Insektensterben weltweit: Ein Königreich für Eintagsfliegen
Silberfisch, Grashüpfer & Co sind nicht ausreichend durch Naturschutzgebiete geschützt. Das zeigt eine neue Studie zur Verbreitung von Insekten.
![Eine Langbeinfliege sitzt auf einem Blatt Eine Langbeinfliege sitzt auf einem Blatt](https://taz.de/picture/6202658/14/32592933-1.jpeg)
Worum geht’s?
Weltweit gibt es etwa 5,5 Millionen Insektenarten. Viele von ihnen sind durch Pestizide in der Landwirtschaft und weil ihr Lebensraum durch die Klimakrise schrumpft, massiv bedroht; sowohl die Zahl der Arten als auch die Größe der Populationen ist in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Eine gängige Methode, das Vorkommen einzelner bedrohter Arten zu bewahren, ist, Naturschutzgebiete einzurichten. Aber hilft das Prinzip, das Buckelwale und Große Pandas erfolgreich schützt, auch Insekten? Wie viele von ihnen leben überhaupt in geschützten Gebieten? Das haben Forscher*innen in einer neuen Studie untersucht, die erstmals die Verbreitungsgebiete von Insekten weltweit mit Schutzräumen abgleicht.
Die Studie
Für die Analyse, die in dem Fachjournal One Earth erschien, untersuchten die Forscher*innen weltweit insgesamt 90.000 Insektenarten. Dafür verwendeten sie die Datenbank Global Biodiversity Information Facility, die die globale Verteilung von Insekten sammelt. Die Verbreitungsgebiete glichen die Forscher*innen mithilfe eines Computerprogramms mit den Flächen der Naturschutzgebiete ab. Sie fanden heraus: 2 Prozent der untersuchten Arten kommen nur außerhalb geschützter Bereiche vor.
Nur eine von vier Insektenarten wird von Naturschutzgebieten angemessen geschützt. „Angemessen“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass mindestens 15 Prozent des Lebensraums dieser Art unter Naturschutz stehen. Bei stark bedrohten oder in ihrem Habitat stark eingeschränkten Arten liegt dieser Sollwert auch bei bis zu 100 Prozent.
Der Schutz der Insektenarten durch Naturschutzgebiete variierte dabei sehr stark: Beispielsweise sind in Spanien 80 Prozent der Süßwasserinsekten in einem Naturschutzgebiet angesiedelt. In deutschen Schutzgebieten sieht es gut für den Artenreichtum der Schmetterlinge aus.
In Bangladesch hingegen stimmen nur 2 Prozent der Schutzgebiete mit dem Lebensraum der untersuchten Insektenarten überein. Die Forscher*innen merken an, dass die Daten Verzerrungen aufweisen könnten. Es sei unklar, ob die untersuchten Arten repräsentativ für alle Insekten sind. Auch werden Insekten in Schutzgebieten viel besser erforscht als zum Beispiel in Städten.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Was bringt’s?
Obwohl das Insektensterben gut belegt ist, spielt der Insektenschutz bei der Auswahl von neuen Schutzgebieten kaum eine Rolle. Erfolgversprechend ist dabei eine Ausweitung der Schutzgebiete. Die Frage, welcher Raum in Zukunft geschützt werden soll, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das 30-x-30-Ziel der Weltnaturkonferenz COP15 legte im vergangenen Jahr einen Grundstein für mehr Naturschutz. Hier wurde beschlossen,dass bis 2030 etwa 30 Prozent der weltweiten Land- und Wasserflächen unter Naturschutz stehen sollen. Die Studie kann dazu beitragen, bei politischen Entscheidungen die Möglichkeiten und Grenzen des Insektenschutzes besser einzuschätzen.
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