Humanitäre Lage in Xinjiang: Bericht zu Uiguren verschoben
Die UN-Kommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet gibt erneut dem Druck Chinas nach. Damit beschädigt sie auch das Ansehen ihres Amtes.
Inhaltsverzeichnis
Bachelet hatte den Report immer wieder verschoben. Dabei hieß es im vergangenen Jahr, dass dieser schon „nahezu fertig“ sei. Doch Peking übte wiederholt massiv Druck aus, um eine Publikation vor den Olympischen Winterspielen im Februar zu verhindern. Bachelet fügte sich und wurde im Gegenzug mit der Erlaubnis belohnt, nach Xinjiang einzureisen zu dürfen.
Doch ihr Besuch im Mai war hochgradig inszeniert. Bachelet ließ sich dabei für das chinesische Propagandaspiel einspannen: Während ihrer abschließenden Pressekonferenz antwortete sie auf die Fragen der chinesischen Staatsjournalisten über die Menschenrechtsverbrechen der Vereinigten Staaten mit ellenlangen Schilderungen, während sie die Verbrechen in Xinjiang nicht einmal beim Namen nannte. Die Straflager nannte sie „Fortbildungszentren“.
Längst ist hinreichend dokumentiert, dass es sich bei den Einrichtungen in Xinjiang nicht um freiwillige Ausbildungsstätten, sondern um politische Umerziehungslager handelt, die sich gezielt gegen die muslimische Minderheit der Uiguren richten.
Bachelet bestätigt „enormen Druck“ von mehreren Stellen
Mit ideologischer Gehirnwäsche und physischer Folter soll ihre kulturelle Identität gebrochen, möglicherweise sogar ausgelöscht werden, lautet der Vorwurf etlicher Nichtregierungsorganisationen. Mehrere Regierungen haben die Menschenrechtsverbrechen als „kulturellen Genozid“ eingestuft.
Chinas Regierung verzögert nun mit einem taktischen Schachzug die Publikation erneut: Laut Bachelet habe Peking einen „wesentlichen Beitrag“ eingereicht, „den wir sorgfältig prüfen müssen“. Erst dann könne man den Bericht veröffentlichen.
Am Donnerstag bestätigte Bachelet auf Nachfrage eines Journalisten, es habe von mehreren Stellen „enormen Druck“ gegeben. Damit setzt sie den Druck der Opfer, für Gerechtigkeit zu sorgen, und den Druck des Täterregimes, das seine Menschenrechtsverbrechen unter den Teppich kehren möchte, gleich.
In China wird über die Causa nicht berichtet. Die deutsche Botschaft in Peking hat auf der chinesischen Onlineplattform Weibo dazu aufgerufen, Bachelet möge den Menschenrechtsbericht noch vor Ende ihres Mandats veröffentlichen. Wie zu erwarten reagierten die chinesischen Internetnutzer vor allem mit diffamierenden Kommentaren: „Wie konnte eine solch großartige Nation zu einem solchen Hund werden?“, schreibt einer über Deutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin