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„Innovationsbooster“ der BundesregierungKluge Wirtschaftspolitik sieht anders aus

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die geplanten Steuersenkungen für Unternehmen sind ein Fehler. Sie reißen nur Löcher in die Haushalte und bringen kaum Impulse für die Wirtschaft.

Krisengeplagte Branchen wie die Stahlindustrie könnten durch gezielte sozialökologische Programme zukunftsfähig gemacht werden Foto: Jochen Tack/imago

D ie Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder drängen zu Recht auf einen Ausgleich für die Löcher in ihren Haushalten, die die Bundesregierung mit ihren geplanten Steuererleichterungen für Unternehmen reißt. Der „Innovationsbooster“, mit dem die Bundesregierung die Wirtschaft ankurbeln will, kostet 48 Milliarden Euro. Ohne Ausgleich müssten die Kommunen 13,5 Milliarden und die Länder 16,6 Milliarden davon tragen.

Bund und Länder verhandeln zurzeit, wie dieser Ausgleich aussehen könnte. Eine Einigung scheint wahrscheinlich, denn die Län­der­che­f:in­nen betonen immer wieder, dass sie die Entlastungen für Unternehmen grundsätzlich unterstützen.

Doch das ist ein schwerer Fehler – und besonders enttäuschend bei Ländern mit grüner oder linker Regierungsbeteiligung. Die Länder sollten sich entschlossen gegen die Steuergeschenke an Unternehmen stellen. Denn die Einnahmen werden wo auch immer enorme Löcher reißen, ohne viel Wachstum zu bringen.

Die deutsche Wirtschaft ist zwei Jahre nacheinander geschrumpft, auch die Aussichten für 2025 sind durchwachsen. Die Lage im Nahen Osten, die damit verbundene Gefahr drastisch steigender Ölpreise und der nach wie vor schwelende Zollkonflikt mit US-Präsident Donald Trump lassen kaum auf Besserung hoffen.

Anderes ist wichtiger: eine gute Infrastruktur zum Beispiel

In dieser Lage ist es richtig, dass die Bundesregierung etwas unternimmt – aber leider macht sie das Falsche. Schwarz-Rot hängt dem Irrglauben an, dass pauschale Steuererleichterungen für Unternehmen automatisch für Wachstum und Investitionen sorgen. Zahlreiche Öko­no­m:in­nen warnen vor dieser Annahme.

Andere Dinge sind entscheidender dafür, dass Firmen investieren: die Verfügbarkeit bestens ausgebildeter Leute, eine gute Infrastruktur vor Ort, serviceorientierte Behörden oder ein wirklich funktionierendes Internet zum Beispiel. Das klingt banal, ist aber in Deutschland keineswegs selbstverständlich.

Wer die ­Konjunktur ankurbeln will, muss Kommunen und Ländern mehr Geld geben, damit sie etwa für eine ­bessere ­Kinder- und Betagtenbetreuung sorgen. So könnten mehr Erziehende und Pflegende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Eine stärkere Nachfrage im Inland würde die Konjunktur ankurbeln und könnte durch ein sofort kommendes Tarif­treuegesetz erreicht werden. Zudem könnten gezielte sozialökologische Programme krisengeplagte Branchen wie die Stahlindustrie zukunftsfähig machen und Arbeitsplätze sichern.

Stattdessen wollen Bund und Länder lieber wahllos Unternehmen mit hohen Gewinnen entlasten. So sollen Firmen Investitionen etwa stärker abschreiben können. Das heißt, Anschaffungskosten werden teilweise mit dem Gewinn verrechnet, sodass weniger Steuern gezahlt werden. Wer ohnehin investieren will, freut sich über die Gabe. Wer es nicht vorhat, wird es nicht deshalb tun, weil er ein Steuergeschenk bekommt. Und wer keine nennenswerten Gewinne macht, profitiert nicht von der Abschreibung. Kluge Wirtschaftspolitik sieht anders aus.

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Anja Krüger
Parlamentskorrespondentin
Schwerpunkte Wirtschaft- und Energiepolitik
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5 Kommentare

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  • "Andere Dinge sind entscheidender dafür, dass Firmen investieren: die Verfügbarkeit bestens ausgebildeter Leute, eine gute Infrastruktur"

    Glauben sie das wirklich? Nie was von Investitionsrechnung gehört? Das ist ein Drama mit den Linken!

  • "Kluge Wirtschaftspolitik sieht anders aus"

    Streichen sie "Wirtschaft" - dann wird ein Schuh d'raus.

  • Diese Steuermaßnahmen sollen nur Wählerstimmen bringen. Sie sind nicht als Steuerungsmittel gedacht oder geeignet.



    Leider ist für eine gute Steuerung unsere Gesellschaft sowieso zu schnellebig. Nur vier Jahre lang Zeit um Stimmen zu sammeln und die eigene Familie ins Trockene zu bringen!



    Das löst bei Vielen schonmal Panik aus, es gibt zu viele "Schnellschüsse" und falsche Maßnahmen.

  • Ein fragwürdiges Statement.



    So wird anfangs von " Pauschalen Steuererkeichterungen" gesprochen, die es eben nicht gibt.



    Das war der Plan den Union, statt dessen wurden im Koalitionsvertrag die rot grünen Pläne vereinbart.



    Die besseren Abschreibungsmöglichkeiten sind eine gute Initiative zur Investition.



    Bei der momentanen Wirtschaftslage davon auszugehen, " dass sowieso investiert werden soll" geht an der Wirklichkeit vorbei.



    Es ist schade, dass in diesem Artikel die konkreten Informationen des Investitionsboosters in älteren Artikeln verwässert werden.



    Die grundsätzliche Frage der Verteilung von Steuergeldern wurde bereits mehrfach besprochen und eine Verlagerung der Steuereinnahmen zugunsten der Länder bemerkt.



    In den vergangenen Jahren wurde auch oft die nicht vorhandenene Weitergabe von Fördergeldern des Bundes über die Länder an die Kommunen festgestellt.



    Gut gemeinte "Solidaritätsbekundungen " für Kommunen sind ebenfalls unangebracht.



    Auf dem Land wird auch viel Steuergeld durch Unkenntnis, Vetternwirtschaft und Großmannssucht verbrannt.



    Ein weites Feld, dem der Artikel nicht gerecht wird.

  • Vor allem sollte man Unternehmenssteuersenkungen als das bezeichnen, was sie sind: Steuersenkungen für Millionäre und Milliardäre.



    Denn Unternehmensgewinne sind Einkommen für deren Eigenentümer, Gesellschafter, Aktionäre usw.. Und wer ist das? Die Millionäre und Milliardäre im In- und Ausland, denen die hierzulande tätigen Unternehmen gehören.



    Mit Steuersenkungen für Reiche erhöht man allerdings nur deren Einkommen, das Wirtschaftswachstum hat wenig davon, da jemand, der 1,3 statt 1,1 Millionen im Jahr verdient, nicht wirklich mehr konsumiert.



    Dabei ist es gerade die schwache Nachfrage im In- und Ausland, die für die schwache Konjunktur sorgt. An Nachfragepolitik denken aber die Ahnungslosen in Schwarz und Rot nicht. Das wäre ja tatsächlich effektiv um das Problem zu lösen und würde dem Großteil der Bevölkerung zu Gute kommen.



    So eine Politik ist mit CDU und SPD nun wirklich nicht zu machen.