IS-Kämpfer erobern christliche Städte: Christen auf der Flucht
Nördlich von Mossul nehmen Islamisten vier weitere Städte ein, darunter die größte christliche des Irak. Die verfolgten Christen fliehen in Scharen in die kurdischen Gebiete.
BAGDAD/PARIS dpa/afp/rtr | Die sunnitischen Rebellen des Islamischen Staates (IS) haben am Donnerstag im Norden des Iraks vier weitere Städte erobert. Die radikal-islamischen Kämpfer seien in der Nähe des Kurden-Gebietes vorgerückt, berichteten Augenzeugen. Sie hätten Machmur, Al Kwair und die überwiegend von Christen bewohnte Stadt Tal Kaif unter ihre Kontrolle gebracht. Nach Berichten von Augenzeugen haben die IS-Kämpfer auch die größte christliche Stadt des Landes, Karakosch eingenommen.
Bewohner von Tal Kaif berichteten, dass IS-Kämpfer die zuvor dort stationierten kurdischen Soldaten vertrieben hätten. Die meisten Familien seien daraufhin in die zum kurdischen Autonomiegebiet gehörende nördliche Provinz Dohuk geflohen. Damit sind die vor allem von Christen bewohnten Gebiete rund um Mossul in Hand der Dschihadisten.
Tal Kalif liegt rund 20 Kilometer nördlich von Mossul. Mossul wurde für den IS zur Operationsbasis, nachdem die Terrormiliz die Stadt Anfang Juni komplett erobert hatte. Nach Angaben der Vereinten Nationen flohen bisher rund 200 000 Menschen aus Angst vor der Schreckensherrschaft der IS-Extremisten.
Nach Angaben des obersten geistlichen Führers der chaldäischen Minderheit seien allein 100.000 Christen auf der Flucht vor den vorrückenden Dschihadisten. Die Kämpfer der IS seien dabei, Kreuze aus den Kirchen des Landes abzunehmen und religiöse Schriften zu verbrennen, sagte der christlich-chaldäische Patriarch Louis Sako am Donnerstag.
Angesichts des Vormarsches der Islamisten im Irak verlangt Frankreich eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius erklärte am Donnerstag in Paris, die internationale Gemeinschaft müsse handeln, um „der terroristische Bedrohung im Irak entgegenzutreten und Hilfe und Schutz für die bedrohte Bevölkerung zu leisten“. (afp)
Die Zahl der Christen im Irak wird auf etwa 400.000 geschätzt. Vor dem Einmarsch der US-Armee in das Zweistromland im Frühjahr 2003 wurde ihre Zahl noch mit zwischen einer Million und anderthalb Millionen angegeben. Die UNO spricht schon seit einiger Zeit von einem „Massenexodus“ der Christen. Nach der Eroberung Mossuls hatten die IS-Kämpfer den Christen ein Ultimatum gestellt und mit dem Tod gedroht. Seitdem fliehen die verbliebenen Christen in Scharen aus Mossul und der Provinz Ninive.
Asyl in Frankreich
In Frankreich sind am Donnerstagmorgen elf Christen aus dem Irak angekommen, die in dem Land vorläufig Asyl bekommen. Es handle sich um die ersten Christen aus dem Irak, die seit der Ankündigung der französischen Regierung angekommen seien, der von Islamisten verfolgten Minderheit vereinfacht Asyl zu gewähren, teilte die Hilfsorganisation AEMO mit. Die elf Flüchtling, alle Mitglieder einer Familie, zeigten sich bei ihrer Ankunft am Flughafen in Paris „erleichtert“. Die Lage vor Ort für die Christen im Irak beschrieben sie als „katastrophal“.
Die nun in Paris eingetroffenen irakischen Christen aus Mossul sind Verwandte des einstigen Erzbischofs Faradsch Raho, der im März 2008 dort entführt und ermordert worden war. Die Familie bekam daraufhin einen besonderen Schutz. Ihre Visa-Anträge für Frankreich hatten sie schon vor der Ankündigung der französischen Regierung gestellt. Ein Asyl-Visum ist zunächst sechs Monate gültig. Dann muss ein Antrag auf Flüchtlingsstatus genehmigt werden
Leser*innenkommentare
Links234
Nun schaffen es einfache Kommentare, die scheinbar nicht ins Bild der Macher passen, nicht meht in die Öffentlichkeit. O tempora o mores ...
shamouti
@Links234 Non est propheta sine honore nisi in patria sua...
Links234
@shamouti Corruptio optimi pessima.
shamouti
@Links234 Ach, hach und jach...
tommy
Warum greift der Westen nicht ein? Ich finde es beschämend, dass man diesen Vertreibungen und dem Morden an Minderheiten untätig zuschaut, zumal ISIS eindeutig auch unsere Feinde sind.
Huitzilopochtli
Die Religion des Friedens bei der Arbeit.
shamouti
Keine Kommentare, keine Demonstartionen, nichts, gar nichts. Zu weit weg? Aber auch nicht viel weiter als Gaza. Zu unwichtig? Nur Christen? Nichts, was ins vorgestanzte Weltbild paßt? Traurig, sehr sehr traurig....
christine rölke-sommer
@shamouti wo und wann genau findet denn die von Ihnen angemeldete demo statt?
shamouti
@christine rölke-sommer Voraussichtlich morgen in Stuttgart. Herzlich willkommen!
Senckbley
In der Schweiz wird jetzt immerhin ernsthaft überlegt, wie man diesen Menschen helfen kann.
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/15014956
shamouti
@Senckbley Immerhin. Fragt sich nur A) wie kommen die in die Schweiz? Holt die Schweizer Armee sie in der Wüste ab? B) In welchen Zustand werden sie sein, wenn jemand dort ankommt? Lebend? Halblebend? Mumifiziert? Ich weiß, meine Worte liegen irgendwo zwischen Ironie und Sakasmus. Das muß man sich mal klarmachen: in der "Zeit" wird berichtet, daß tausende in der Wüste sind. Nur ihre Kleider ab Leib. Sonst nix!!! Wasser???? http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/is-irak-terror-christen und weitere Artikel in der "Zeit" zu diesem Thema.