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Grüner Streit um ParteitagDaimler-Boss darf doch reden

Streit unter Grünen: Darf Dieter Zetsche auf dem Parteitag auftreten? Der linke Flügel war dagegen, der Parteirat votiert für die Einladung.

Er darf zu den Grünen: Daimler-Chef Dieter Zetsche Foto: dpa

BERLIN taz | Daimler-Chef Dieter Zetsche darf doch auf dem Bundesparteitag der Grünen im November reden. Das sagte Grünen-Chefin Simone Peter am Montag nach einer Sitzung des Parteirats. „Wir wollen ihm nicht den roten Teppich ausrollen, sondern ihn auch mit kritischen Fragen konfrontieren.“ Der Vorstand werde den Delegierten ein Debattenformat anbieten, welches die Kritik am Automobil- und Rüstungskonzern Daimler „umfassend aufnimmt“.

Die Einladung des Vorstandsvorsitzenden von Daimler für den Grünen-Parteitag, der vom 11. bis 13. November in Münster stattfindet, hatte am Wochenende parteiintern für Aufregung gesorgt. Zetsche sollte, so der Plan des Grünen-Vorstands, als Gastredner über Verkehrspolitik sprechen. Nachdem tagesschau.de über die Einladung und die Zusage Zetsches berichtet hatte, meldeten sich viele Kritiker.

Nordrhein-Westfalens Landeschef Sven Lehmann argumentierte auf Facebook: Er halte den Auftritt für falsch, „weil in Zeiten von globalen Krisen, Kriegen und Flucht es einfach falsch ist, einem Unternehmen eine Bühne für Greenwashing zu geben, das sein Geld auch mit Rüstungsexporten in Länder mit Menschenrechtsverletzungen verdient“.

Die Bundestagsabgeordnete Ute Koczy schrieb auf Facebook, dass das Format nicht funktioniere. Eine echte Auseinandersetzung könne mit Zetsche auf dem Parteitag nicht geführt werden. „Außerdem sollten wir inhaltlich andere Akzente setzen.“ Parteiratsmitglied Erik Marquardt vermutete, dass ein Signal der Annäherung gesendet werden solle. Zu den Befürwortern des Auftritts gehört Dieter Janecek, der Wirtschaftsexperte der Bundestagsfraktion. Er argumentierte, dass der Auftritt „beste Chancen“ böte, die Themen Mobilitätswende und emissionsfreie Neuwagen ab 2030 glaubwürdig zu platzieren.

Kontroverse im Parteirat

Im Parteirat, einem mit 16 Bundes- und Landespolitikern besetzten Führungsgremium, sorgte das Thema am Montag für eine kontroverse Debatte. Es habe allerdings kein Mitglied für eine Ausladung Zetsches plädiert, hieß es danach bei den Grünen. Allerdings hätten Kritiker angemerkt, dass ein Auftritt als Gastredner kaum geeignet sei, einen Dialog zu führen. Peters Ankündigung, dass es ein zusätzliches Debattenformat geben werde, kommt deshalb auch den Kritikern entgegen. Was genau geplant ist, ist noch offen. Schließlich müsse erst mit Zetsches Büro geklärt werden, zu welchen Diskursformaten er bereit sei.

Wir wollen ihn auch mit kritischen Fragen konfrontieren

Simone Peter, Grünen-Chefin

Zetsche ist seit Januar 2006 Vorstandschef der Daimler AG. Das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Stuttgart stellt Lastwagen und Autos her, ist aber zum Beispiel auch an einem Waffenhersteller beteiligt.

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18 Kommentare

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  • Na, das geht doch in die gleiche Richtung wie mit der Airbus-Kooperation der GRÜNEN und der Heinrich-Böll-Stiftung:

    http://www.taz.de/!5305323/

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/airbus-kooperation-gruene-kuscheln-mit-luftfahrt-und-ruestungsbranche-a-1094323.html

     

    "Die Kooperation zwischen der Airbus Group und der Heinrich-Böll-Stiftung ist das jüngste Zeichen, dass sich die Grünen von einigen ihrer Grundsätze verabschiedet haben. Zuletzt schlingerte man zwischen konservativen und linken Positionen in der Flüchtlingskrise. Jetzt nähert sich die Ökopartei auch noch der klimaschädlichen Luftfahrtbranche an.

     

    Zudem gibt es offenbar kaum mehr Berührungsängste mit der Rüstungsindustrie. Airbus ist schließlich auch ein globaler Rüstungsriese. - die Grünen kämpfen öffentlich gegen Militärexporte."

     

    Unfassbar, dann doch lieber die FDP unterstützen, damit sie über die 5% kommt?

  • Warum sollte Daimler-Chef Dieter Zetsche nicht auf einem Grünen-Parteitag reden, wo doch ein Joschka Fischer längst als Lobbyist für BMW tätig ist?

    Man muss allerdings befürchten, dass Zetsche in seiner Rede mehr "grüne Inhalte" bereithält, als der gesamte restliche Parteitag überhaupt noch aufzubieten hat. Wenn man schon Winfrieds Krippenspiele inszeniert, dann gehört natürlich auch Lametta mit Hochglanz dazu.

