piwik no script img

Inhaftierung nach Konzert von AktivistenÄgypten will keine Regenbogen sehen

Homosexualität ist in Ägypten nicht verboten. Doch gewisse Fahnen gehen den Behörden zu weit. Nach einem Konzert wurden 31 Personen verhaftet.

Dieses Konzert der Gruppe „Mashrou Leila“ löst derzeit eine Repressionswelle gegen Schwule aus Foto: dpa

Berlin taz | Ein paar Regenbogenfahnen, die Jugendliche während eines Konzerts der Gruppe Mashrou Leila schwenkten, haben die ägyptischen Behörden und ihre Medien auf die Barrikaden gebracht. Mindestens 31 Personen, darunter eine Frau, wurden vorübergehend festgenommen; seit Sonntag stehen 17 Männer wegen Homosexualität in Kairo vor Gericht. Die unabhängige Organisation Ägyptische Initiative für Persönlichkeitsrechte geht sogar davon aus, dass zwischen dem 19. September und dem 2. Oktober 57 Personen inhaftiert wurden.

Die Liste der Beschuldigungen liest sich wie ein Auszug aus einem Gesetzbuch längst vergangener Zeiten. Den Festgenommenen wird „Unzucht“, „Anstiftung zur Unzucht“, „öffentliche Unsittlichkeit“, die „Verführung Jugendlicher zu amoralischem Verhalten“ oder die „Beleidigung der Religion“ vorgeworfen. Dieser Kanon soll vermutlich als Ersatz dafür herhalten, dass Homosexualität in Ägypten nicht strafbar ist.

Die bekannte libanesische Popgruppe Mashrou Leila hatte ihren Auftritt in Kairo am 22. September. Zuvor hatte es eine Verleumdungskampagne gegen die Gruppe gegeben. Nach Angaben der Veranstalter kamen 35.000 Menschen zu dem Konzert. Die Tatsache, dass einige die Regenbogenfahne schwenkten, mag daran liegen, dass sich Mashrou Leila für die Rechte Homosexueller einsetzt und ihr Sänger Hamed Sinno offen über seine Homosexualität spricht. Nach Jordanien hat die Gruppe nun auch in Ägypten Auftrittsverbot.

Nach den Festnahmen hielt sich Mashrou Leila zunächst mit öffentlichen Stellungnahmen zurück, da die Gruppe befürchtete, die angespannte Situation weiter anzuheizen. Als die Zahl der Festgenommenen jedoch stieg und Menschenrechtsorganisationen den ägyptischen Behörden Folter – gewaltsam vorgenommene Analuntersuchungen – vorwarfen, brach die Gruppe ihr Schweigen. In einer auf Facebook verbreiteten Erklärung heiß es: „Diese Repression lässt sich nicht trennen von der erstickenden Atmosphäre der Angst und Misshandlung, die alle Ägypter tagtäglich ertragen müssen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung.“

Die jetzige Hatz gegen Homosexuelle in Ägypten ist die erste dieses Ausmaßes seit dem Jahr 2001. Damals wurden 52 Personen auf einem Nachtklubschiff festgenommen. Seit Präsident Abdel Fattah al-Sisi 2014 an die Macht kam, wurden mehrere Hundert Personen ­inhaftiert, die gleichgeschlechtlichen Sex hatten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!