piwik no script img

Grünes Licht für S21Der Bauzaun wird umzingelt

Trotz Kostenexplosion wird der Aufsichtsrat dem Großprojekt Stuttgart 21 offenbar zustimmen. Gegner bereiten sich auf eine Demonstration vor.

Bleibt nicht, wie er ist: der Stuttgarter Hauptbahnhof. Bild: dpa

STUTTGART taz | Die Gegner des Großprojekts Stuttgart 21 versuchen noch einmal, alle Kräfte gegen den Bau des Tiefbahnhofs zu mobilisieren. An diesem Samstag ruft das Aktionsbündnis zu einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz auf. Anschließend soll es einen Demozug am Bahnhof vorbei in den Schlossgarten geben. Dort soll um den Bauzaun eine Menschenkette gebildet werden.

Wie viele Gegner sich tatsächlich mobilisieren lassen, vermochte Bündnissprecher Eisenhart von Loeper allerdings nicht zu sagen. Viele Gegner seien angesichts der bekannt gewordenen Kostensteigerungen entrüstet, dass derzeit noch weitergebaut wird. „Andere sagen, die Sache ist durch, wir brauchen gar nicht mehr demonstrieren.“

Doch so eindeutig scheint das Aus von Stuttgart 21 längst nicht zu sein. Medienberichten zufolge wird das Milliardenprojekt trotz der Kostenexplosion nicht gestoppt. „Der Aufsichtsrat wird der Bahn für den Weiterbau bei der geplanten Sondersitzung im März grünes Licht geben“, sagte angeblich ein Mitglied des Gremiums. Ein Regierungsvertreter bestätigte der Agentur Reuters, die Bundesvertreter im Aufsichtsrat des Staatskonzerns hätten sich auf diese Linie verständigt.

Bereits Anfang der Woche hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter S 21 gestellt – wohl um vor der Bundestagswahl eine Ausstiegsdebatte zu verhindern. Stattdessen soll die Bahn weiter darauf dringen, dass das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart doch einen Teil der Mehrkosten übernehmen, etwa die, die sich aus der S-21-Schlichtung ergeben haben. Beide Projektpartner lehnen das bislang aber strikt ab.

Für den Fall, dass der Aufsichtsrat der Bahn tatsächlich grünes Licht gibt, hat S-21-Bündnissprecher von Loeper angekündigt, gegebenenfalls mit anderen Juristen aus dem Aktionsbündnis gegen den Aufsichtsrat der Bahn zu klagen. Angesichts der fehlenden Finanzierung sei jede weitere Bauausführung „ungerechtfertigt und rechtswidrig“. Der Aufsichtsrat trifft sich am 5. März zur womöglich entscheidenden Sitzung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • BS
    bahnfreies Stuttgart

    S 21 ist organisierte Kriminalität. Es muß verboten werden und alle beteiligten gehören inhaftiert, am besten auch noch alle die dafür snd.

  • LC
    Lara Croft

    Betr. VOLKSABSTIMMUNG

     

    An alle, die sich hier an die auf BA-Wü Landesbene erfolgte Volksabstimmung beziehen, deren Ergebnis damals für den Bau von S 21 sprach.

     

    Diese Volksabstimmung ist nicht bindend, das sagen auch Verfassungsrechtler. Denn die damalige Volksabstimmung über S 21 basierte auf falschen, zu niedrig angesetzten Kostenschätzungen für den Bahnhofsbau. Die S 21-Ausstiegskosten, die die Bahn anführte waren dagegen zu hoch angesetzt.

     

    Inzwischen ist erwiesen, dass S 21 statt 4,5 Milliarden Euro nun mindestens 6,8 Milliarden Euro kosten soll.

     

    Angesichts dieser exorbitanten Steigerung wäre es unverantwortlich das verkehsrtechnisch schwachsinnige Bahnhofsprojekt zu realisieren.

     

    Dass sich die Grünen heute immer noch auf diese längst ducrh die Faktenlage überholte Volksabstimmung beziehen, beweist, dass ihr Engagement gegen S 21 nur Wahlkampf- Propaganda war, um an die Regierung gewählt zu werden.

  • S
    Sabine

    Frau Merkel ist betreffs S 21 offenbar eine erstaunlich schlechte Strategin.

     

    Denn gerade wenn die Bundesregierung jetzt immer noch nicht aus dem verkehrstechnisch unsinnigen, extrem teuren Stuttgart 21 Bahnhofsprojekt aussteigen sollte, wird das Wahlkampfthema sein. Denn wenn Merkel und Ramsauer die Milliarden in einem unterirdischen Bahnhofsgrab versenken, das auch noch Mineralwasserquellen und Grundwasser gefährdet, dann fällt jedem auf, dass die CDU/CSU eine schlechte Politik zum Schaden der SteuerzahlerInnen macht.