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Klar, das die deutschen Automobilkonzerne, die mit tätiger Hilfe der CDU/CSU die eh schon windelweichen EU Abgaswerte massiv zu ihren Gunsten verändert haben, was zum Thema Verkehr der Zunkunft sagen können! Sie wissen ja genau, wieviel Feinstaub und Stickoxide wir auch in den kommenden Jahren zu erwarten haben.

    Im Ernst: Das ist doch Realsatire pur, nur eben nicht zum Lachen.

  • Endlich angekommen!

    Daheim!

    Dazu braucht es einen Grünen-Parteitag, dafür dass Daimler Vorstandsvorsitzender seine Rede halten kann.

  • Es geht mir jetzt nur um die Festlegung auf 2030! Wer jetzt voreilig beschließt, von 2030 an keine Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, der muss Pläne auf den Tisch legen, wie diese Idee in der Praxis umgesetzt werden kann. Das dürfen doch wohl Bürger/innen erwarten!

    Warum sollte da nicht Vorstandschef der Daimler AG Dieter Zetsche auf der BDK sprechen, soll er nicht mithelfen das angestrebte Ziel auch mit umzusetzen?

    • @Walter Gleichmann:

      Finde ich auch - machen sie sich aber nicht zu viele Hoffnungen.

      Das ist so sinnlos wie der Versuch von Frau Roth mit PeGiDa zu reden.

    • 6G
      64938 (Profil gelöscht)
      @Walter Gleichmann:

      Falsch, die Automobilindustrie sollte gezwungen werden den Nachweis zu erbringen, wie deutsche Städte und Gemeinden mit deutschen Dieselstinkern geltende europäische Umweltstandards einhalten können.

  • Ohne Not ein solches Signal zu senden - die GRÜNEN verstehe wer will. Jetzt haben sie die werbewirksame Ansage - es ist eben nicht eine Einladung wie jede andere! Eine völlig unnötige Aktion.

  • Wäre sonst auch ziemlich inkonsequent und unglaubwürdig gewesen!

    Immerhin ist einer der prominentesten Grünen und Ex-Außenminister inzwischen selbst zum Autolobbyisten mutiert...

  • "Anstatt den Exponenten einer Industrie einzuladen, die an Krisen prächtig verdient und sich wohlkalkulierte Abgasbetrügereien leistet, sollte man sich einen Gast für den Bundesparteitag in den Reihen von SIPRI, Greenpeace, Pro-Asyl oder Amnesty International suchen."

     

    Au ja. Man sollte immer und ausschließlich die Leute einladen, die einem aus der ureigenen pippiwarmen Soße heraus moralische Überlegenheit und Edelmut bestätigen. Besser noch wäre es, überhauptniemals auf irgendwen zu hören, die nicht Parteimitglied ist, und dann auch nicht auf die doofen Realos. Nur so bleiben Lehre und Gewissen rein und die 5%-Hürde immer spannend!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Wurstprofessor:

      Was folgt?

      Die Grünen kommen dann in den BaWü-Umfragen auf 50%, weil dann auch die Dümmeren kapiert haben, dass die die bessere CDU sind.

    • @Wurstprofessor:

      Mal ganz abgesehen vom Ergebnis -

       

      Ziemlich dünnes Wurstkesselwasser - wa?!

      Tipp - Vorher nochmal pippimachen;)

      Besser ist das - Damit nicht alles -

      So hinterher so Wurst is - gell.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Enttäuschend seicht.

        Das hat der Wurstprofessor nun wirklich nicht verdient.

  • diese grünen, wer die noch wählt hat wirklich nichts verstanden!

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Offenbar wollen die Grünen Realos die Machtprobe und sind sich sicher, die zu gewinnen. Doch der linke Parteiflügel wird sich nicht ohne Gegenwehr ergeben. Was ist das für eine instinktlose, provozierende Aktion der Parteiführung? Anstatt den Exponenten einer Industrie einzuladen, die an Krisen prächtig verdient und sich wohlkalkulierte Abgasbetrügereien leistet, sollte man sich einen Gast für den Bundesparteitag in den Reihen von SIPRI, Greenpeace, Pro-Asyl oder Amnesty International suchen. Doch von diesen Organisationen ist wohl kaum eine fette Parteispende zu erwarten, geschweige denn, ein Schub für die eigene Karriere.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @1714 (Profil gelöscht):

      Ist doch interessant zu beobachten, wie sich die grünen Geister an einem topdotierten Autoboss scheiden.

      Oder kommt es gar zu einer generellen Bewusstseinserweiterung in dieser Partei?

      Davon könnten dann alle profitieren.

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Genau! Das beste ist, sowieso immer nur Leute einzuladen, die das sagen, was man hören will.

  • Nur mit solchen Maßnahmen, wie der Einladung, kommt man als Grüne über 15%.

     

    Der Rest bis zu den 30% in B-W, dass sind die Helikopter-Eltern die Ihre Kinder mit dem SUV in die Privatschule fahren. Oder die Oma und Opas des einzigartigen Wunderkind-Enkels.

     

    Grün wählen und beim Daimler, Porsche und Co. zu schaffe, dass ist für Akademiker in Stuttgart kein Problem. Weil, der Winfried K., dass ist ja a netter.