Halbzeitbilanz der Wohnungspolitik: Flaute beim Bauen und Wohnen
DGB und Mieterbund ziehen nach zwei Jahren Ampel eine traurige Bilanz: In puncto Wohnungspolitik hat die Bundesregierung wenig geliefert.
Körzell begann mit einer nüchternen Bestandsaufnahme: Beim sozialen Wohnungsbau käme man kaum voran, auch beim Mietrecht werde „mehr gebremst als geklotzt“. Viele müssten 30 bis 40 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben und deshalb häufig „an allen Ecken und Enden sparen, nur um ihre Miete noch zahlen zu können“. 2022 konnten 5,5 Millionen Menschen laut Statistischem Bundesamt nicht ausreichend heizen.
Das Fazit von Körzell lautet daher: „Die Wohnungskrise ist ein sozialpolitischer Skandal.“ Das werde nun zunehmend auch „ein wirtschaftspolitisches Problem“. Immer mehr Arbeitgeber klagten, dass sie keine Fachkräfte finden, weil es keine bezahlbaren Wohnungen gebe. Der Bundesregierung fehle „der Mut, das Ruder rumzureißen“, kritisiert Körzell.
Um entgegenzusteuern, müsse die öffentliche Hand mehr investieren, es brauche ein kommunales preislimitiertes Vorkaufsrecht und ein konsequentes Vorgehen gegen sogenannte Share-Deals, mit denen Unternehmen die Grunderwerbsteuer umgehen. Körzell betonte zudem, dass der DGB schon immer „Gegner der Schuldenbremse“ war.
Immerhin für die Wohngeldreform gibt es Lob
Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, versuchte es im Hinblick auf die Wohnungsnot mit den Worten des Kanzlers: „Es muss ein Wumms passieren. Ein zweifacher oder dreifacher Wumms.“ Siebenkotten richtete einen genauen Blick darauf, was die Bundesregierung im Hinblick auf Wohnungspolitik überhaupt schon umgesetzt hat. Die Wohnungsbauziele hat sie 2022 verfehlt. Statt 400.000 Wohnungen sind nur etwa 295.000 entstanden.
Besonders bitter sah es aber aus beim sozialen Wohnungsbau. Eigentlich sollten 100.000 Sozialwohnungen entstehen, geschafft wurde aber nur etwa ein Viertel. Die Bundesregierung habe zwar mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau gesteckt. Man sei aber „weit von dem Fördervolumen entfernt, das wir tatsächlich brauchen“, kritisierte Siebenkotten. Derzeit stellt der Bund den Ländern von 2022 bis 2027 18,15 Milliarden Euro zur Verfügung.
Buschmann blockiert vielversprechende Mietrechtsnovelle
In puncto Mietenpolitik plädierte Siebenkotten für einen Mietenstopp, richtete sich aber insbesondere an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Seit über einem Jahr blockiert Buschmann eine bereits vereinbarte Mietrechtsnovelle, um Druck beim Streitthema Vorratsdatenspeicherung aufzubauen – für Siebenkotten völlig inakzeptabel. „Kümmern Sie sich endlich drum!“, sagte er.
Die Mietrechtsnovelle beinhaltet unter anderem die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 und die Senkung der Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von 15 Prozent auf 11 Prozent. Das bedeutet, dass Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 11 Prozent angehoben werden dürfen.
Siebenkotten bemängelte zudem, dass die sogenannte neue Wohngemeinnützigkeit noch nicht auf den Weg gebracht worden sei. Das Vorhaben soll Unternehmen steuerlich bevorteilen, die gemeinnützigen und preisgebundenen Wohnraum zur Verfügung stellen.
Immerhin einen Punkt konnte Siebenkotten loben: die umgesetzte Wohngeldreform. Doch das hatte nur wenig Einfluss auf die Gesamtbewertung. Nach einer Note für die Bundesregierung gefragt, antwortete Siebenkotten: „Noch ausreichend, aber mit Tendenz zu ‚mangelhaft‘.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin