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Initiative gegen FreihandelsabkommenDer Druck wächst

Die Beteiligung an der Onlinekampagne gegen TTIP und Ceta übertrifft alle Erwartungen. Trotzdem gibt es Streit unter den Kritikern.

Umweltaktivisten protestieren am 1. Oktober in München gegen das Freihandelsabkommen Bild: reuters

BERLIN taz | Seit vier Tagen läuft die „selbst organisierte Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und Ceta“ (sEBI) – und bisher haben bereits knapp 352.000 Bürger auf stop-ttip.org unterzeichnet. „Das hat unsere Erwartung noch übertroffen“, sagt Anne Dänner, Sprecherin des Bündnisses von 257 Organisationen aus 23 Ländern, das hinter der sEBI steht.

Eigentlich wollte das Bündnis eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen die Freihandelsverträge starten – aber das ließ die EU-Kommission nicht zu. Der Grund: Die Verhandlungsmandate zu TTIP und Ceta seien keine Rechtsakte mit direkter Auswirkung auf die EU-Bürger. Gegen diese Entscheidung wollen die Aktivisten gegen den Freihandel klagen, gründeten aber trotzdem die sEBI, um den Druck auf die Entscheidungsträger aufrechtzuerhalten.

Diesen Druck bekommt gerade Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), zu spüren. Zusammen mit SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat er ein Positionspapier zu den Freihandelsabkommen verfasst, das viele Gewerkschafter verärgert. Denn der DGB-Bundeskongress hat bereits im Mai ein Papier mit der Überschrift „Freihandelsverhandlungen mit den USA aussetzen“ verabschiedet, das von der Sorge getragen ist, dass TTIP und Ceta zu sinkenden Arbeits- und Sozialstandards führen.

Das neue Papier von Hoffmann und Gabriel ist zwar inhaltlich fast identisch, aber viel moderater als das Original. Kritiker monieren, dass der DGB vor der SPD eingeknickt sei. Dem widerspricht Hoffmann: Gemeinsam mit Sigmar Gabriel habe man hohe, präzise und verbindliche Bedingungen als Voraussetzung für jegliches Abkommen formuliert. Doch die gehen einigen Gewerkschaftern nicht weit genug. „Wir hätten uns eine schärfere Position gewünscht“, so Dorothea Schäfer, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Nordrhein-Westfalen. Die GEW hat daher eine Pressemitteilung unter dem Titel „Stopp TTIP – jetzt erst recht!“ herausgegeben.

„Nagelprobe für die Glaubwürdigkeit“

Auch in der IG Metall gibt es Vorbehalte. Es genüge nicht, wenn versichert werde, dass es keine Verschlechterung der Arbeits- und Sozialstandards gebe. Vielmehr erwarte man, dass die Bundesregierung den Ceta-Entwurf ablehne und dies auf EU-Ebene durchsetze. „Das ist die Nagelprobe für die Glaubwürdigkeit der Vereinbarung“, so Vorsitzender Detlef Wetzel.

Verdi-Chefökonom Dierk Hirschel dagegen verteidigt das Papier: „Damit ist es uns gelungen, auf die Position der SPD Einfluss zu nehmen.“ Vor allem, dass der Investorenschutz abgelehnt wird, wertet er als Erfolg. Den Unmut seiner Gewerkschaftskollegen erklärt Hirschel damit, dass es im DGB viele unterschiedliche Interessen gebe. Einige Gewerkschaften hätten eine größere Affinität zum Freihandel, andere nicht.

