Internationaler Strafgerichtshof: Kenias Präsident vor dem Weltgericht
Uhuru Kenyatta erschien als erster amtierender Staatschef nach einer Vorladung in Den Haag. Er soll für die Gewalt nach der Wahl 2007 mitverantwortlich sein.
BERLIN taz | Von Reue war wenig zu spüren, als Kenias Präsident Uhuru Kenyatta am Mittwoch Geschichte schrieb. Als erster amtierender Staatschef der Welt folgte Kenyatta einer Vorladung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag und kam zu einer Anhörung, auf der Argumente für und gegen eine Einstellung des Verfahrens gegen ihn ausgetauscht wurden. Er selbst ergriff nicht das Wort.
Mit einer Delegation von rund 120 Menschen erschien Kenyatta, berichteten kenianische Medien: Angehörige, Parteifreunde, Parlamentarier. „Wir verteidigen die Nation, weil die Nation vor Gericht steht“, sagte der Abgeordnete Moses Kuria. Kenyatta hätte trotz Vorladung zu Hause bleiben können. Aber er will erhobenen Hauptes erreichen, dass das Verfahren gegen ihn niedergeschlagen wird, noch bevor es eröffnet ist.
Kenyatta wird „indirekte Mittäterschaft“ bei der Gewalt vorgeworfen, die Kenia nach der umstrittenen Wahl Ende 2007 erschütterte und über 1.300 Tote forderte. Damals hatte sich Mwai Kibaki von der Volksgruppe der Kikuyu zum Wahlsieger erklärt, obwohl er vermutlich verloren hatte. Auf brutales polizeiliches Vorgehen gegen Proteste antworteten oppositionelle Milizen mit Angriffen auf Kikuyu, gegen die wiederum Kikuyu-Milizen zurückschlugen. Kenyatta soll Angriffe der Kikuyu-Miliz „Mungiki“ mitorganisiert haben, so die Anklage.
Die Eröffnung des Prozesses gegen Kenyatta wurde immer wieder verschoben, vor allem nach Kenyattas Wahl zum Präsidenten im März 2013. Reihenweise sprangen danach Belastungszeugen ab. Der letzte festgelegte Prozesseröffnungstermin war der 7. Oktober 2014. Aber am 5. September bat die Anklagebehörde um eine erneute Verschiebung. Also gab es jetzt eine erneute Anhörung.
Verteidiger verweist auf dünne Beweislage
Für Kenyattas Verteidiger war die Argumentation der Ankläger beim Antrag auf Prozessverschiebung ein gefundenes Fressen. „Die vorliegenden Beweismittel reichen nicht aus, um Uhuru Kenyattas kriminelle Verantwortung zweifelsfrei zu belegen“, hatte die Anklagebehörde im September erklärt. „Unter normalen Umständen würde die Unzulänglichkeit der Beweismittel die Ankläger dazu bewegen, die Anklage zurückzuziehen.“ Weil der Angeklagte Staatschef sei, tue man dies aber nicht.
Am Mittwoch nahm Kenyattas Chefverteidiger das genüsslich auseinander. „Es gibt keine Beweise“, sagte er. „Wenn es Beweise gäbe, hätten wir einen Prozess.“ Die Regierung habe in vollem Umfang kooperiert. „Ich muss keine weiteren Beweise zur Verfügung stellen.“
Umstritten war insbesondere, ob Kenias Behörden weitere Mobilfunkdaten zur Verfügung stellen müssen, nachdem die bisherigen offenbar nicht ausreichen. „Das Gute mit Mobilfunkdaten ist, dass man sie nicht bestechen und nicht einschüchtern kann“, erlaubte sich ein Ankläger einen Seitenhieb auf die vermuteten Methoden der Verteidigung.
Wann die Kammer über den Fortgang des Verfahrens entscheidet, ist nicht bekannt. Kenyatta wollte in der Nacht heimfliegen und dann eine triumphale Prozession durch Kenias Hauptstadt Nairobi veranstalten.
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