. Er hat eine eher symbolische Stellung. Ihn auf die Sanktionsliste zu setzen, wäre vermutlich unverhältnismäßig.

Bild: privat
Im Interview: Vinzenz Sacher

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Halle-Wittenberg. Er forscht zum Recht der Welthandelsorganisation (WTO) sowie dem deutschen und europäischen Außenwirtschaftsrecht.

Welche Maßnahmen könnten Schröder denn drohen, sollte der Ministerrat Sanktionen beschließen?

Da ist die EU relativ frei. In der Praxis heißen Sanktionen meist Einfrieren von Konten und anderen Vermögenswerten sowie Restriktionen für Reisen in die EU. Letzteres ist bei einem Unionsbürger wie dem deutschen Ex-Kanzler natürlich nicht möglich.

Das gilt aber nur für Sanktionen von EU-Seite. Welche Sanktionen könnten Schröder aus Washington drohen? Welche Konsequenzen müsste er fürchten?

In den Vereinigten Staaten entscheidet vor allem der US-Präsident per Dekret über den Erlass von Sanktionen. Auch hier könnten Herrn Schröder rein theoretisch Einreisebeschränkungen sowie das Einfrieren von Vermögen in den Vereinigten Staaten treffen. Unabhängig von den rechtlichen Voraussetzungen dafür ist es natürlich diplomatisch heikel, Sanktionen gegen den ehemaligen Regierungschef eines NATO-Partners zu richten. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das passiert.

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8 Kommentare

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  • Mensch dieser Schröder sieht toll aus - muss sich immer noch nicht färben!

  • Alle, die ihn direkt oder indirekt (Grüne) gewählt haben, sollten dies heute kritisch überdenken - auch ich.

     

    Na ja, hinter her ist man immer klüger...

  • Nicht umsonst wurde er schon 'Goldkettchen-Gerd'genannt! Aber Habgier ist auch in extremer Form nicht strafbar.

     

    Wie Sacher verständlich erklärt, hat der Herr, der Putin zum 'lupenreinen Demokraten' erklärt hat, in Europa sicherlich nichts zu befürchten.

     

    Theoretisch gilt das für DIE USA nicht. Aber der Herr ist ja nicht dumm! (Intelligenz darf ja nicht mit Moral gleichgestellt werden!) Er wird Vermögen schon von dort abgezogen haben und hinreisen wird er dann auch nicht. Europa, (Süd!) Korea und besonders Russland bieten ihm dafür viel Freiraum.

     

    Alle, die ihn direkt oder indirekt (Grüne) gewählt haben, sollten dies heute kritisch überdenken - auch ich.

  • Gefällt mir das, was Gerhard Schröder macht? Nicht unbedingt. Spielt das eine Rolle? Sicher nicht.

    Auch wenn Bayern ein Gesetz verabschiedet hat um Unschuldige lebenslang hinter Gitter zu bringen, so sollten wir doch unsere Demokratie und unseren Rechtstaat nicht völlig aufgeben. Sanktionen sind sowieso schon ein sehr bedenkliches wenig rechtstaatliches Mittel. Sanktionen gegen Inländer sind willkürliche Staatshandlungen an Unschuldigen, die im Prinzip jeden treffen können. Bereits jetzt können Menschen, denen eine Nähe zu Terroristen nachgesagt wird, komplett enteignet und zum Dahinvegetieren gezwungen werden - ohne dass ein Richter dazu auch nur ein Urteil sprechen müsste.

    Eine Sanktion hat ihre Rechtfertigung allein darin, dass ein fremder Staat Recht bricht und es aber rechtlich nicht möglich ist, diesen Rechtsbruch zu ahnden. Wer dagegen im eigenen Land lebt, unterliegt vollständig den rechtlichen Regeln. Will ein Staat trotzdem unabhängig vom Recht Sanktionen erlassen, so ist es der Staat, der damit das Recht bricht. Dies passiert in Diktaturen, sollte aber in einem Rechtstaat ausgeschlossen sein.

    Anders ausgedrückt: Wenn Schröder gegen ein Gesetz in der EU verstößt, kann und soll das geahndet werden. Verhält er sich gesetzeskonform, so ist der Ruf nach öffentlichen sanktionierenden Maßnahme bestenfalls dumm und schlimmstenfalls eine strafbarer Aufruf zum Gesetzesbruch.

    • @Velofisch:

      Aber es ist doch das Wall Street Journal, das Sanktionen fordert. Das hat doch Gewicht, zumal damit auch die Interessen der US Fracking Fraktion vertreten werden. Da sollten wir doch mehr den Transatlantikern vertrauen. Die wissen immer, was gut ist, wer gut ist und wer böse ist.

      • @Rolf B.:

        Danke, ich habe herzlich gelacht!

  • Den sollte man schon wegen Hartz IV sanktionieren!

    • @Spitzbube:

      Den sollte man vor allem wegen Hartz IV sanktionieren.

       

      Sein Engagement in Russland finde ich eher positiv.