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Haushaltsstreit in den USARepublikanische Erpressung

Die USA haben erneut die künstliche Schuldenobergrenze erreicht. Und wieder wollen die Republikaner nur gegen Kürzungen einer Erhöhung zustimmen.

Die aktuelle politische Lage in Washington macht ein schnelles Handeln äußerst unwahrscheinlich Foto: Jon Cherry/reuters

Washington taz | Kaum sind die Republikaner im US-Repräsentantenhaus wieder an der Macht, kehren alte Probleme zurück. Wie schon so oft in der Vergangenheit geht es auch dieses Mal wieder um die Staatsverschuldung. Am Donnerstag erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen, dass die Vereinigten Staaten ihre Schuldenobergrenze erreicht hätten. Um einen bevorstehenden Staatsbankrott abzuwenden, müsse die Obergrenze schnellstmöglich angehoben werden.

„Ich dränge den Kongress hochachtungsvoll dazu, rasch zu handeln, um das volle Vertrauen und die Bonität der Vereinigten Staaten zu sichern“, schrieb Yellen in einem Brief an den US-Kongress.

Doch die aktuelle politische Lage in Washington macht ein schnelles Handeln in dieser Angelegenheit äußerst unwahrscheinlich. Da nur der US-Kongress dazu befugt ist, die Schuldenobergrenze anzuheben, benötigt die Regierung um Präsident Joe Biden die Hilfe der Republikaner. Diese wollen im Gegenzug für ihre Unterstützung allerdings Zugeständnisse von demokratischer Seite, insbesondere Ausgabenkürzungen, die vor allem die soziale Sicherheit betreffen würden.

Aktuell sind die Seiten verhärtet. Der kalifornische Abgeordnete Kevin McCarthy, der erst nach einem Wahlkrimi mit 15 Akten zum neuen Sprecher des US-Repräsentantenhauses gewählt wurde, ist zwar bereit zu Verhandlungen, doch nur wenn die Biden-Regierung sich auf Haushaltskürzungen einlassen würde. Diese lehnt dies jedoch kategorisch ab.

Schuldenobergrenze: Ein republikanischer Dauerbrenner

„Wir werden darüber einfach nicht verhandeln“, sagte Karine Jean-Pierre, die Sprecherin im Weißen Haus, bereits am Mittwoch. Die Republikaner sollten sich in dieser Situation in der Verantwortung sehen, erklärte sie.

Die aktuelle Schuldenobergrenze der Vereinigten Staaten liegt bei 31,4 Billionen Dollar. Es ist nicht das erste Mal, dass die USA diese künstlich per Gesetz festgelegte Obergrenze erreicht haben. Seit 1960 hat der Kongress die Schuldenobergrenze fast 80-mal angehoben, kurzfristig verlängert oder komplett ausgesetzt, zuletzt geschah vor gut einem Jahr.

Der Kampf um die Anhebung der Schuldenobergrenze ist spätestens seit den Obama-Jahren zu einem politischen Steckenpferd der Republikaner geworden. Als sich im Jahre 2011 die Mitglieder der konservativen “Tea Party“-Bewegung innerhalb der republikanischen Party dafür aussprachen, nur dann für eine Erhöhung der Obergrenze zu stimmen, wenn sich die Obama-Regierung dazu verpflichten würde, das Staatsdefizit zu senken oder die Verfassung zu ändern, kam es zu einer handfesten Krise.

Wie auch in diesem Jahr wurde damals das Kreditlimit ausgeschöpft und das Finanzministerium musste „außerordentliche Maßnahmen“ einleiten, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Bereits vergangene Woche erklärte US-Finanzministerin Yellen, dass ihr Ministerium erneut zu diesen Maßnahmen greifen werde.

Finanzministerin verschafft Zeitgewinne bis Juni

Damit ist das Problem zwar nicht gelöst, aber die Zahlungsunfähigkeit der USA ist bis Juni aufgeschoben, sodass Kongress und Regierung bis dahin Zeit haben, um zu einer Einigung zu kommen. Gelingt das nicht und weigern sich die Republikaner, die Obergrenze anzuheben, könnten die USA ihre Schulden nicht mehr begleichen.

Dazu ist es noch nie gekommen. Doch auch ein langwieriger Verhandlungsprozess könnte der US-Wirtschaft einen langfristigen Schaden zufügen. Verunsicherte Märkte, Kurseinbrüche an den Börsen und eine Herabstufung der Bonität, das waren die Folgen des politischen Schlagabtausches in den USA vor 12 Jahren. Es dauerte Monate, bis sich das Land von diesem Schock erholen konnte.

Eine komplette Zahlungsunfähigkeit hätte gravierende Folge, warnt das US-Justizministerium. „Es würde eine neue Finanzkrise herbeiführen, sowie die Arbeitsplätze und Ersparnisse aller Amerikaner gefährden. Die USA würden umgehend in ein wirtschaftliches Loch gestoßen werden, von dem sich das Land gerade erst versucht zu erholen“, so das Ministerium.

Doch vielleicht auch gerade wegen dieser schwerwiegenden Folgen glauben noch immer viele Experten, dass am Ende ein Deal zur Anhebung der Schuldenobergrenze ausgehandelt werden wird. „Nein, ich würde mir keine Sorgen über eine Finanzkrise machen. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Amerika in seiner Geschichte noch nie im Zahlungsverzug war. Das hat es noch nie gegeben und wird es auch nie geben“, erklärte der republikanische Senator Mitch McConnell.

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3 Kommentare

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  • Es geht bei dem Thema auch um das Stemmen der Milliardenpakete für die militärische Unterstützung der Ukraine, ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor für den schon maroden US-Haushalt. Das findet im Artikel leider keine Erwähnung.



    Meine Prognose: die Reps werden die weiteren milliardenschweren Ukraine-Hilfen im Parlament wegen der prekären Finanzsituation nicht scheitern lassen, das können sie sich innenpolitisch gar nicht leisten.



    Daran glauben müssen mal wieder die Ärmsten der Armen, aber auch die von Konkurs und sozialem Abstieg bedrohte Mittelschicht. Und wem nützt das alles? Richtig, den Scharfmachern und Trumpisten im republikanischen Lager … ihnen werden so die Wähler geradezu in die Arme getrieben.



    Aber auch Wladimir Putin im Kreml kann sich bei einer solchen gesellschaftspolitischen Entwicklung in den Staaten genüsslich die Hände reiben … seine Truppen in der Ukraine müssen nur lange genug durchhalten.



    Und es senkt Russlands Kosten im Cyber-Krieg, da kann sich Putin ganz auf den Patriotismus und das Abstimmungsverhalten der US-Parlamentarier verlassen.

  • Erpressung?



    Typische Verhandlungsrunde im Repräsentantenhaus, war schon immer so.



    Mal haben die Demokraten den längeren Hebel, man die Republikaner.



    Aber beide nutzen ihre Macht eiskalt zu ihrem Nutzen, oder wie sie es nennen "beide erpressen".

  • Naja, was eine Politik der Blockade angeht: Da brauchen wir ja garnicht hämisch über den großen Teich zu schielen.



    Da reicht schon ein kurzer Blick gen Berlin oder München ...