Impeachment-Verfahren gegen Trump: Nach dem Freispruch folgt die Rache
Zwei Zeugen der Ermittlungen werden von ihren Posten entfernt. Derweil zoffen sich die demokratischen KandidatInnen in einer weiteren TV-Debatte.
Trump war am Mittwoch vom Senat mit der Mehrheit seiner Republikaner von den Vorwürfen des Machtmissbrauchs und der Behinderung der Kongress-Ermittlungen freigesprochen worden. Am Donnerstag feierte er vor Kabinettsmitgliedern, hochrangigen Republikanern und Unterstützern im Weißen Haus mit einer Ansprache das Ende des Amtsenthebungsverfahrens.
Kurz zuvor hatte seine Sprecherin Stephanie Grisham bei Fox News gesagt, dass Trump den Anlass nutzen werde, um darüber zu sprechen, wie „entsetzlich“ er behandelt worden sei – „und dass vielleicht Leute dafür bezahlen sollten“.
Was sie damit gemeint haben könnte, ist seit Freitag klarer. Der 44-jährige Offizier Vindman hatte im November als Zeuge bei den Anhörungen im Zuge der Ermittlungen für ein Amtsenthebungsverfahren seine Kritik an den Aussagen Trumps bei einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski kundgetan. Das Telefonat hatte die Ermittlungen der Demokraten ins Rollen gebracht und zur Formulierung der zentralen Vorwürfe geführt: Dass Trump seinen ukrainischen Amtskollegen zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden ermuntert hatte, um die Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Vindman sagte im US-Kongress aus: „Es war unangebracht, es war unangemessen vom Präsidenten, eine Untersuchung eines politischen Gegners zu erbitten, einzufordern.“ Vindman hatte das Gespräch nach eigenen Angaben live mitgehört.
Sondland war ebenfalls ein Schlüsselzeuge in den Impeachment-Ermittlungen. Er hatte ausgesagt, im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet zu haben. Giuliani habe ein „Quid pro quo“ – also eine Gegenleistung – für ein Treffen Selenskyjs mit Trump im Weißen Haus verlangt. Kiew sollte demnach im Gegenzug zunächst öffentlich Untersuchungen zum Schaden Bidens ankündigen. Bemerkenswert war die Aussage wegen Sondlands Nähe zu Trump: Sondland ist ein Unternehmer, der dem Trump-Team eine Million Dollar gespendet hatte und später zum Botschafter ernannt wurde.
Mit Rauswurf schon gerechnet
Vindmans Anwalt David Pressman erklärte in einer Mitteilung: „Der mächtigste Mann der Welt (...) hat entschieden, sich zu rächen.“ Vindman sei Anweisungen gefolgt, habe seinen Eid befolgt und seinem Land gedient – und habe gehen müssen, weil er die Wahrheit gesagt habe. Pressman erklärte auch, sein Mandant sei aus dem Weißen Haus „eskortiert“ worden.
Trump hatte kurz zuvor zu Reportern im Garten des Weißen Hauses über Vindman gesagt: „Nun ja, ich bin nicht zufrieden mit ihm.“ Er gab vor, nicht derjenige zu sein, der die Entscheidung über dessen Zukunft im Weißen Haus treffen würde. Trump hatte die Vorwürfe gegen ihn stets zurückgewiesen und das Amtsenthebungsverfahren als „Hexenjagd“ verurteilt. Nach seinem Freispruch verbreiten er und seine Unterstützer den Satz: „Für immer freigesprochen.“
Der Offizier hatte seinen Rauswurf nach dem Freispruch Trumps im Amtsenthebungsverfahren offensichtlich erwartet. Vindman habe Mitarbeitern gesagt, er rechne damit, in den nächsten Wochen ins Verteidigungsministerium zurückzukehren, berichtete der Sender CNN. Planmäßig wäre Vindman erst im Juli mit Ablauf seiner zweijährigen Berufung aus dem Nationalen Sicherheitsrat ausgeschieden, hieß es weiter.
Die Sprecherin des Repräsentantenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, kritisierte die Entscheidung des Weißen Hauses gegen Vindman scharf: „Die beschämende Entlassung von Oberstleutnant Vindman war ein klarer und dreister Akt der Rache, der die Angst des Präsidenten vor der Wahrheit zum Ausdruck bringt.“ Der führende Anklagevertreter des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, erklärte: „Das sind die Handlungen eines Mannes, der glaubt, über dem Gesetz zu stehen.“
Buttigieg und Sanders unter Beschuss
Unterdessen haben sich die PräsidentschaftsbewerberInnen der US-Demokraten kurz vor der nächsten Vorwahl in New Hampshire einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Bei der TV-Debatte am Freitag standen insbesondere Pete Buttigieg und Bernie Sanders, die bei der Vorwahl in Iowa am Montag an der Spitze standen, unter Beschuss.
Der 38-jährige moderate Ex-Bürgermeister Buttigieg sah sich mit Vorwürfen konfrontiert, er sei zu unerfahren für das Präsidentenamt. „Wir haben einen Neuling im Weißen Haus und schauen Sie, wohin uns das gebracht hat“, sagte Senatorin Amy Klobuchar in Anspielung auf US-Präsident Donald Trump.
Der linksgerichtete Senator Sanders warf Buttigieg zudem vor, der Kandidat der Wall Street zu sein. „Ich habe keine 40 Milliardäre, Pete, die zu meiner Kampagne beitragen“, sagte der 78-jährige. Buttigieg rief wiederum in einem Seitenhieb auf Sanders dazu auf, einen Kandidaten zu nominieren, der „die Politik der Vergangenheit in der Vergangenheit lässt“.
Der frühere Vizepräsident Joe Biden, der bei der Vorwahl in Iowa nur auf Rang vier landete, erklärte zudem, Sanders Politik sei zu radikal, um die Amerikaner zu vereinen. So drohe etwa sein Plan für die Gesundheitsfürsorge, die Nation zu spalten. Darüber hinaus sei er zu teuer und kaum durch den Kongress zu bringen.
Biden trat aggressiver als in früheren TV-Debatten auf und argumentierte, die aktuellen weltweiten Spannungen erforderten einen erfahrenen Staatsmann an der Spitze der Nation. Der 77-Jährige räumte ein, dass er einen harten Kampf vor sich habe. „Ich musste in Iowa einstecken, und ich werde wahrscheinlich auch hier einstecken müssen“, sagte er. Sanders werden gute Chancen zugeschrieben, die Vorwahl in New Hampshire für sich zu entscheiden, da der Bundesstaat an seinen Heimatstaat Vermont grenzt.
An der TV-Debatte nahmen auch Senatorin Elizabeth Warren, der Unternehmer Andrew Yang und der Milliardär Tom Steyer teil. Die nächsten Vorwahlen finden am Dienstag im Bundesstaat New Hampshire statt. Ihren Kandidaten nominieren werden die Demokraten nach dem Ende der Vorwahlen bei einem Parteitag im Juli.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich