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Hamburgs neue KatzenschutzverordnungDie Kastrationspflicht kommt

In Hamburgs Straßen gibt es zu viele streunende Katzen. Deshalb müssen Katzen-Hal­te­r:in­nen ihre Tiere künftig kastrieren, chippen und registrieren.

Überlastet: Das Katzenhaus im Tierheim an der Hamburger Süderstraße Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Seit mehr als drei Wochen ist Kater Mick schon auf der Krankenstation des Tierheims an der Neuen Süderstraße in Hamburg. Als er gefunden wurde, war er matt und schwach. Der unkastrierte Fünfjährige hatte diverse Verletzungen, in seinen Wunden waren Maden. Offenbar wurde er ausgesetzt – wie so viele Tiere während der Reisezeit.

Gut 150 Katzen hat der Hamburger Tierschutzverein von Juni bis August aufgenommen, mutmaßlich passten sie nicht in die Urlaubsplanung. Da das Tierheim vor allem während der Sommerferien überbelegt ist, gibt es schon eine Weile einen Aufnahmestopp.

Sonst würde der Bereich für Katzen aus allen Nähten platzen, weil die Sanierung des seit 2021 wegen Einsturzgefahr gesperrten Alten Katzenhauses noch immer nicht abgeschlossen ist und dadurch 150 Plätze sowie zehn Quarantänestellen fehlen.

Die Krux ist: Gerade kranke Tiere belegen oft ziemlich lange Plätze, bevor sie überhaupt zur Vermittlung freigegeben werden können. Auch Katzenbabys, die auf der Straße geboren werden, können nicht direkt in ein neues Zuhause ziehen. In der Regel sind sie so scheu, dass sie zunächst auf einer Pflegestelle an Menschen gewöhnt werden müssen. Mal dauert das Wochen, mal sogar Monate.

Jahrelanges Ringen

Darum ist es wichtig, Hauskatzen mit Freigang zu kastrieren. Dazu sind ab 2026, wenn die Katzenschutzverordnung in Hamburg in Kraft tritt, alle Hal­te­r:in­nen verpflichtet, zudem müssen sie ihre Tiere sowohl chippen als auch registrieren lassen. Das hat den Vorteil, dass Katzen bei Verlust zugeordnet werden und schnell nach Hause zurückkehren können.

„Im Grunde kommen diese Maßnahmen viel zu spät“, sagt Stefanie Bauche, Vorstandsmitglied im Hamburger Tierschutzverein. Sie hatte bereits 2020 mit Lisa Maria Otte, Sprecherin für Tierschutz in der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, über eine Katzenschutzverordnung geredet – die Politikerin musste allerdings mehrere Jahre darum ringen.

Währenddessen ist die Zahl der Streunerkatzen drastisch gestiegen. Offiziell heißt es, in Hamburg würden rund 10.000 Katzen auf der Straße leben, doch Stefanie Bauche schätzt, dass es inzwischen viermal so viele Tiere sind. Einfach weil sich Katzen rasant vermehren und nach der Lockerung der Pandemie-Einschränkungen auffällig viele Jungtiere ausgesetzt wurden – mutmaßlich, weil deren Be­sit­ze­r:in­nen am Arbeitsplatz wieder Präsenzpflicht hatten.

Verordnung hilft Straßenkatzen

Für diese Straßenkatzen bietet der Tierschutzverein in Hamburg 50 Futterplätze an, betreut von Ehrenamtlichen. Ebenso kastriert das Tierheim heimatlose Vierbeiner. „Wir kämpfen gegen Windmühlen“, bilanziert Stefanie Bauche. „Natürlich wird es dauern, bis die Katzenschutzverordnung wirklich die Population reduziert.“

Dennoch bringen die Maßnahmen etwas, das zeigt sich zum Beispiel in Erfurt. Nachdem dort 2017 die Katzenschutzverordnung eingeführt worden war, hatte sich nach zwei Jahren die Situation der Streuner ein ganzes Stück verbessert. Die Population hatte sich verringert, die Straßenkatzen kränkelten weniger. Mehr als die Hälfte der untersuchten Tiere war klinisch gesund, zuvor plagte über die Hälfte mindestens eine organische Krankheit.

Ähnlich positive Ergebnisse erhofft sich Stefanie Bauche, die regelmäßig mit einem Katzenrettungsteam unterwegs ist, zumindest langfristig in Hamburg. Sie ist davon überzeugt, dass die Ham­bur­ge­r:in­nen die Katzenschutzverordnung nicht ignorieren werden: „Die meisten Menschen sind gesetzestreu.“

Ginge es nach ihr, dann sollten Tier­ärz­t:in­nen verpflichtet werden, jene Hal­te­r:in­nen zu melden, die sich den Vorschriften der Katzenschutzverordnung zu entziehen versuchen. Außerdem wünscht sie sich von der Stadt finanzierte Kastrationsaktionen für Streuner, die es in Schleswig-Holstein bereits gibt. Dort werden sie vom Land bezuschusst.

All diese Schritte könnten dazu beitragen, dass nicht mehr 1.500 Katzen jährlich ins Tierheim an der Neuen Süderstraße kommen. Derzeit beherbergt es rund 200 – darunter Kater Benny, geboren 2023. Er wurde Ende Juli in Harburg aufgegriffen. In einem recht stabilen Zustand, aber unkastriert. Sprich: Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich bereits fortgepflanzt hat, ist hoch.

Kürzlich wurden drei unkastrierte Katzen in einer viel zu engen Transportbox gefunden. „Für die Tiere war das eine extrem stressige Situation“, erklärt Stefanie Bauche. Solche Fälle, hofft die Katzenretterin, wird es dank der Katzenschutzverordnung künftig seltener geben.

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