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Grundwasserknappheit in Deutschland„Reserven systematisch übernutzt“

Bergbau, Hitze, Landwirtschaft und Verschmutzungen belasten das Grundwasser in Deutschland. Laut neuer Studie wurden neue Tiefststände erreicht.

Dürre und Hitze sind nur einige Gründe, wieso das Grundwasser in Deutschland sinkt Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | In Deutschland wird das Grundwasser knapp. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Durchgeführt hat sie das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE).

Die Studie zeigt: Rund die Hälfte aller Landkreise in Deutschland entnehmen mehr Grundwasser, als durch Niederschlag nachgebildet werden kann. Und: Bundesweit wurden noch nie so geringe Grundwasserstände gemessen wie aktuell. Besonders hart trifft es Regionen in Niedersachsen, die Rheinschiene und Teile Ostdeutschlands.

In fast 100 Landkreisen und kreisfreien Städten sprechen die Au­to­r:in­nen von akutem Grundwasserstress, der vor allem – aber nicht nur – dem Klimawandel geschuldet sei.

Obwohl Deutschland ein vergleichsweise wasserreiches Land ist, ist die Wasserverfügbarkeit schon länger ein Problem. Sichtbare Folgen sind Ernteausfälle, großflächiges Waldsterben und eine immer öfter eingeschränkte Schiffbarkeit auf den großen Flüssen. Auch Bäche, Flüsse, Böden und Pflanzen leiden unter dem Mangel. Nicht zu vergessen die Kleinsttiere und Mikroorganismen, die im Grundwasser selbst leben und es beispielsweise reinigen.

Der Wasserspiegel sinkt

Grundwasserstress sei nun kein Randphänomen von einzelnen Landkreisen mehr, sagt Verena Graichen, Geschäftsführerin des BUND. „Unsere Grundwasserreserven werden systematisch übernutzt. Dürreperioden und Extremwetterlagen, die eine Folge der Klimakrise sind, verschärfen die Lage.“

Darüber hinaus werde die Situation in Deutschland vor allem von Braunkohletagebau, Industrie und Landwirtschaft beeinflusst. Beim Abbau von Braunkohle müssen große Wassermengen abgepumpt werden – das senkt den Grundwasserspiegel spürbar. Auch die chemische Industrie, etwa in Ludwigshafen, zählt zu den Großverbrauchern.

Zur Belastung durch die alte Industrie hinzu kommt die durch ökonomische Transformation – wie etwa die Ansiedlung wasserintensiver Rechenzentren, Batterie- oder Halbleiterfabriken. Vor allem in Gegenden mit vielen Hitzetagen wird auch der wachsende Wasserverbrauch in privaten Haushalten und öffentlichen Kühlungs- und Bewässerungsanlagen zum Problemfaktor.

Ebenso wie in landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen wie dem Heidekreis. Zwar liegt der Anteil der Landwirtschaft am gesamten Wasserverbrauch bislang noch im unteren Bereich, doch in den vergangenen Dürrejahren ist der Bedarf deutlich gestiegen. Verschmutzungen durch beispielsweise Nitrat, Phosphat oder die sogenannten PFAS-Ewigkeitschemikalien stellen eine zusätzliche Herausforderung dar.

Verbrauch drosseln könnte helfen

Sinnvolle Lösungsansätze sieht der BUND etwa in der konsequenten Umsetzung der nationalen Wasserstrategie der Bundesregierung. Zusätzlich fordert der Umweltverband einen gerechteren Zugang zum Wasser. Die Großnutzung von Grundwasser durch beispielsweise Konzerne sollte nicht kostenfrei bleiben. Bisher gibt es hierzu keine bundeseinheitliche Lösung.

Man komme langfristig auch nicht daran vorbei, den Verbrauch zu drosseln – ebenso wenig wie daran, die Herstellung von Arzneimitteln, Pestiziden oder bestimmten Chemikalien einzuschränken. „Wasser ist unsere Lebensgrundlage. Es wird verschmutzt und ist knapp. Höchste Zeit, dass die Regierung aktiv wird und unser Grundwasser schützt“, so Graichen.

