Hungerkatastrophe im Sudan: Wie viel ein Menschenleben wiegt
Die Lage in Sudan ist katastrophal. Die Staatengemeinschaft tut sich mit Desinteresse hervor, sie hat vermeintlich andere Sorgen.

S udan hat 48 Millionen Einwohner. Über 25 Millionen davon haben so gut wie nichts mehr zu essen. Knapp eine Million dürfte demnächst verhungern. Weitere Millionen könnten in den kommenden Monaten folgen. Das haben die führenden Hilfswerke der Welt jetzt festgestellt. Normalerweise würde man schreiben, sie hätten „Alarm geschlagen“, aber dazu müsste jemand alarmiert sein.
Die internationale Politik hat andere Sorgen. Krieg in Nahost, Rechtsruck in Europa und den USA, Säbelrasseln in Moskau und Peking – all das überfordert die Mächtigen der Welt. Das ist logisch, hängen doch an all diesen Entwicklungen viele Politikerkarrieren. Dennoch sollte hinterfragt werden, ob etwa der Verbleib von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin wirklich von höherem politischem Stellenwert ist als der drohende Hungertod von einer Million Sudanesen.
Wie viel wiegt ein Menschenleben im politischen Bewusstsein der Welt? Nichts. Wie viel wiegen eine Million Menschenleben? Eine Million mal nichts. Das ist die grausame Realität. Politischer Mut würde bedeuten, diese Realität verändern zu wollen. Aber wo bleibt die globale Initiative gegen den Krieg in Sudan, die Hoffnung machen könnte? Die machtgierigen Generäle, die ihr Land seit April 2023 verwüsten, gehören aus dem Verkehr gezogen. Ihre Waffenlieferanten gehören vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen.
Die Menschen in Sudan und auch die vielen, die Sudan verlassen mussten, brauchen Überlebensperspektiven. Aber nichts davon passiert. Es werden Geschäfte gemacht, viel zu wenig Hilfe geliefert und ansonsten ab und zu „tiefe Besorgnis“ geäußert. Auch das ist eine politische Entscheidung, und zwar eine abgrundtief zynische.
Es naht die Zeit, in der sich Europa darüber freuen wird, dass weniger Flüchtlinge ankommen. Sollten aus Sudan einmal die Flüchtlingsströme versiegen, werden Nachbar- und Geberländer das feiern. Vielleicht aber kommt bald niemand mehr aus Sudan, weil sie alle tot sind. Und es wird nicht einmal Gräber geben, an denen man ihrer gedenken kann.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links