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Import des grünen WasserstoffsGute Wünsche für grünen Wasserstoff

Die Klima-Allianz und das Wuppertal-Institut legten Kriterien für den Import grünen Wasserstoffs vor. Auch die Produktionsländer sollen profitieren.

Hage Gottfried Geingob, Präsident von Namibia während eines Treffens mit Wirtschaftsminister Habeck am 5.12.2022 Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Ein paar Fragen haben die Ver­tre­te­r:in­nen der lokalen namibischen Bevölkerung. In ihrem Brief wollen sie Ende 2023 unter anderem wissen: Wie viele Arbeitsplätze werden entstehen? Wird die Stromversorgung besser? Das Schreiben an die namibische Regierung gibt einen Eindruck von den Interessenkonflikten in der nächsten Runde des globalen Handels.

Dabei geht es auch um klimafreundlich hergestellten Wasserstoff. Industrieländer wie Deutschland brauchen ihn künftig, um fossile Energie zu ersetzen. Länder wie Namibia, Marokko oder Chile könnten ihn liefern. Ausgehend von der Hafenstadt Lüderitz in Namibia planen etwa deutsche Unternehmen den Aufbau einer Produktionsinfrastruktur für sogenannten grünen Wasserstoff, der mittels Strom aus Solar- und Windkraftwerken erzeugt werden soll.

Als Grundlage für solche Vorhaben legten die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, sowie das Wuppertal-Institut für Umwelt, Klima, Energie am Montag einen Kriterienkatalog vor. Diesen sollten die Bundesregierung, die EU und möglichst auch die Industriestaatengruppe G7 berücksichtigen, sagte Klima-Allianz-Vorständin Christiane Averbeck. Die Veröffentlichung fand statt, kurz bevor die Bundesregierung eine eigene Strategie für den Wasserstoff-Import präsentieren will.

Ein wichtiges Kriterium der Klima-Allianz besteht darin, dass es in den Produktionsländern nicht zu Wasserknappheit kommen darf. Es sind nämlich große Mengen Wasser nötig, um in industriellem Maßstab Wasserstoff zu produzieren. Weil großflächige Anlagen gebraucht werden, kann es unter anderem auch zu Konflikten mit dem Naturschutz kommen, die es nach Ansicht der Klima-Allianz zu vermeiden gilt.

Bevölkerung soll mit entscheiden können

Außerdem sollten die Projekte so angelegt sein, dass sie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Produktionsländern befördern. Ein guter Teil der Ökoenergie müsste also vor Ort genutzt werden. Schließlich müsste die Bevölkerung im Umkreis der neuen Anlagen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden und den Produktionsländern ein Teil der Einnahmen zugute kommen.

Diese geforderten Standards sind so anspruchsvoll, dass sie eher Ausschlusskriterien gleichen. Absehbar ist, dass sie in den konkreten Projekten nicht komplett berücksichtigt werden. Konflikte sind programmiert – zumal nicht die Bundesregierung alleine entscheidet. Ein guter Teil des künftigen Wasserstoffhandels wird wohl über internationale Firmenkonsortien und Häfen wie Rotterdam abgewickelt.

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6 Kommentare

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  • Mir ist es ziemlich gleichgültig, was Herr Wissing will oder nicht will.



    Es geht um technisch und finanziell machbare Lösungen für die Energiewende.

  • Wasserstoff ist äußerst unhandlich bezüglich Transport und Lagerung. Folglich schwirren die "genialsten" Ideen in manchen Gehirnen herum: Bindung an Magnesium als Magnesiumhydrid (feuchtigkeitsempfindlicher Feststoff) oder an Stickstoff als Ammoniak, etc.



    Die naheliegendste Lösung wäre wohl zu einfach: Bindung an Kohlenstoff.

    • @sollndas:

      Der geniale Herr Wissing hatte diese Idee der Bindung an Kohlenstoff auch schon. Damit er auch wirklich grün ist der Wasserstoff, will er nun Atomstrom dafür verwenden. Das Licht am Ende des Tunnels ist sichtbar.

  • Alles nur eine Luftnummer: Am Persischen Golf, wo die Entsalzungsanlagen inzwischen fast jedes Leben im Ozean unmöglich machen und immer mehr Energie (=Oil) aufgewandt werden muss, um dort Trinkwasser herstellen zu können, zeigt sich, dass dort auf absehbare Zeit keine Wasserstoffproduktion mangels Süsswasser möglich sein wird. Nichts ist mit dem Märchen vom Wasserstoff aus Süßwasserarmen Wüstenländern wie Namibia, Lindners Marokko oder Arabiens. Alles Lüge (und viel zu teuer) !

  • Wasserstoff war schon für die NASA schwer zu handhaben. Man suche nach X-15 und den ganzen Handling-Problemen (innerhalb einer militärischen, quasi open-budget Veranstaltung).

    Klar, wir lagern die Produktion nach Afrika aus. Wohin denn sonst? Weil es dort die qualifiziertesten Techniker gibt?

    Nee, weil es dort egal ist, wenn so ein ganzer Laden in die Luft fliegt.

    Gotte bewahre uns wor flächendeckendem Wasserstoff-Einsatz. Da fliegt dann jeden Tag woanders ein Dorf in die Luft.

    Stichwort: Molekülgröße!

  • Transportfähig ist der Wasserstoff selbst nicht, denn er muss auf -250°C gekühlt werden. Es gibt weltweit nur ein kleines Schiff, das dafür geeignet ist. Also wird aus Wasserstoff und Stickstoff Ammoniak synthetisiert (Haber-Bosch Verfahren, deutsche Erfindung). Ammoniak muss "nur" auf -33°C gekühlt werden, so dass er wie LNG von großen Schiffen um die Welt gefahren werden kann. Ammoniak ist das neue Erdöl. Das Geschäft wollen nicht nur die Rotterdamer machen, auch im Hafen Hamburg wird bereits ein Ammoniak-Terminal geplant. Es hat eine Kapazität, dass es pro Woche von einer schwimmenden Thermoskanne mit 12.000 Tonnen beliefert werden soll. Da darf nichts schiefgehen! Bei normaler Temperatur ist Ammoniak ein Gas mit den Gefahrstoffetiketten "umweltgefährlich", "ätzend" und "giftig". Die Schiffe müssten die Totenkopfflagge führen!