Haftbefehl gegen Evo Morales: Abgehört, aber optimistisch
Ein Telefonmitschnitt soll belegen, dass Evo Morales zur Abriegelung der Städte aufgerufen hat. Ein Haftbefehl kümmert den Ex-Präsidenten nicht.
„Bruder, damit kein Essen in die Städte kommt, werden wir blockieren, eine richtige Belagerung“, sagt die Stimme, die Boliviens Staatsanwaltschaft Morales zuordnet. Und: „Wir werden diesen Faschisten eine harte Schlacht liefern, diesen Rassisten, Bruder,“ ist später zu hören. Haftbefehl wurde auch gegen Faustino Yucra erlassen, einem Anführer der MAS, mit dem Morales das Gespräch geführt haben soll.
Die De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez hatte bereits im November den Mittschnitt veröffentlicht und eine Klage gegen Morales angekündigt. Morales bezeichnete die Aufnahme stets als Montage.
Morales war Anfang November vom Präsidentenamt zurückgetreten und ins Exil nach Mexiko geflüchtet. Danach waren die Blockaden der wichtigsten Zufahrtsstraßen zur Regierungsstadt La Paz sowie der angrenzenden Stadt El Alto Schauplätze harter Konfrontationen zwischen demonstrierenden Moralesanhänger*innen und den Sicherheitskräften.
Wahlkampfleiter aus dem Exil
Bei den tagelangen gewaltsamen Auseinandersetzungen kamen Dutzende Menschen ums Leben, zahlreiche Personen wurden verletzt. Seit dem 12. Dezember hält sich Morales in Argentinien auf und wurde bereits vom neuen Präsidenten Alberto Fernández sowie dessen Vizepräsidentin Cristina Kirchner empfangen. Morales Antrag auf seine Anerkennung als Flüchtling, werde von Argentiniens Flüchtlingsbehörde noch bearbeitet. Einmal als Flüchtling anerkannt, sei „jede Möglichkeit einer Auslieferung“ nach Bolivien ausgeschlossen, bestätigt der argentinische Außenminister Felipe Solá.
Morales zeigt sich gelassen. Das Ganze sei unfair, illegal und verfassungswidrig und mache ihm keine Angst, erklärte er am Mittwoch in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. „Von 1989 bis 2005 haben mich alle Präsidenten wegen Terrorismus, Volksverhetzung, Drogenhandel und sogar wegen Mordes verfolgt. Ich habe sie alle überstanden“, sagte Morales. 2005 wurde er selbst zum Präsidenten gewählt.
Tags zuvor hatte er sich auf einer Pressekonferenz in Buenos Aires als Wahlkampfleiter seiner Partei, dem Movimiento al Socialismo, bei den Neuwahlen zur Präsidentschaft präsentiert, die die De-facto-Regierung in Bolivien laut der Verfassung durchführen lassen muss. „Brüder, ich bin davon überzeugt, dass wir die Wahlen in unserem großen Vaterland erneut gewinnen werden“, zeigte sich der 60-Jährige optimistisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen