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Indiens Premierminister in MoskauViel Lob und nur ganz vage Kritik

Indiens Premier Modi ist bei Putin zu Besuch. Beide umschmeicheln sich mit überschwänglichen Freundschaftsbekundungen.

Indiens Präsident Modi zu Besuch beim russischen Präsidenten Putin in Moskau Foto: Evgenia Novozhenina/reuters

Mumbai taz | Vertraute Bilder, auf denen sich die Staats- und Regierungschefs von Indien und Russland umarmen, machen wieder die Runde. So, als hätte jemand die Uhr zurückgedreht, bevor der Krieg in der Ukraine eskalierte. Doch während Indiens Premier Narendra Modi auf Einladung von Präsident Wladimir Putin zu einem zweitägigen Besuch in Moskau befindet, zerstörte am Montag eine Rakete ein Kinderkrankenhaus im ukrainischen Kyjiw.

Dennoch nützt das Treffen den beiden. Delhi sieht kritisch, wie sich Moskau und Peking seit dem Ukrainekrieg angenähert haben, da Delhi und Peking einen offenen Konflikt im Stillen austragen. Es gibt Sorge über Moskaus Neutralität in einer künftigen chinesisch-indischen Auseinandersetzung. So überraschen jetzt Modis herzliche Worte zu Putin nicht. Längere Zeit hatte Modi öffentliche Treffen mit ihm gemieden.

Für Indien ist dabei wichtig, dass russisches Rohöl inzwischen mehr als 40 Prozent der Ölimporte ausmacht und rund 60 Prozent der indischen Militärausrüstung aus Russland stammt. Moskau andererseits versucht, die Verluste beim Energieexport durch die westlichen Sanktionen zu kompensieren und zu zeigen, dass Russland eben nicht isoliert ist.

Modi ist dabei ein wichtiger Akteur und Freund, der am Dienstag von Putin Russlands höchste staatliche Auszeichnung bekam.

Modi signalisierte in Moskau aber auch, dass er den Westen nicht verprellen möchte. „Es gibt keine Lösung auf dem Schlachtfeld“, sagte Modi laut Regierungskreisen zu Putin. Dialog und Diplomatie seien der richtige Weg, um den Ukrai­ne­konflikt zu lösen. Indien bleibe bei seiner Haltung, dass die UN-Charta einschließlich der territorialen Integrität und Souveränität zu respektieren sei, so der 73-Jährige.

Doch zugleich betonte er bei einer Veranstaltung mit der indischen Diaspora auch: „Die Freundschaft mit Russland ist etwas, das wir sehr schätzen.“ Nach drei Jahren Pause finden dieses Jahr die ersten sonst jährlichen bilateralen Gespräche der Staats- und Regierungschefs statt.

Putin schätze Modis Bemühungen, Wege zur Lösung der Ukrainekrise mit friedlichen Mitteln zu finden, sagte der 71-jährige Kremlchef.

In den vergangenen zehn Jahren trafen sich Modi und Putin 16 Mal, zuletzt 2022 in Usbekistan bei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Modis Abwesenheit beim jüngsten SCO-Gipfel zeige, dass sich Indien in Foren, die eine antiwestliche Agenda verfolgen, zunehmend entfremde, meint Chietigj Bajpaee von der britischen Denkfabrik Chatham House. Trotz dieser Wiederbelebungsversuche sei die Beziehung abgekühlt. Russland suche dagegen Nähe zu Indiens Rivalen China.

Zugleich sollen Kooperationen im Verteidigungssektor und die Produktion russischer Waffen in Indien gestärkt werden. Doch setzt Delhi hier nicht mehr allein auf Russland.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte enttäuscht über Modis Reise nach Russland. Die USA erklärten im Vorfeld, Indien sollte Russland „deutlich machen“, dass es die territoriale Integrität der Ukraine respektieren sollte.

Modis Balanceakt-Reise endet mit einem Abstecher nach Österreich, dem ersten Besuch eines indischen Premierministers dort seit 40 Jahren.

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9 Kommentare

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  • Zwei extreme Nationalisten umarmen sich da.

  • Russland droht im Zuge westlicher Sanktionen gegen seinen Willen zum Vasallenstaat Chinas zu werden. Daran hat auch Indien kein Interesse (ebenso wie "der Westen"). Die mahnenden Worte sind nicht mehr als ein Schauspiel.

  • Mir fehlt für die Empörung über Modis Russland-Politik das Verständnis. Indiens Außenminister, Subrahmanyam Jaishankar, hat es in einem Interview mit dem öst. Standard vor einiger Zeit so treffend auf den Punkt gebracht: "Es kann also nicht sein, dass ihr Interessen habt und wir Prinzipien." Wir legen hier an Indien einen Maßstab an, den wir selbst gerne ignorieren, wenn unsere eigene Bündnispolitik betroffen ist. Diese Doppelmoral mag man in hiesigen Blasen ignorieren - der Rest der Welt nimmt sie zur Kenntnis.

    • @O.F.:

      Wo ist die Empörung und "Doppelmoral des Westens"?

      Selenkyj findet das naturgemäß blöd, ist aber nicht "der Westen".

      Die USA weisen einfach auf eine internationale Geflogenheit hin.

      Empörung sieht anders aus.

      Was meinen Sie also?

      • @rero:

        Es mag Ihnen entgangen sein, aber das Verhalten Indiens wird seit Beginn des Krieges immer wieder thematisiert (deshalb ja auch die Einlassung Jaishankars); natürlich halten sich westliche Staatschefs mit allzu harscher Kritik öffentlich zurück man, aus der zweiten Reihe – und auch seitens hiesiger Medien – sind aber ganz andere Töne zu vernehmen (die mediale Öffentlichkeit ist auch Teil des Westens), Töne, die in Indien gehört und keineswegs goutiert werden. Der Unwille, das auch nur zur Kenntnis zu nehmen, unterstreicht allerdings meinen Punkt.



        Dass die USA auf Gepflogenheiten verweisen, mit denen sie es selbst nicht besonders ernst nehmen, könnte man übrigens auch unter Doppelmoral verbuchen.

  • Sicher lässt sich Modi diese Bilder köstlichst vom russischen Diktator bezahlen, warum sonst sollte man sich mit einem Schwerverbrecher fotografieren lassen.

    • @Tino Winkler:

      Zudem sieht man doch bei jeder Szene, wie gewollt gut gelaunt beide doch versuchen auszusehen, besonders bei Putin mit seiner unnatürlichen Grimasse.



      Mir kann doch keiner erzählen, dass man gerne nach Russland fliegt, um Putin zu treffen. Wahrscheinlich wird es wie jedes mal, wenn jemand was von Putin will, um Rohstoffe gehen.

    • @Tino Winkler:

      Mir geht es jetzt nicht speziell um Modi, aber Verbrecher fühlen sich oft von noch schlimmeren Verbrechern magisch angezogen. Gleichzeitig haben sie panische Angst vor ihnen und tun alles, um "Lass es wie einen Unfall aussehen" hinauszuzögern.

  • Zu diesen Fotos und den täglichen entsprechenden in den anderen Medien bitte die Fotos von Tod und Zerstörung in der Ukraine daneben-kleben. Ebenso die vom Widerstand in Georgien.