     

     

    "Bereits Anfang der Woche hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter S 21 gestellt – wohl um vor der Bundestagswahl eine Ausstiegsdebatte zu verhindern."

     

    Allerdings sind die Grünen wegen ihres heuchlerischen Verhaltens betreffs S 21 auch nicht mehr wählbar. Sie haben gar nichts ernsthaftes getan, um das unterirdiasche Projekt zu verhindern, seit sie regieren. Dabei haben sie der Protestbewegung gegen S 21 ihre Regierungsbeteiligung in Ba-Wü und in Stuttgart zu verdanken.

     

    Zum Dank haben die Grünen die 300 Bäume im Schlosspark fällen lassen wozu sie 2000 Polizisten eingesetzt haben. Die Bäume wurden von den parkschützerinnen u.a. ebenso erbittert wie größtenteils erfolgreich gegen CDU-Mappus verteidigt.

     

    bei S 21 heisst es eben wie in der Sozialpolitik (Agenda 2010 und Hartz IV):

     

    "Wer hat uns verrraten? Sozialdemokraten! Wer war dabei? Die "grüne" Partei!"

     

    ---Es gibt übrigens die Webseite "bei Absriss Aufstand", um sich aktuell zu informieren.-----

  • H
    Harald

    Warum kann Merkel und Co. sich nicht eingestehen, dass S21 doch ein unwirtschaftliches und unsinniges Projekt ist? Nach all den Fakten, die seither auf dem Tisch liegen? Ist ja klar sie will die Macht bei der nächsten Bundestagswahl nicht verlieren...

  • K
    keilbachh

    In diesem Bahnhof - für den es nicht einmal nach 10 Jahren Planung ein genehmigungsfähiges Brand- und Rettungskonzept gibt - werden deutlich weniger Züge einfahren können, da die bislang 16 Gleise auf 8 reduziert werden. Außerdem haben die Bahnsteige ein derart starkes Gefälle, dass nur durch besondere Bahnsteigbeläge ein Wegrollen von Koffern, Kinderwägen und Rollstühlen verhindert werden kann. (Die Beläge werden erst noch erforscht und entwickelt) Die Evakuierung der Personen im Bahnhof und aus den Zügen benötigt nach Aussagen eines - unglücklicherweise öffentlich gewordenen Gutachtens - über 30 Minuten. Und dabei müssen die Personen über Treppen durch den Rauch flüchten. Allerdings gibt es bis heute zu wenig Fluchttreppenhäuser - d.h. es gibt keine. Der Bahnhof muss mit 8 Fluchtreppenhäuser versehen werden, die bislang noch nicht einmal als Skizze vom Architekten vorliegen. Außerdem keinen Platz finden werden und ja im Normalgebrauch nicht betreten werden dürfen. Diese Kosten sind bei den heutigen Kosten noch nicht eingerechnet. Ein Rettungskonzept in den 60 Kilometer Tunnels gibt es ebenfalls bis heute nicht. Die Löschleitungen sind als Trockenleitungen geplant - die Befüllung erfolgt dann wenn notwendig von der Feuerwehr. Viel Spass liebe Bahnfahren mit dem neuen Bahnhof. Um sich ein Bild zu machen darf man nicht den Veröffentlichungen glauben, die werden gesteuert. Der Betrag über den heute gesprochen wird, entspricht dem Jahresetat der deutschen Entwicklungshilfe. Wer verdient an diesem Projekt? Dreimal darf gefragt werden.

  • A
    ama.dablam

    Ich fahre gerne und regelmäßig mit der Bahn, schätze sie und freue mich auf den neuen Bahnhof.

  • E2
    Energiewende 21

    ... die sollten wir wegen Kostenexplosion auch umzingeln!

     

    ... Kostenlüge der Grünen und Wut-Altmaier hat Recht?

     

    ... sollten wir die Billion nicht lieber in die Bildung statt in Wind-Beton-Räder und Überlandstahlleitung investieren?

     

    ... wo wir erst jetzt die Wahrheit kennen, ist dann der Parlamentsbeschluss hinfällig

  • OK
    Oma Kruse

    Ich weiß nicht, ob S21 technisch und finanziell wirklich sinnvoll ist, aber eines weiß ich schon: Es gibt kaum ein anderes Großprojekt in Deutschland, das inzwischen so stark demokratisch legitimiert ist, und darum sollte das schon allein aus Respekt vor dem Willen der Bürger und ihrer Repräsentanten, die sich immer wieder dafür ausgesprochen haben, realisiert werden.

