piwik no script img

Hamburger Schulessen wird wieder teurer„Einseitige Belastung der Familien“

Hamburgs Schulessen soll nach den Ferien fünf Euro pro Mahlzeit kosten. Die El­tern­ver­tre­te­r sind besorgt. Aber die Schulbehörde will sparen.

Pfannkuchen gehen immer: Mittagessen an einer Ganztagsschule Foto: Sebstian Gollnow/dpa

Hamburg taz | In Hamburg gibt es flächendeckend Ganztagsschulen, dazu gehört für die Kinder eine warme Mahlzeit. Doch der Preis für das Schulessen, der seit 2012 zunächst viele Jahre verlässlich bei 3,50 Euro lag, steigt seit 2020 kontinuierlich an. Lag er zuletzt bei 4,70 Euro pro Mahlzeit, wurde er kurz vor den Sommerferien auf fünf Euro erhöht, was Elternvertreter erzürnt.

Weil das Thema sensibel ist und damals 2020 gerade Wahlen anstanden, bekamen die Eltern die erste Erhöhung von 3,50 auf 3,90 Euro nicht zu spüren. Die Stadt übernahm die Differenz. Richtig merkbar wurde sie erst im Januar 2022, als nach der Bundestagswahl die Subvention wieder wegfiel. Und als nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs die Inflation stark anstieg und auch als später nach dem Ende der Pandemie für die Gastronomie wieder volle 19 Prozent Mehrwertsteuer zu zahlen waren, sprang der Senat wieder ein, um den Preis-Anstieg zu ­dämpfen.

So gab es immer zwei Preise. Ab Januar 2024 etwa kostete für die Eltern ein Essen 4,35 Euro, die Caterer konnten über die Schulbehörde aber 5,30 Euro abrechnen. Die Subvention schien logisch, auch weil Mehrwertsteuer in die Staatskasse fließt. Ein Jahr drauf, im August 2024, kletterte der Eltern-Preis auf 4,70 Euro, der Abrechnungspreis auf 5,50. Nunmehr stieg der Elternpreis um stattliche 30 Cent auf 5 Euro, während der Betrag für die Caterer nur um zehn Cent auf 5,60 Euro stieg. Die Stadt sparte also 20 Cent Zuschuss je Essen.

In dem Brief der Behörde, der die Eltern informiert, heißt es zudem, die neue Regelung sei nur „bis zum 31. 12. 2025 befristet“. Denn die Bundesregierung plane zum Januar 2026 die Senkung der Umsatzsteuer für die Gastronomie, „von der auch die Caterer profitieren werden“.

Die Linke nennt Berlin als Vorbild: Dort ist das Schulessen kostenlos

Und in einem Brief an die Schulleitungen schrieb die Behörde entschuldigend, die Information erreiche sie kurz vor den Sommerferien, da es im Vorwege einen Austausch mit den Caterern gegeben habe, wie sich die Senkung der Umsatzsteuer auf die Preise für das Schulessen niederschlagen könnte. „An dieser Stelle hat es bisher keine einvernehmliche Klärung gegeben“, schrieb die Behörde.

Nicht begeistert ist Hamburgs Elternkammer. Auch wenn eine moderate Anpassung nötig sei, dürfe dies nicht „zu einseitigen Belastungen der Familien führen“, sagt die Vorsitzende Simone Kohl. Daher sei die Senkung des Behördenbeitrags irritierend. An Hamburgs Grundschulen gibt es eine soziale Staffelung der Preise nach Einkommen. Das wünscht die Kammer sich auch für Schüler ab Klasse 5, damit alle Kinder „die gleiche Chance auf eine warme Mahlzeit haben“.

Kritik kommt auch von der Gemeinschaft der Elternräte an Stadtteilschulen (Gest). Zwar bekommen alle Kinder, die Sozialleistungen empfangen, das Essen kostenlos. Doch die Preiserhöhung treffe die Eltern, die nicht dazu gehören, aber dennoch „jeden Taler umdrehen müssen“, sagt Sprecher Torsten Schütt. „Wir sehen die Erhöhung mit großer Sorge und halten den Zeitpunkt für völlig ungeeignet.“

Beim Essen gehe es auch um Gemeinschaft, sagt Schütt. Und gerade in der sensiblen Übergangszeit in die 5. Klasse der weiterführenden Schule sei die gemeinsame Mahlzeit wichtig, weil sie Bindungen fördere.

Caterer sehen „wenig Spielraum“

Die Gest fordert die Behörde auf, die Anhebung bis zum Jahresende auszusetzen, könnte sie sich doch als unnötig erweisen, wenn die Mehrwertsteuer gesenkt wird. So sorge dies nur für unnötige Unruhe im Schulalltag und „Druck auf viele Familien“.

Doch die Hoffnung könnte trügen. „Die Behörde möchte ihre 60 Cent einsparen“, sagt Okan Saiti vom Verband der Deutschen Schul- und Kita-Caterer (VDSKC), der die Verhandlungen führte. Die Caterer fänden es auch nicht gut, wenn das Essen teurer wird. „Denn desto teurer, desto weniger können es sich ab Klasse 5 leisten“, sagt Saiti.

Doch die starke Inflation habe die Preisanhebung schlicht nötig gemacht. Die Schulbehörde habe die Caterer drei Wochen vor den Ferien zum Gespräch gebeten: Sie wolle die Subvention ganz einstellen, wenn die Mehrwertsteuer für Gastronomie auf sieben Prozent gesenkt wird. „Wir sollten unterschreiben, dass wir die zwölf Prozent an die Eltern weitergeben“, sagt Saiti. „Aber wir sehen wenig Spielraum, das Essen für unter 5,60 Euro anzubieten.“

Neue Kosten durch höheren Mindestlohn

Denn zum 1. Januar 2026 werde der Mindestlohn auf 13,90 Euro erhöht, zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro. Da der Betrag für die Caterer laut dem vereinbarten Verfahren erst in zwei Jahren an diese Kosten angepasst werde, könnten die Caterer keinesfalls auf die Entlastung durch die Steuersenkung verzichten.

Es bahnt sich also ein neuer Streit an. Behördensprecher Peter Albrecht sagt: „Es war immer klar, dass die Behörde nicht dauerhaft die Mehrkosten der Caterer übernehmen kann.“ Es sei nur ein „zeitlich befristetes Entgegenkommen den Eltern gegenüber aufgrund der inflationsbedingten Belastungen“. Die Linke Heike Sudmann fragt indes, warum Hamburg es nicht mache wie Berlin? Dort ist das Schulessen seit 2019 kostenlos.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare