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Insolvenz von Boris BeckerDas Ende eines Mythos

Die Schulden von Becker sind nicht nur finanziell sein Ruin. Das Ende der Kreditwürdigkeit ist auch das Ende der Story vom jüngsten Wimbledon-Sieger.

Becker ist noch immer der jüngste Wimbledon-Sieger – den Gläubigern ist das egal Foto: Reuters

Sogar seinen Wimbledon-Pokal verliert Tennisstar Boris Becker vielleicht! Zumindest laut Bild-Zeitung, die immer ein Herz für gescheiterte Ex-Legenden hat. ­Becker gilt als insolvent und muss verscherbeln, was noch Wert hat, um seine Gläubiger zu befriedigen.

Beckers Schulden sollen rund 61 Millionen Euro betragen. Rechnet man hinzu, was Becker seit seinem ersten Wimbledon-Sieg 1985 verdient hat – an Preisgeldern, Werbeeinnahmen und Trainergehältern – , so dürfte er insgesamt mehr als 100 Millionen Euro verprasst haben.

Wofür braucht man soviel Geld?! Genaues ist nicht bekannt, aber seit Jahren werden in den Medien fleißig Indizien gesammelt, wie Becker in die Insolvenz rutschen konnte. Zu dieser Liste gehören: eine teure Scheidung von seiner ersten Frau Barbara, Unterhalt für diverse Kinder, eine Finca auf Mallorca, ein luxuriöses Mietshaus in London, Firmenpleiten – und Berater aller Art. Es ist nicht kostenlos, reich zu sein. Manager, Vermögensberater und Anwälte wollen bezahlt sein.

Auf der Liste der mittellosen Verschwender nimmt Becker übrigens einen eher bescheidenen Platz ein. Der heutige US-Präsident Donald Trump hat es zu ganz anderen Rekorden gebracht: 1991 war er insolvent und schuldete seinen Banken rund eine Milliarde Dollar. Trotzdem konnte er seine Gläubiger überzeugen, ihm weiterhin ein „Existenzminimum“ von 400.000 Dollar im Monat zu gewähren. Alte Schulden führten bei Trump dazu, dass er neue Schulden aufhäufen durfte.

Es zählt die „Story“

Entscheidend ist also die Frage: Wann vergeben Banken oder private Investoren überhaupt Kredite? Warum konnte sich Becker erst 61 Millionen Euro leihen – um dann plötzlich in der Zwangsvollstreckung zu landen? Und warum hat es Trump, trotz diverser Pleiten, ins Weiße Haus geschafft?

Jedes Darlehen ist eine Wette. Kreditgeber und Schuldner gehen gemeinsam davon aus, dass sich das geliehene Geld zurückzahlen lässt. Diese Spekulation ist notwendigerweise extrem gewagt, denn die Zukunft ist prinzipiell unsicher. Also zählt die „Story“.

Bei Becker war die Story immer übersichtlich. Er lebte von dem Nimbus, dass er die Unwahrscheinlichkeit verkörpert: Ein 17-jähriger Teenager aus Leimen, aus der Nicht-Tennisnation Deutschland, wird der jüngste Wimbledon-Sieger aller Zeiten. Bis heute hat niemand diesen Rekord gebrochen. Wäre inzwischen ein neuer Jungstar aufgetreten – vielleicht wären die Darlehen früher versiegt. So aber blieb Becker der Unwahrscheinliche, von dem die Unwahrscheinlichkeit erwartet wurde, dass er Millionen verdient, um noch mehr Millionen zurückzuzahlen.

Der Name Boris Becker zieht nicht mehr

Jede Insolvenz ist die Pleite einer Story. Diese simple Logik lässt sich auch bei weltweiten Finanzkrisen beobachten. Beim Crash 2008 etwa platzte die Illusion, man könne mit neuen mathematischen Formeln das Risiko einfach wegdefinieren – so dass auch Amerikaner ohne Einkommen plötzlich Darlehen bekamen.

Jede Story fliegt irgendwann auf, wenn sie mit der Realität nichts zu tun hat. Bei Becker scheinen die Gläubiger ziemlich plötzlich entschieden zu haben, dass sie dem schlechten Geld kein gutes mehr hinterherwerfen wollen. Becker durchleidet daher weit mehr als nur eine Privatinsolvenz: Er erlebt das Ende seines eigenen Mythos. Er ist noch immer der jüngste Wimbledon-Sieger aller Zeiten – aber selbst gutgläubige Gläubiger interessiert das nicht mehr.

Offen ist noch das Schicksal von Donald Trump. Offiziell gilt er als Milliardär, aber seine Steuerakten hat er nie veröffentlicht. Vielleicht bastelt er an der besten Story aller Zeiten: Vielleicht wurde er nur Präsident, damit er weiterhin Kredite erhält.

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21 Kommentare

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  • Wir können ja für Boris sammeln...

    Hoffentlich kommt da was zusammen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Hartz:

      Wie ich Sie einschätze, haben Sie schon damit angefangen...

  • Mir tut Becker aufrichtig leid. Die Gesundheit hat er sich ruiniert, da geht es ihm wie vielen Spitzensportler- ohne Schmerzmittel geht da gar nichts mehr.

    Und jetzt ist er auch noch insolvent... und Pleite gehen, ist härter als noch nie Geld gehabt haben - ganz davon abgesehen, dass er nun in aller Öffenlichkeit genüsslich in Scheiben geschnitten wird - wenn einer am Boden liegt, muss ich nicht auch noch

    draufhauen... und im Gegensatz zu solchen Gaunern wie Trump und Co. hat er keine Chance sich jemals wieder zu fangen - das hat dieser Artikel trefflich dargestellt.

  • Eine Lektion wird aus solchen Schicksalen komischerweise nicht gelernt: Dass Reichsein eben NICHT bedeutet, leistungslos reich zu bleiben. Es gehört schon Einiges dazu, ein Vermögen zu bewahren und solide zu bewirtschaften.

  • das wichtigste für einen menschen ist seine gesundheitgut er hat geld verschleudert, aber er sieht morgens die sonne aufgehenusw

    • @Georg Schmidt:

      Richtige Einstellung!

       

      Alles nur schnöder Mammon.

  • Mich stört die Häme, die hier gerade genüsslich abgesondert wird.

    Boris Becker war schon immer sehr naiv, aber nie ein schlechter Mensch - im Gegensatz zu manchem, der sich an ihm gesund gestossen hat.

    • @Karo:

      Das sehe ich wie Sie!

       

      Wie er die Situation mit seiner "Besenkammer" Tochter gelöst hat.

      Hut ab! Er ist immer menschlich geblieben.

  • Ein Euro...

     

    Der hatte noch nie einen guten Namen...

    Stand auch schon vor Gericht.

    Manche lernen es nicht!

    Hartz IV geben und einen Ein-Euro-Jonb dazu. Da lernt er mal den Wert des Geldes kennen.

  • Ich hoffe wenigstens, daß er seinen Sozialhilfeantrag in der Schweiz stellt, also da, wo er ein bisserl Steuern gezahlt hat. Es wäre regelrecht unverschämt, wenn er JETZT wieder nach Deutschland käme, und hier Hartz IV will (OK, ist ja nicht so toll) - aber Hartz I in der Schweiz gehabt hat...

  • Na, vielleicht wird er ja dann zum "Experten" für Altersarmut oder auch Kinderarmut.

     

    Das schlimmste für ihn wird der Entzug sein, denn viele andere in seinem Alter haben auch nicht mehr als das, was "existenzsichernd" pfändungsfrei ist. Er darf ja nun auch trotzdem ein Konto haben, ein sog. P-Konto https://www.verbraucherzentrale.de/p-konto .

    Und es gibt sehr viele andere Kinder in D, deren Väter auch keinen Unterhalt zahlen können oder wollen.

     

    Boris Becker wird so vielleicht ein wenig durchschnittlich, was sein Auskommen angeht. Allerdings sind das so Leute, für die sich die Politik leider nicht so interessiert. Er wird dann notfalls ein Jobcenter von innen kennen lernen :-) und schreibt ein Buch drüber. Seinen Namen wird ja man nicht so schnell vergessen. Da wird er schon Optionen haben.

  • Ok, der Artikel fand sich sehr weit oben auf der Website der TAZ, weswegen ich ihn öffnete. Und nun? Ein bisschen Sozialkritik (Finanzkrise)

    Ein bisschen Mitleid (Armer Boris, Ende eines Mythos)

    Und dann ganz viel unpassendes Trump-Gelaber.

    Muss dieser Mann wirklich überall sein?!

  • Wohlstandsmeldungen, Wasserstandsmeldungen: Psssss...

    May day, “We’re sinking!”

    Äh...what are you sinking about?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Kollege Küppersbuschs (?) Wortschöpfung: "Verborisbeckerung", bereits in einem gewissen Rosneftzusammenhang genannt, sagt doch alles...

    • @571 (Profil gelöscht):

      Na - & wo wir gerade bei Zitaten sind - gell!;)

       

      "Der ganze Finanz-Kapitalismus scheint eh eine Pokerpartie zu sein,

      bei der immer weitergesetzt wird, alle mitgehen und die Bank auf Kredit

      neue Chips ausgibt. Wehe wenn mal jemand sagt: "Ich möchte sehen!" -

       

      & Winner - The bank always!

      (Äußerstenfalls mit Steuerstützstrump - kerr!)

      Da mähtste nix.

      Normal.

  • "Berater aller Art" dürfte wie erwähnt, die korrekte Antwort sein. Ion Tiriac ist heute der reichste Mann Rumäniens, hätte sich Becker nicht von ihm getrennt, wäre er heute mit Sicherheit nicht pleite.

  • Ja wie?

     

    "Die Schulden von Boris Becker sind nicht nur finanziell sein Ruin. Das Ende seiner Kreditwürdigkeit ist auch das Ende seines guten Namens…"

     

    Da ich Sie als nüchterne Journalistin schätze - "Ende seines guten Namens"

    What are you talking about?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "Ende seines guten Namens"

       

      Bummbummboris? Ende der Achtzigerjahre? Springerpresse?

      Achso, jetze!

  • "Offen ist noch das Schicksal von Donald Trump. Offiziell gilt er als Milliardär, aber seine Steuerakten hat er nie veröffentlicht."

     

    Forbes sagt 3,5 Mrd. netto.

    Abgesehen davon hatte Trump (und Pence) im Juni 2017 (obligatorisch wäre 2018) sog. financial disclosure abgegeben. Der Mann hat auch kräftige Einnahmen.

  • Ach du dicke Hose !

    Na,wenigstens lernt er dann demnächst seine wahren Freunde kennen.

    • @Markus Müller:

      Beim Geld hört doch die Freundschaft auf!