Ingenieur über E-Autos in Deutschland: „In fünf Jahren selbstverständlich“

Vollzieht sich die Wende der deutschen Autoindustrie zur E-Mobilität? Der Dieselskandal hat als Beschleuniger gewirkt, sagt der Elektropionier Felix von Borck.

Ein Elektro-VW wird aufgeladen

Unter Strom: Volkswagen investiert endlich in die Elektromobilität Foto: dpa

taz: Herr von Borck, wann ist die E-Mobilität auf dem deutschen Automarkt angekommen?

Felix von Borck: In fünf Jahren sind wir durch. Das wird so sein wie beim Elektrofahrrad. Wenn vor fünf Jahren einer mit einem Elektrofahrrad herumgefahren ist, hieß es: Der Arme, Herzschwäche, und noch so jung. Mittlerweile gibt es in allen Altersklassen und Bevölkerungsschichten Elektrofahrräder. Wenn man heute eines kauft, stellt man sich nur noch die üblichen Fragen: Wie teuer darf es sein, und wie teuer muss es sein, damit ich meinem Image in der Gesellschaft gerecht werde? Das wird beim Elektrofahrzeug auch so sein, in fünf Jahren ist es selbstverständlich.

Warum sind Sie so optimistisch?

Die kommunizierten Entschei­dungen der Automobilindustrie waren noch nie so unumkehrbar wie heute.

Weshalb sollen wir das diesmal glauben? Ankündigungen hat es von Seiten der Automanager genug gegeben.

VW ist der weltgrößte Autokonzern und entwickelt gerade bis zu 50 Modelle rein elektrischer Fahrzeuge. Sie haben Verträge abgeschlossen mit Zellherstellern über viele Milliarden. Sie sind dabei, Fabriken für diese ­Batterien und für diese Autos aufzubauen. Sie haben die Entwicklungsgelder für konventionelle Fahrzeuge dramatisch reduziert und investieren noch dramatischer in die neuen Technologien.

Felix von Borck, 49, ist Ingenieur. 1990 hat er mit der Akademischen Solartechnikgruppe an der TU Darmstadt die Solarrallye Tour de Sol gewonnen. Aus der Gruppe ist die Akasol AG hervorgegangen, ein börsennotiertes Unternehmen mit 120 MitarbeiterInnen.

Könnte der VW-Dieselskandal als Beschleuniger wirken?

Das hat er schon. Die haben jetzt sehr teuer gelernt, dass mit der Technologie des Verbrennungsmotors die Emissionsvorgaben in Zukunft nicht zu erreichen sein werden, auch nicht in China oder in den USA.

Ist VW also endlich wach geworden?

Ja. Solange VW der Meinung war: Wir kommen um diese Energiewende herum, haben sie sich völlig anders verhalten. Die sind ja technisch gut und können über die Masse die Bezahlbarkeit sicherstellen. Am Ende ist es entscheidender, Automobile mit großer Stückzahl, hoher Qualität und zu geringen Kosten entwickeln und produzieren zu können, als die Besonderheiten der Batterietechnologie zu kennen. Die kann man sich schneller aneignen, als man eine weltweite Produktion von zehn Millionen Autos pro Jahr aufbauen und betreiben kann. Das dauert ein bisschen, aber wenn die das gelernt haben, gibt es vielleicht Tesla nicht mehr.

Die Bundesregierung möchte die Batteriezellproduktion in Deutschland mit einer Milliarde Euro fördern. Warum spielt die deutsche Industrie bisher nicht mit?

Die großen Zulieferer, Bosch, Conti, Schaeffler, haben die Einschätzung, dass es besser ist, das nicht zu tun. Vielleicht das klassische männliche Managementproblem: Man denkt im Dreijahreszyklus und sieht, auweia, es ist unmöglich, die Zelle in drei Jahren billiger zu bauen als die Asiaten. Also können wir operativ kurzfristig nur Geld verlieren, ich krieg keinen Bonus, also: Warum soll ich die Welt retten?

Könnte es nicht auch sein, dass es wirklich klüger ist, später ein­zusteigen?

Nein! Wenn ich heute weiß, dass ich in der Zukunft etwas können muss, dann muss ich auch heute damit anfangen. Zeit ist der entscheidende Faktor, mit dem ich mir meine Position erarbeite. Die Asiaten haben heute einen zeitlichen Vorsprung bei der Massenproduktion von Batteriezellen. Weil sie früher angefangen haben.

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