Illegale „Umerziehung“ Homosexueller: Geheime Kurse in Spanien aufgedeckt

Ein Bistum nahe Madrid bietet „Heilung“ von Homosexualität an. Ein Journalist hat diese illegalen Konversionstherapien aufgedeckt.

Drei Männer sitzen mit einer Regenbogenfahne vor einer Kirche im spanischen Bistum in Alcalá de Henares und protestieren gegen die Konversionstherapien.

Seit die illegalen Therapien bekannt wurden, protestieren LGBTI-Aktivist*innen dagegen Foto: imago-images/ZUMA Press/Juan Carlos Lucas

MADRID taz | Das Bistum in Alcalá de Henares, einer Stadt unweit von Madrid, führt geheime Kurse durch, in denen Homosexualität „geheilt“ werden soll. Das hat jetzt der Journalist Ángel Villascusa der spanischen Onlinetageszeitung eldiario.es aufgedeckt. Er gab sich als Schwuler aus, der seine sexuelle Orientierung bekämpfen wolle und besuchte eine erste Sitzung der „Umerziehungstherapie“ im Familienberatungszentrum der Diözese.

Diese Art von pseudotherapeutischen Programmen sind in der Region Madrid gesetzlich verboten – auch dann, wenn der Betroffene freiwillig dort hingeht. Das regionale Gesetz gegen LGTBI-Phobie verbietet alles, was darauf abzielt, die Geschlechtsidentität zu ändern. Es drohen Strafen von bis zu 45.000 Euro. Experten des Rates der Psychologen in Spanien warnen, dass solche Programme zu „Angstneurosen und zu Selbstmord führen können“.

„Ich könnte dafür ins Gefängnis kommen“, erklärte dem Bericht zufolge auch die „Therapeutin“ zu Beginn der Sitzung und mahnte den „Patienten“ zum Schweigen auch gegenüber engsten Vertrauten, Familie und Freunden. „Sie haben bereits eine tief verwurzelte Angewohnheit. Um mit einem Mädchen eine Beziehung zu haben, müssen Sie sich selbst kontrollieren.“

In einem Dokument, dass die Beraterin, die über keinerlei ärztliche Ausbildung verfügt, ihrem vermeintlichen Patienten vor der Sitzung zuschickte, ist von „einer Verletzung, die geheilt werden kann“ die Rede. Es wird empfohlen, „weniger zu masturbieren und keine Pornografie zu konsumieren“. Schuld am „Fehlverhalten“ sei unter anderem die elterliche Erziehung.

Homosexualität wird als Trauma bezeichnet

Die versandten Dokumente sprechen nicht von Homosexualität sondern von einem „Trauma AMS/PMS“ – der Anziehung und Projektion gegenüber Menschen des gleichen Geschlechts. „AMS ist der Schrei, der Alarm, das Fieber, das Sie warnt, dass etwas in Ihnen reifen muss, kultiviert werden muss. Wenn die schwule Lüge/Manipulation nicht alle Ecken und Enden unserer Welt überflutet hätte […] wäre es ein Leichtes, […] die Anziehungskraft für das gleiche Geschlecht zu überwinden“, heißt es dort.

„Dank anonymer Hinweises hatten wir seit einigen Wochen Kenntnis von dem, was im Bistum vor sich geht“, erklärte Eduardo Rubiño, Abgeordneter der linksalternativen Podemos. Die Recherchen hätten geholfen, die Informationen zu vervollständigen. Der Parlamentarier erstattete umgehend Anzeige gegen das Bistum in Alcalá de Henares.

Nach der Veröffentlichung des Artikels auf eldiario.es meldeten sich weitere Betroffene. Die Anzeige wird von LGTBI-Gruppen unterstützt. „Lieben kann nicht geheilt werden. Die LGTBI-Phobie schon“, erklärte Santiago Rivero, Sprecher der größten spanischen Homosexuellenvereinigung Cogam Selbst der Verbraucherschutzverband Facua meldete sich zu Wort und sprach von „schwerwiegenden Vorfällen“.

In einer Stellungnahme verteidigte das Bistum die Kurse. Sie würden nicht der „Umerziehung“ dienen, sondern der „integralen, spirituellen und seelsorgerischen Begleitung“. Alle Anschuldigungen seien deshalb „Diffamierung“ und „Fake News“.

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