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Hilfen für die AutobrancheBitte nicht abwracken!

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Der Ruf nach Hilfen für die Autoindustrie wird lauter. Doch den Neuwagenkauf erneut zu subventionieren, wäre falsch.

Ausgerechnet der sollte nicht gefördert werden: Neuwagen mit Bezinmotor bei einem Händler Foto: plainpicture

N och ist nicht ausgemacht, wie sehr die Autobranche überhaupt unter der Coronakrise leiden wird. Denn anders als Gastronomie oder Einzelhandel können Autobauer Produktion und Absatz durchaus nachholen. Mit Sonderschichten, Überstunden oder verkürztem Urlaub können Verluste abgefedert werden. Wer im März ein Auto kaufen wollte, wird es jetzt vielleicht erst im Mai tun. Nimmt er oder sie von den Plänen Abstand, weil der Job weg ist, wird ein Geldgeschenk das nicht ändern, sondern nur ein neuer Arbeitsplatz.

Trotzdem: Immer mehr PolitikerInnen, ManagerInnen und GewerkschafterInnen fordern Hilfen für die Autoindustrie. Alles weist darauf hin, dass die als „Umweltprämie“ nach der Finanzkrise eingeführte großzügige Bezuschussung für Neuwagen eine Wiederauferstehung erlebt. Das wäre fatal. Seinerzeit gab es 2.500 Euro Zuschuss, wenn ein älteres Auto abgewrackt wurde. Das Ergebnis waren volle Schrotthalden, aber einen ökologischen Effekt gab es nicht. Denn wer sich ein neues Auto kaufte, nutzte das Geld vom Staat oft, um sich ein größeres, leistungsstärkes Modell zu gönnen. Wer sich heute ein Elektroauto kauft, kann bereits mehr als die einstige Umweltprämie vom Staat bekommen. Die Zulassungszahlen steigen, aber ein echter Run sieht anders aus.

Die Bundesregierung wird keine reine E-Auto-Coronaprämie ausloben, weil das nicht den Wünschen der Industrie entspricht. Die Autobauer wollen ihre Klimakiller so lange wie möglich verkaufen, denn damit verdienen sie viel Geld. Eine Prämie mit einer CO2-Komponente zu verbinden, also Autos mit weniger Schadstoffausstoß mehr zu fördern, ist nicht mehr als ein Alibi.

Gerade weil in der Bundesrepublik viele Arbeitsplätze an der Autoindustrie hängen, muss die Coronakrise für ein grundsätzliches Umsteuern genutzt werden. Jeder Euro, der in die Förderung von Autokäufen fließt, ist falsch investiert. Stattdessen muss Geld zum Beispiel in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gesteckt werden, damit das eine Zukunftsbranche mit vielen neuen Jobs wird.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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12 Kommentare

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  • Corona hat bewirkt, dass ich mir erst mal keine neue Karre bestellen musste. Yay Corona!

  • Bitte nicht noch mehr Autos in die Städte, die halten jetzt schon den ganzen Verkehr auf.

    Das findet sicher kein Stadtbewohner gut, wenn da Steuergelder für im Grünen wohnende Besserverdiener verschwendet werden um uns Ihren Dreck ins Gesicht zu pusten.

  • Spannend.. nicht nur die Autobranche schreit nach Hilfe und dennoch ist nur sie im Fokus der Politik.

    Was ist mit den anderen Branchen? Da scheint die Politik kein so großes Interesse zu haben??

  • Spätestens in zehn Jahren wird die deutsche Automobilindustrie im internationalen Vergleich weit abgeschlagen sein denn man verschläft systematisch die Zukunft.



    Weder die Autoindustrie noch die Bundesregierung gestehen sich ein dass die aktuelle Blockade der Elektromobilität in die Sackgasse führt.



    Selbst die weltweit aktiven deutschen Autobauer haben es nicht geschafft im globalen Markt Zeichen zu setzen und Trends vorzugeben.



    Man rennt den führenden Tech-Konzernen mit dem Ölkännchen hinterher - und die tippen sich nur verwundert an die Stirn.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      ""Man rennt den führenden Tech-Konzernen mit dem Ölkännchen hinterher - und die tippen sich nur verwundert an die Stirn.""



      ==



      Das trifft die gegenwärtige Dynamik und Problematik nicht so richtig - weil



      bei Volkswagen ist die Abhängigkeit am größten: Europas größter Autobauer verkauft rund 40 Prozent seiner Fahrzeuge in China - zuletzt waren es 4,2 Millionen. So haben die Wolfsburger allein einen Marktanteil von 18,1 Prozent auf dem Markt. Dabei ist nicht sicher, wie es dort weitergeht.

      Das bedeutet: Nicht mehr der Bedarf in der Bundesrepublik oder in Europa ist auch nur annähernd entscheidend - sondern der Umsatz in China und in den USA bestimmen, welche Art von Autos gebaut werden - siehe SUV`s und Fahrzeuge ab 110kw/150PS aufwärts.