  • DN
    Dein Name

    Wer hat denn in Baden Würtemberg damals bei der Abstimmung für den Bahnhof gestimmt? Waren das nicht die Bürger in Stuttgart und Umgebung? Dann sollen die jetzt mal zahlen und zeigen dass sie verantwortungsbewusste deutsche Staatsbürger sind. Wer a sagt muss auch b sagen.

  • E
    EinKritiker

    @Elke,

     

    wir alle haften für Griechenland, Spanien, Portugal, etc...

     

    Da sind weitaus höhere Beträge im Spiel...

     

    Nur so am Rande, nebenbei

  • PM
    Peter Meisel

    "Das Wagnis der Öffentlichkeit und die Provokation ist notwendig!" sagte Carl Jaspers, um das Denken in Gang zu setzten Nur auf auf dem Weg der Wahrheit in der Öffentlichkeit kann der politische und wirtschaftliche Gang des Daseins für uns zum Guten Führen. Maximale Öffentlichkeit ist für die Wahrheit notwendig.

    Carl Jaspers führte Kampfgespräche für einen liebenden Kampf. Nie wieder nach 1945, Kiesinger und co. braucht eine neue demokratische Öffentlichkeit. Es setzt gegen das Einlullen der Bürger durch Wohlstand den Drang zur Freiheit und den selbstbewussten demokratischen Bürger gegen den Obrigkeitsstaat voraus.

    Jaspers: "Wenn wir uns preisgegeben sehen an wirtschaftliche und politische Entscheidungen und Entwicklungen auf die wir nicht den geringsten Einfluss zu haben meinen, dann möchten wir wohl an ein apolitisches Leben fürchten. Aber diese Entwicklungen werden doch durch Menschen erzeugt. Menschen können sich besinnen, ihr Handeln ändern, miteinander denken und miteinander handeln."

     

    Dies sind meine Notizen zu einer Sendung im SWR2 heute, zu Carl Jaspers 130. Geburtstag. Und wie aktuell dies notwendig ist, zeigt die Sturheit der CDU an S21 gegen jede Vernunft festzuhalten. Ein Wahlkampfthema dieses Convents Der Unwahrhaftigkeiten (CDU)? In solcher Situation ging auch er das Wagnis der Öffentlichkeit ein und provozierte. Carl Jaspers, ein Philosoph, ein Vorbild für morgen am Milliarden Grab des Stuttgarter Hbf. Der Mutbürger, der Klügere gibt hoffentlich nicht nach. So nennt ihn Peter Sloterdijk den Profi-Bürger.

  • FB
    Feyd Braybrook

    Ich denke, S21 ist das bisher bestdokumentierte Beispiel für den Mix aus Hinhalte- und Fakten-Taktik.

    Nachdem nun sogar das einst wichtigste Argument der S21-Lobby, die Wirtschaftlichkeit, entkräftet ist, wird immer noch weitergebaut und für den 5.März eine AUfsichtsratsitzung angekündigt, bei der offensichtlich schon klar ist, das S21 durchgewunken wird.

    Die schaffen das immer wieder, trotz Anwachsen des Protestes, trotz der Ereignisse am schwarzen Donnerstag 30.09.2010, trotz Wechsel der Landesregierung und trotz der jüngst bekanntgewordenen Kostenexplosion.

    Ich frage mich, warum die Leute so ein mickriges Langzeitgedächtnis haben. Vor der Volksabstimmung hätten die Zahlen zu den Kosten das klare Aus für S21 bedeutet. Inzwischen nimmts jeder hin, weil sich Leute wie Hauk (CDU) hinstellen und einfach mal eben behaupten, S21 rechne sich auch, wenn es 10 - 15 Mrd € koste.

    Ich weiss nicht, auf wen ich wütender bin: auf Hauk oder jene armen verlorenen Seelen, die ihm in den Abgrund folgen.

  • E
    Elke

    Merkel will die Vorstände und Aufsichtsräte von aller Verantwortung und Haftung entlasten um dann in einer Aktionärsversammlung, in der sie die einzige Aktionärin ist, denn 100% der Bahn gehören dem Bund, diese Haftung auf die Bundesbürger zu übertragen. WIR ALLE haften also von nun an für alle Mehrkosten dieses Provinzbahnhofs. 5, 10, 15 Milliarden zahlt IHR!

     

    Wer also klug ist und kann, sollte morgen nach Stuttgart kommen. Ab 13.30 h geht es los, mitten in der Stadt auf dem Schlossplatz. Kommt und zeigt Merkel, dass sie keinen Bahn-Putsch durchziehen darf!