Klimakonferenz in Bonn: Die Hütte brennt

Bei der Klimakonferenz geht es vor allem um technische Details in Sachen Klimapolitik. Die Waldbrände in Kanada sind nur am Rande Thema.

Mehrere Personen halten ein Transparent, eine Person hält eine Megafon

„End fossil fuels“ fordern Ak­ti­vis­t:in­nen bei der Bonner Konferenz am 07. Juni Foto: Riham Alkousaa/reuters

BONN taz | Auf der Bonner Klimakonferenz brennt die Hütte – aber nur im übertragenen Sinne. Während die Daten und Grafiken zum rasanten Tempo des Klimawandels und seiner Folgen allen Delegierten klar sind, finden die aktuellen Waldbrände in Kanada kaum Widerhall in den Debatten. Denn offiziell steht das Desaster nicht auf der Tagesordnung.

Das heißt: Eigentlich gibt es nicht einmal eine ordentliche Tagesordnung, weil sie wegen eines Streits über Verfahrensfragen blockiert ist. Trotzdem verhandeln die Delegierten über drängende Fragen: Wird die nächste Konferenz den Ausstieg aus den Fossilen beschließen? Welche Folgen soll die globale Zwischenbilanz haben? Wie ernsthaft wird über eine Senkung der Emissionen verhandelt? Wie weit sind die Delegationen bei der Umsetzung des Fonds für klimabedingte Schäden?

„Offiziell sind die Brände hier kein Thema, ich habe jedenfalls nichts davon gehört“, sagt Sven Harmeling, der als Beobachter für die Hilfsorganisation Care seit Jahren das Thema Anpassung an den Klimawandel vorantreibt. Auch andere Delegierte sagen, dass die Bilder vom orangefarbenen Smog über New York City natürlich auf den Korridoren geteilt und besprochen werden. Aber in die offiziellen Gespräche auf der technischen Ebene dringt das Thema nicht durch.

„Hier sind ja auch nicht die Minister, die das politisch bewerten würden“, sagt eine Delegierte. Die Spezialisten, die in Bonn auf der technischen Ebene die nächste Klimakonferenz COP28 in Dubai vorbereiten, konzentrieren sich auf die strittigen Detailfragen, und von denen gibt es mehr als genug. Auch die NGOs sind in Bonn nur in kleinen Gruppen vertreten und reagieren kaum auf die aktuellen Ereignisse.

Verursacher der Krise im Fokus

Würde sich die Konferenz offiziell mit den Bränden befassen, wäre das wohl ein weiteres Beispiel dafür, dass Klimaschäden und die Auswirkungen der Krise in den Industriestaaten viel mehr Aufmerksamkeit finden, obwohl sie weniger Schäden anrichten und deutlich weniger Menschenleben fordern. Über die extreme Dürre in Somalia, die derzeit das Leben von Millionen Menschen bedroht, wird in Bonn ebenfalls nicht berichtet. Die Angst vor dem nächsten „El Niňo“-Wetterphänomen im Pazifik mit Dürren und Starkregen in Südamerika und Südostasien ist omnipräsent, aber kein Thema.

Auch die aktuelle Hitzewelle in Indien führt auf der Konferenz nicht zu großen Debatten. Nur wenn eine direkte Betroffenheit besteht, wird gesprochen: Während der Klimakonferenzen in Doha und Warschau 2012 und 2013 verwüstete jeweils ein ungewöhnlich starker Taifun die Philippinen. Yeb Sano, Delegierter aus dem Land, rief damals in einer emotionalen Rede seine KollegInnen im Plenum zu mehr Klimaschutz auf – in Warschau wurde wohl auch deshalb ein Mechanismus beschlossen, der den aktuellen „Loss and Damage“-Fonds vorbereitete.

Dafür dreht sich die Konferenz derzeit um die Verursacher der Krise: Am Donnerstag besuchte der nächste COP-Präsident, Sultan Al Jaber, Bonn, um mit Jugendlichen zu diskutieren. Der Industrieminister und Chef der staatlichen Ölgesellschaft ADNOC der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wurde von einem großen Banner mit der Aufschrift „End Fossil Fuels“ begrüßt.

Rechtzeitig zu seiner Ankunft hagelte es Kritik an ihm: Laut Zeitungsberichten hat sein Büro als COP-Präsident E-Mails an ADNOC weitergeleitet. Auch aus der Wissenschaft kam Gegenwind. Eine aktuelle Studie des Thinktanks New Climate Institute und Climate Analytics weist den Ländern mit fossilen Industrien nach, dass sie die Pariser Klimaziele missachten: Weder gebe es einen Ausstieg aus neuen Projekten für Öl und Gas, noch ein Absenken der Subventionen für die Fossilen.

Ganz im Gegenteil: Im Widerspruch zu allen Plänen das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, gibt es mehr Geld für neue Infrastruktur. Und auch die VAE als nächste Präsidentschaft sorgen sich vor allem um Ablenkungsmanöver wie CCS, die umstrittene Speicherung von CO2. Die VAE wecke „ernste Zweifel an ihrer Eigenschaft, einen ehrgeizigen Deal auf der COP28 zu verhandeln“, heißt es in dem Gutachten „Countdown to COP28“: Sie verfolgen „klar eine Agenda, die die Aufmerksamkeit vom Ausstieg aus den Fossilen ablenkt. Und wenn sie erfolgreich ist, wird sie die Öl und Gasproduktion in großem Maßstab für die Zukunft festlegen.“

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