      Mit einem optimierten Fahrzeug aus dem Jahr 2006 verbrauche ich im Jahr 2020 30% eingespeiste Energie weniger als Hybridfahrzeuge aus dem dem BJ. 2019 und ff. im Betrieb mit Verbrennungsmotor - allein deswegen, weil derzeit groß und mächtig als SUV konstruiert wird und der CW - Wert offenbar keine Rolle mehr spielt.

      Die spinnen die Autobauer -



      aber total ...................

  • Steuergelder für die Autoindustrie können nur unter strengen Auflagen gewährt werden: 1. für Fahrzeuge, die das Durchschnittsziel für den CO2-Ausstoss für 2020 erfüllen - sprich max. 95 g CO2 pro Kilometer. Alles andere verhagelt den Autobauern die CO2-Bilanz und führt zu hohen Strafzahlungen, 2. für die Entwicklung leichter und effizienter Fahrzeuge, die wir dringend benötigen. Gegen zusätzliche Förderung von E-Autos spricht, dass die Autobauer bisher nur klassische Verbrennerfahrzeuge mit E-Antrieb ausstatten und das sind überwiegend Fahrzeuge ab 1,5 Tonnen Gewicht. Zudem ist die Käuferzahl limitiert, da Mieter und Laternenparker seltenst Lademöglichkeiten über Nacht haben.

  • In der Corona-Krise haben die Leute gelernt, dass man den ÖPNV zu meiden hat, weil man sich dort ansteckt.

    Coronasicher sind dagegen die privaten Pkws, auch wenn es in keiner Zeitung zu lesen war.

    Das wird seine Spuren hinterlassen. Man sollte dringendst über eine zukunftsfähige Umgestaltung des ÖPNV in Richtung Individualität nachdenken.

  • wie unser aller mister dudenhoefer heute sagte: die autoindustrie muesse mal langsam daran denken, kapazitaeten abzubauen. sei es personelle, wie auch produktive und betriebliche. jaha!



    sind wir alle schon so weit, dass wir endlich einsehen, dass wir gar nicht mehr so viele autos brauchen? dass die staedte uebervoll sind davon und die staedter gar keine lust mehr darauf haben, dass alle raeume damit zugestellt werden? jetzt ist der zeitpunkt gekommen fuer die politik, die weichen zu stellen. um nicht der sschrumpfenden autoindustrie milliarden hinterher zu schaufeln um etwas in der dimension zu retten, was gar nicht mehr zu retten ist.



    in ein paar jahren werden ohnehin wieder stellen abgebaut, und alle trauen ihren ohren nicht. unser deutsches industrie-filetstueck!



    ist doch mal ein idealer zeitpunkt, gesundzuschrumpfen. nichts ist fuer die ewigkeit.

  • Warum nicht auch Elektroautos stärker subventionieren? Das alle mit den Öffies fahren halte ich für surreale Fantasie auf Basis undifferenzierter Sichtweisen. Verkehrsmittel sollten den Bedürfnissen der Umgebung angepasst sein. Daraus ergeben sich andere Szenarien für Stadt und Land beispielsweise. Autos sind sind wichtig und sollten ausschließlich elektrisch betrieben werden, am besten sofort!

    • @Martina Struck:

      "Verkehrsmittel sollten den Bedürfnissen der Umgebung angepasst sein."

      Leider ist in den meisten Fällen die Umgebung an die Befürfnisse des Verkehrs angepasst, vor allem des motorisierten Individualverkehrs.

    • @Martina Struck:

      Es gibt zu viele davon. Ein 1:1 Ersatz von Verbrennungsmotoren durch Elektro lässt uns mit fast gleicher Wucht gegen die Wand fahren.

      Wenn überhaupt Subventionen, dann bitte nicht die Elektro-SUV-Monster, sondern nur Autos, die wesentlich kleiner als der Flottendurchschnitt sind.

      Ausgenommen Lieferwagen und Busse (da macht Elektro sowieso viel mehr Sinn).

      Autos sollten, vor allem in der Stadt, anteilig an ihrem Flächenverbrauch zur Kasse gebeten werden. Fläche in der Stadt ist viel zu kostbar, und Auto ist in der Stadt nicht so unverzichtbar wie auf dem Land.

  • Das sagt sich leicht, wenn man nicht zu den Millionen Arbeitnehmern gehört, die direkt oder indirekt betroffen sind. Die Automobilhersteller und viele Zulieferer zahlen sehr gute Löhne und bieten faire Arbeitsbedingungen. Allein die Abgaben der Hersteller und die Steuern der Beschäftigten geben dem Sozialstaat viel Spielraum für unterschiedlichste Leistungen. KfZ- und Kraftstoffsteuern noch nicht eingerechnet. Transporter, LKW, Krankenwagen und PKW bieten zahlreiche Möglichkeiten und gerade Corona zeigt, dass man mit einem eigenen Auto besser dran ist, als mit einer Monatskarte.