Hochstufung der AfD Brandenburg: Rechte Aufräumerin
Brandenburgs Innenministerin begründet die Entlassung ihres Verfassungsschutzchefs: Dieser habe sie erst verzögert über die Hochstufung der Landes-AfD informiert.
Sie habe von der vorgenommenen Neubewertung des Verfassungsschutzes am 14. April erst Wochen später erfahren, erklärte Lange am Mittwoch in Potsdam. Konkret sei ihr der Einstufungsvermerk vor zwei Tagen zugegangen. Im Innenausschuss des Landtags in Potsdam kritisierte Lange in dem Zusammenhang vor allem den bisherigen Brandenburger Verfassungsschutzchef Jörg Müller.
Die Ministerin in der Landesregierung aus SPD und BSW hatte Müller am Dienstag kurzerhand gefeuert. Nun legte sie nach: Die Bewertung hätte ihr unverzüglich zur Verfügung gestellt werden müssen. Schon zuvor hatte Lange mitgeteilt: „Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit ist nicht mehr gegeben.“
Der 52 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirt Müller arbeitete lange im Potsdamer Innenressort. Seit 2020 stand er an der Spitze der Verfassungsschutzabteilung. Der politische Beamte war von Langes Vorgänger, dem damaligen CDU-Innenminister Michael Stübgen, ernannt worden. Nach über fünf Jahren soll Müller jetzt in den einstweiligen Ruhestand abgeschoben werden. Müller erklärte dazu: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Daran, dass er die AfD für rechtsextrem hält, ließ er nie einen Zweifel.
SPD-Innenministerin gegen AfD-Verbot
Am vergangenen Freitag hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Gesamt-AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Anders als etwa die Spitzen der Berliner SPD, die ein Verbotsverfahren spätestens jetzt für „unausweichlich“ halten, hatte die Brandenburger Genossin Lange wenig energisch auf die Entscheidung reagiert.
Die AfD müsse durch eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung und nicht auf juristischem Weg bekämpft werden, forderte die Innenministerin. Auch den Zeitpunkt der Bekanntgabe der AfD-Einstufung wenige Tage vor der Bildung der neuen Bundesregierung kritisierte sie. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD lehnt Lange ohnehin ab.
Lange gehört innerhalb der märkischen SPD klar zum rechten Parteiflügel. Als Finanzministerin in der rot-schwarz-grünen Vorgängerregierung hatte sie mit Beharrlichkeit die Russland-Sanktionen kritisiert – und sich insbesondere auf die Grünen eingeschossen.
In der seit Dezember amtierenden neuen Regierung mit dem BSW ist Lange dafür zuständig, eine harte Linie in der Innenpolitik durchzudrücken. Das heißt laut Koalitionsvertrag vor allem eines: deutlich mehr Abschiebungen. Im Landtag erhält sie dafür öfter Applaus von der AfD, die in Brandenburg die zweitstärkste Fraktion stellt.
Konkrete Hochstufungspläne seit 2024
Schon im November vergangenen Jahres soll es im Verfassungsschutz Brandenburg konkrete Pläne gegeben haben, die AfD hochzustufen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl und dem Eindruck einer Einflussnahme der Politik sei dies gestoppt worden, hieß es damals.
Zur jetzt tatsächlich vorgenommenen Neueinstufung des Landesverbands durch den eigenen Verfassungsschutz gab Katrin Lange lediglich zu Protokoll, dass sie seit dem 5. Mai noch nicht die Zeit hatte, den entsprechenden Vermerk zu lesen und sich damit auseinanderzusetzen.
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