Hochrangiger Polizist suspendiert: Falscher Applaus

Der Leiter eines Polizeireviers in Sachsen-Anhalt soll den Teil­neh­me­r*in­nen einer Coronademo applaudiert haben. Nun wurde er freigestellt.

Polizisten mit Helmen bei einer Demonstration.

Zur Neutralität verpflichtet: Polizisten bei einer Coronademo Anfang Dezember in Halberstadt Foto: Matthias Bein/dpa

BERLIN taz | Beamte sind dem Neutralitätsgebot verpflichtet und sollen der gesamten Bevölkerung dienen. Dagegen hat jedoch mutmaßlich ein hochrangiger Polizist in Sachsen-Anhalt verstoßen: Der Leiter des Polizeireviers Saalekreis soll den Teil­neh­me­r*in­nen einer Coronademonstration am vergangenen Freitag in Merseburg applaudiert haben. Darum hat ihn das Ministerium wohl nun suspendiert.

Etwa 350 Personen demonstrierten in Merseburg gegen die Coronamaßnahmen. Auf Videos ist zu sehen, wie die meisten Teil­neh­me­r*in­nen ohne Maske und Abstand durch die nächtliche Stadt südlich von Halle zogen. Im Hintergrund blinkten Blaulichter – auch die Polizei war vor Ort. Aber obwohl sich die De­mons­tran­t*in­nen nicht an die Auflagen für die Versammlung hielten, brach sie den Protest nicht ab.

Lange Reden hielten vor allem AfD-Politiker auf der Demonstration. So behauptete zu Beginn Sven Eber, der für die Rechtsaußenpartei im Kreistag sitzt, die Regierenden würden „einer Nichtwissenschaftlichkeit, einem Hirngespinst“ hinterherrennen. Etwas später las der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Wald von einem Zettel ab, in Deutschland entstehe ein „sanfter Autoritarismus“. Seine Fraktion kämpfe dagegen täglich im Landtag, aber „die Zeit für Plenardebatten und Ausschusssitzungen ist allmählich vorbei“. Fast zwei Stunden lang lief die Demonstration durch Merseburg. Wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtete, hätten sie zum Schluss der Polizei applaudiert. Der Leiter des Polizeireviers Saalekreis sei daraufhin ebenfalls klatschend auf die Menge zugegangen. Das sachsen-anhaltische Innenministerium will den Vorfall nun aufklären.

Fragen der taz ließ das Innenministerium bis zum Redaktionsschluss weitestgehend unbeantwortet und machte mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte des Beamten auch keine Angaben zu dessen Identität. Es bestätigte aber, einem Beamten sei verboten worden, weiter die Dienstgeschäftsstelle zu führen. Das solle „den Ansehensschaden für die Landespolizei insgesamt und insbesondere für das Polizeirevier Saalekreis begrenzen“.

Deutschlandweit kommt es zurzeit zu Demonstrationen gegen die Pandemiemaßnahmen. Teil­neh­me­r*in­nen greifen dabei in vielen Fällen Jour­na­lis­t*in­nen oder Polizeibeamte an. Solche Angriffe blieben in Merseburg aus. Aber in derselben Nacht attackierten Unbekannte dort ein künftiges Impfzentrum. Nach Angaben der zuständigen Polizeiinspektion Halle beschädigten sie die doppelt verglaste Außenscheibe. Die Polizei habe drei Einschlagstellen festgestellt. Was die Polizei nicht erwähnt: Fotos zeigen noch zwei Aufkleber mit Nazisymbolen, die auf der Ausgangstür kleben.

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