Grundeinkommen für 2.000 Menschen: Nahezu bedingungslos
Die Hamburger Volksinitiative, die ein Grundeinkommen testen lassen will, startet am Freitag erneut. Der erste Anlauf war im Juli gestoppt worden.
Das Hamburgische Verfassungsgericht stoppte im Juli das Vorhaben, weil es den vorgelegten Gesetzesentwurf für unzulässig erklärte. „Das Gericht hatte aber ausdrücklich klargestellt, dass in Hamburg der vorgeschlagene Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen als Gegenstand einer Volksinitiative zulässig ist“, sagt Rainer Ammermann von der Initiative.
Mit der Idee eines staatlichen Modellversuchs wollen die Initiator:innen herausfinden, welche Effekte es hat, wenn Menschen jeden Monat so viel Geld erhalten, dass es für den Grundbedarf ausreicht – ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Die Versuchsgruppe soll 2.000 Hamburger:innen umfassen, die möglichst repräsentativ die Bevölkerung abbildet. Außerdem sollen die Teilnehmer:innen in einem zusammenhängenden Gebiet wohnen, um so auch die sozialen Effekte zu erforschen.
„Der Modellversuch soll die Potenziale eines Grundeinkommens ausleuchten, um damit auch die politische Debatte zu versachlichen“, sagt Tom Petersen, der sich ebenfalls in der Initiative engagiert. Schließlich werde schon seit Jahren intensiv über das Für und Wider eines Grundeinkommens diskutiert – vor allem aber auf der theoretischen Ebene, weil es an einem anspruchsvollen Versuch zur praktischem Umsetzung noch mangelt. Ein Forschungsinstitut soll dann auch das Projekt wissenschaftlich begleiten.
Senat klagte gegen Volksinitiative
Die zentralen Eckdaten für den Modellversuch sind dieselben, mit der die Volksinitiative schon bereits 2020 an den Start ging. Da hatte die Initiative, die Teil des bundesweiten Netzwerks „Expedition Grundeinkommen“ ist, im Rekordtempo die nötigen 10.000 Unterschriften im ersten Schritt der Hamburger Volksgesetzgebung gesammelt. Ehe die Initiator:innen mit der Durchführung eines Volksbegehrens als zweiten Schritt beginnen konnten, klagte der Hamburger Senat gegen die Initiative.
Dort hatte der Senat Erfolg – aber nicht auf ganzer Linie. Zwar seien die Angaben der Initiator:innen zum Modellversuch teilweise widersprüchlich, unklar und lückenhaft, sodass die Bürger:innen Vor- und Nachteile nicht einschätzen können.
Doch dass Hamburg gar nicht die Gesetzgebungskompetenz für ein solches Vorhaben besitzt, wie der Senat argumentierte, wies das Gericht zurück. „Das Gericht hatte an einer Reihe von spezifischen Formulierungen Kritik geäußert, auf die wir nun mit einem überarbeiteten Gesetzentwurf reagiert haben“, sagt Ammermann.
Konkret nachgebessert hat die Initiative den Entwurf hinsichtlich der angestrebten Bedingungslosigkeit, in der Frage also, ob alle Versuchspersonen denselben Betrag erhalten sollen. „Weil es weiterhin eine Anrechnung der bisherigen Einkommen vor der Auszahlung geben soll, haben wir deutlicher gemacht, dass im Modellversuch das bedingungslose Grundeinkommen jedenfalls nicht in Reinform getestet wird, auch wenn fast alle Kriterien erfüllt sind“, sagt Ammermann. Wer viel verdient, soll nicht den vollen Betrag erhalten.
Modellversuch würde mindestens 40 Millionen Euro kosten
Hinzu bemängelte das Gericht die Höhe des vollen Betrags: Das Grundeinkommen solle schließlich so hoch sein, dass daneben keine Sozialleistungen mehr nötig seien. Indes erreichte die Initiative mit ihrer vorgeschlagenen Regelung diesen Anspruch nicht: 1.120 Euro für Erwachsene und 560 Euro für minderjährige Teilnehmende sind dafür zu wenig.
„Wir haben präzisiert, woran sich die Höhe des Grundeinkommens, das jeder Person gewährt werden soll, während des Modellversuchs orientiert, damit das für Hamburg errechnete Existenzminimum für alle Teilnehmenden gesichert ist“, sagt Ammermann. So soll sich der Betrag an der Summe von Bürgergeld, Wohnkostenzuschuss und Heizzuschuss, die Hamburger:innen in jenen Testjahren zustehen, orientieren.
Damit der Versuch schon bald starten kann, will die Initiative Tempo machen. „Unser Ziel ist, schon in den kommenden zwölf Tagen die nötigen Unterschriften gesammelt zu haben“, sagt Petersen. So könnten die Hamburger:innen 2025 parallel zur Bundestagswahl über das Versuchsmodell abstimmen. Dass das Projekt schon früher kommt, weil SPD und Grüne dem Vorhaben zustimmen, ist weniger wahrscheinlich. Das liegt allein schon an den Kosten: Ursprünglich anvisiert waren rund 40 Millionen Euro, durch die erhöhten Beträge dürften es einige Millionen mehr werden.
Prinzipiell ablehnend zeigen sich aber zumindest die Grünen bislang nicht: „Dem Anliegen der Volksinitiative stehen wir offen gegenüber“, sagt Mareike Engels, sozialpolitische Sprecherin der Hamburger Grünen-Fraktion, und will den überarbeiteten Gesetzesentwurf nun prüfen. „Ich bin gespannt, ob ein überarbeiteter Vorschlag der Initiative die Probleme ausräumen und das Grundeinkommen sinnvoll erprobt werden kann“, sagt Engels.
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