Internationale Proteste gegen Konzerne: Klimaschutz statt Neokolonialismus
In 19 Ländern demonstrieren Aktivist*innen heute gegen die Zerstörung der Küsten des globalen Südens. Anlass ist die Ölkatastrophe in Perú.
Der Anlass für den Protest ist die Ölkatastrophe vor der Küste Perus. Seit einem Tankerunglück des spanischen Erdölkonzerns Repsol am 15. Januar sind dort fast zwei Millionen Liter Öl ins Meer gelangt und verschmutzen 24 Strände. Es ist die schwerste Umweltkatastrophe in der jüngeren Geschichte des Landes. Doch der spanische Konzern weist die Verantwortung weitgehend von sich – Schuld sei vielmehr der Vulkanausbruch vor der Küste von Tonga, der hohe Wellen verursacht habe.
„Es darf nicht sein, dass ein spanischer Konzern auf der anderen Seite der Welt einen Ökozid verursacht und ungeschoren damit davonkommt“, sagt der argentinische Aktivist Esteban Servat. „Wir müssen die europäischen Konzerne unter Druck setzen, die in neokolonialistischer Tradition Ressourcen im globalen Süden ausbeuten und Lebensräume zerstören.“
Der Protesttag, an dem sich auch Fridays for Future, Extinction Rebellion und Ende Gelände beteiligen, sei kurzfristig von Gruppen aus südlichen Ländern initiiert worden. In Berlin beteiligen sich unter anderem Kollektive aus Bolivien, Guatemala und Ecuador. Ab dem Mittag wollten sie vor die spanische Botschaft ziehen, um den Regierungschef Pedro Sanchez in die Verantwortung für die Ölkatastrophe in Perú zu nehmen. Danach zogen sie zur norwegischen Botschaft, um den norwegischen Konzern Equinor zu kritisieren, der in Argentinien Fracking betreibt und Erdöl und Erdgas in weite Teile der Welt liefert.
Ölpest auch im ecuadorianischen Amazonas und in Thailand
Wie Perú leidet auch Ecuador aktuell unter einer gigantischen Ölkatastrophe. Heftige Regenfälle lösten nicht nur die schwersten Überschwemmungen seit 20 Jahren mit mindestens 24 Toten aus. In der Provinz Napo zerstörte eine Schlammlawine Ende Januar eine Pipeline des Konzerns OCP – fast eine Million Liter Öl flossen in den Amazonas-Regenwald. Viele Flüsse, aus denen Indigene sich mit Wasser versorgen, sind kontaminiert.
Auch vor der thailändischen Küste strömten zehntausend Liter Rohöl ins Meer. Aus einem Leck in einer Unterwasser-Pipeline der „Star Petroleum Refining Company“ trieb der 47 Quadratkilometer große Ölteppich an den beliebten Sandstrand Mae Ram Phueng Beach, 200 Kilometer südöstlich von Bangkok. Rohöl besteht hauptsächlich aus Kohlenwasserstoff und enthält außerdem für Ökosysteme schädliche Schwermetalle, Stickstoffverbindungen und 10.000 Einzelsubstanzen.
Neben dem Fokus auf der neokolonialistischen Klimazerstörung wollen die Aktivist*innen bei den heutigen Aktionen auch die internationale Finanzpolitik kritisieren. In Washington DC meldete Extinction Rebellion Proteste vor der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) an. „Durch riesige Kredite, die niemals abbezahlt werden können, erpressen die Finanzinstitute Lizenzen für Ausbeutungen und Umweltzerstörung von den abhängigen Ländern des Südens“, sagt Servat.
Derzeit steht etwa Argentiniens Regierung massiv unter Druck, seit sich das Land mit dem IWF auf gigantische Schuldenrückzahlungen geeinigt hat. Argentinien ist die mit Abstand größte Schuldnerin des IWF und muss in den nächsten drei Jahren 42 Milliarden Dollar zurückzahlen. Gespart werden soll das Geld bei den Sozial- und Rentenausgaben des Staates.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“