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6 Kommentare

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  • Der Schutz unseres Grundwassers geht uns alle an – nicht nur Politik und Industrie. Auch wir Verbraucher:innen können täglich etwas tun: Leitungswasser statt Flaschenwasser trinken, wassersparend duschen, regionale Bio-Produkte wählen (die weniger Wasser und Pestizide verbrauchen) – und auch bei der Ernährung bewusst auf wasserfreundliche Zutaten setzen.

  • Man sollte aktuelle Satellitenbilder (oder Google Maps) seiner Region mit 30 Jahre alten Aufnahmen vergleichen. Man wird staunen, wieviel Fläche binnen einer Generation versiegelt wurde. Das bedeutet, trotz gleichbleibender Regenmengen versickert immer weniger im Grundwasser - weil das Wasser schlichtweg nicht versickern kann.

  • Beim Thema Grundwasser sollte man doch auch den Rückbau der Wehre / Querbauwerke erwähnen. Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert diesen und in Deutschland wurden schon mehrere tausend Querbauwerke rückgebaut, dadurch erhöht sich die Fließgeschwindigkeit und die Tiefenerosion und verringert sich der Wasserrückhalt / die Grundwasseranreicherung und der Gruandwasserspiegel sinkt. Der Rückbau findet statt weil das Ziel der WRRL ein natürlicherer Zustand der Flüsse und Bäche ist, welche gemäß der WRRL keine Querbauwerke haben. Interessant ist hier natürlich dass ein natürlicher Bach praktisch immer aufgestaut ist, nämlich von Bibern. Das Wort "Biber" tritt aber in der WRRL kein einziges Mal auf. Die "Renaturierung" schafft also häufig ungünstige und naturfernere Zstände anstelle einer Verbesserung, ausser natürlich wenn sie vn den Bibern selbst durchgeführt wird...

  • Und da gibt es immer noch Fossilkraftwerke, die als Kühlung zusammen den Ammersee in die Luft verdampfen lassen.



    Und die Verdichtung des Grunds bei Land- und Forstwirtschaft, die Dinge verschärft.



    Und, ceterum censeo, CO2-Ausstoß.

  • Die IngenieurInnen sind nicht untätig:



    "Innovative Wasserlösungen für nachhaltige Städte



    Städte müssen nachhaltiger werden und ihre Wasserressourcen effizienter nutzen. Wasser in lokalen, kleinräumigen Kreisläufen zu managen, ist eine mögliche Lösung. Ein neues Weissbuch von Eawag, Universität Berkeley und BlueTech Research zeigt, wie das mit innovativen Ansätzen gelingen kann. Drei Roadmaps beschreiben Lösungen für einzelne Gebäude, Stadtquartiere und Städte inklusive regionaler Landwirtschaft."



    www.sciena.ch/de/r...nable-cities-.html



    /



    Ein Wissenschaftsjournalist, der eifrig das Thema begleitet:



    Neulich bei Fragen an den Autor



    "Verzockte Umwelt? Wasser, Boden, Rohstoffe - wer macht mit unseren Ressourcen Profite?



    Wasser, Boden, Rohstoffe sind Allgemeingüter. Die gehören uns allen. Unsere Lebensgrundlage. Aber manche machen damit die großen Profite. Einige verdienen sich gar dumm und dämlich. Sagt der Wirtschafts- und Investigativjournalist Uwe Ritzer."



    Quelle sr-mediathek.de



    Er adressiert in seinen Äußerungen auch den "Wassercent" u. die ungleichen Verhältnisse dazu in Deutschland, aber auch ProfiteurInnen und Strukturen dahinter.

  • Da passt es natürlich ausgezeichnet dazu, wenn manche Möchtegernökologen Elektrotraktoren fordern. Und mit den Akkus die sowieso schon viel zu schweren Landmaschinen NOCH schwerer machen wollen. Siehe:



    www.spektrum.de/pd...80-pdf/848028?file