Europaweiter Aktionstag gegen TTIP

Am 11. Oktober finden europaweit Proteste und Aktionen gegen Freihandelsabkommen statt. In Berlin werden um 11 Uhr vor dem Europäischen Haus am Pariser Platz symbolisch die Freihandelsverträge geschreddert. Dort kann man auch die kürzlich gestartete Bürgerinitiative (sEBI) unterschreiben. Um 16 Uhr startet eine Demo am Oranienplatz in Kreuzberg. In vielen anderen Städten, etwa Köln, Leipzig, Würzburg, wird es Infostände, Musik und Flashmobs geben. Weitere Infos hier oder unter www.attac.de/o11doa und www.stop-ttip-ceta-tisa.eu. Der Hashtag lautet #O11doa (October 11, day of action).

Die NGOs, die gegen den Freihandel mobilisieren, verfolgen den Zwist genau. Alexis Passadakis von Attac meint, dass es an der Basis von SPD und Gewerkschaften viel Unzufriedenheit gebe. Dänner von „Stop TTIP“ geht derweil nicht davon aus, dass der Schlingerkurs des Gewerkschaftsbundes die Bewegung insgesamt schwächen wird – im Gegenteil: „Es könnte noch mehr Menschen mobilisieren, weil sie sich nicht durch ihre Repräsentanten vertreten fühlen.“

Am kommenden Samstag sind europaweit Aktionen geplant. In Berlin werden um 11 Uhr vor dem Europäischen Haus am Pariser Platz symbolisch Freihandelsverträge geschreddert, in Köln, Leipzig und Würzburg sind Infostände, Musik und Flashmobs angekündigt.

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5 Kommentare

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  • Was Gewerkschaften und SPD vermauscheln, ist eigentlich uninteressant - da wird schon wieder auf das Thema "Sondergerichtsbarkeit" zu sehr fokussiert.

     

    Die Transatlantiker mögen sich meinethalben auf eine Blinkerfarbe einigen - ein DIN-A-4-Blatt reicht dafür (wobei mir bezeichnenderweise auf Anhieb ein sehr starkes Argument für "gelb" und nur ein sehr schwaches für "rot" einfällt). Auch die Farben von Verkabelungen sind disponibel, und wenn in zwei dürren Sätzen Zölle abgeschafft werden, ist das hinnehmbar, sofern zugleich das Schließen der entstehenden Einnahmelücke dargestellt wird.

     

    Der Spaß hört auf, wenn Europa gezwungen wird, das in Kanada erzeugte Teeersandöl abzunehmen und damit für die verheerenden Umweltzerstörungen mitverantwortlich zu sein. Oder wenn den segensreichen Produkten der US-Agrochemie die Tür geöffnet wird, mit allen Folgen (Resistenzen, erhöhter Herbizid-Einsatz, "Super-Weeds"), die in Nord- und Südamerika offenbar werden. Niemand macht auch nur den Versuch, zu begründen, warum Agrarprodukte, die auf beiden Seiten des Atlantiks im Überfluss erzeugt werden, auf riesigen, mit extrem schädlichem Schiffsdiesel betriebenen Pötten hin- und hertransportiert werden sollen.

     

    CETA und TTIP müssen weg - mangels Nutzen und zur Vermeidung von Schaden. (Gleiches gilt für die, die diese Unterwerfung der Politik unter den Kasinokapitalismus mit Tricks und Täuschung durchdrücken wollen.)

    • @Bitbändiger:

      jawoll!!!

  • Könnte die TAZ bitte aufhören von "Investorenschutz" zu schreiben?

     

    Wie, auch auf dieser Website, mehrmals ausgeführt wurde, müssen "Investoren" in der EU nicht vor willkürlichen Enteignungen "geschützt" werden. Es handelt sich um eher um "Investorengerichtsbarkeit" oder "ausserstaatliche Gerichtsbarkeit", wenn Sie wollen auch "konzernergebene Gerichtsbarkeit". Oder wie wäre es mit "Profitmachgarantien"?

    • @BigRed:

      Nein, die TAZ soll den Begriff "Investorenschutz" weiter benutzten, weil es so ist.

  • Die Kampanie wird den gleichen Weg gehen wie die beim Bildungsplan in B-W.

     

    Leider.