Grüne laden zur Klimakonferenz: Schneller neutral werden!
Auf einer digitalen Klimakonferenz will die Grünenfraktion über Zielkonflikte diskutieren lassen. Die Bilanz der eigenen Arbeit fällt positiv aus.
Welche das sein können, erläuterten am Montag die Fraktionsvorsitzenden Silke Gebel und Antje Kapek sowie der klimaschutzpolitische Sprecher der Fraktion, Georg Kössler. Beispielsweise stehe der notwendigen Dämmung von Gebäuden das Risiko steigender Mieten gegenüber, die Nachverdichtung der Stadt könne in Konkurrenz zum Erhalt von Grünflächen geraten. Auch eine umfassende Beteiligung der BürgerInnen und eine Beschleunigung der Planung von Klimaschutzinfrastruktur bildeten ein potenzielles Konfliktfeld.
Die Konferenz sei schon vor Corona geplant worden, so Kapek, aber auch in der nun notwendig gewordenen virtuellen Form falle sie mit 360 Anmeldungen „unter die Kategorie Großveranstaltung“. WissenschaftlerInnen und Interessierte aus der ganzen Welt nähmen teil. Neben Inputs von Klimaschutzsenatorin Regine Günther (Grüne) und Spitzenkandidatin Bettina Jarasch gebe es Liveschalten mit dem grünen Wiener Stadtrat Peter Kraus, dem stellvertretenden Pariser Bürgermeister David Belliard und Raju Pandit Chhetri vom Prakriti Resources Centre in Nepal.
„Inhaltlich der größte Leckerbissen“, so Kössler, sei der Auftritt von Bernd Hirschl vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin. Hirschl werde auf Grundlage eines neuen Gutachtens „Wege zur klimaneutralen Stadt 2035 aufzeigen“. Mit dieser Marke verlassen die Grünen pünktlich zum Wahlkampf endgültig den derzeit noch vom Berliner Energiewendegesetz gesteckten Zeitrahmen bis 2050.
Die drei PolitkerInnen nutzten die Gelegenheit, um auf die klimaschutzpolitischen Errungenschaften in dieser Legislaturperiode hinzuweisen. Den Ausstieg aus der Braunkohle und den bis 2030 geplanten Ausstieg aus der Steinkohle erwähnte Silke Gebel ebenso wie das große Investitionspaket beim ÖPNV. Was etwa ausstehe, sei die Verabschiedung des Kleingartenentwicklungsplans, der die Gärten als „zentrale Klimaschutzlunge der Stadt“ verankere, derzeit aber von den Koalitionspartnern blockiert werde.
Umsetzung macht Kopfschmerzen
Kössler wies darauf hin, dass die Vorlage für ein „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ innerhalb der Fraktion weit fortgeschritten sei. Angestrebt werde unter anderem eine Regelung, die EigentümerInnen beim Austausch einer Heizungsanlage einen Anteil von mindestens 15 Prozent erneuerbarer Energien vorschreibt. „Was mir Kopfschmerzen macht, ist die Frage, wie wir alle unsere Vorlagen umgesetzt bekommen“, fügte Kössler an. „Unsere Fraktion ist gut aufgestellt, wir könnten alles in Kürze beschließen. Auf die Koalitionspartner trifft das leider nicht zu.“
Fraktionschefin Kapek kritisierte, dass das künftige Schumacher-Quartier auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel das einzige der geplanten neuen Wohnquartiere sei, bei dem Klimaschutz „wirklich einmal durchdekliniert worden“ sei – von den Gebäuden in Holzbauweise bis zum dezentralen Regenwassermanagement. Die Ausweitung solcher Kriterien auf alle öffentlichen Neubauprojekte dürfte auch eine wichtige Forderung im Wahlkampf werden.
Eigentlich steht vieles im Maßnahmenpaket zur Klimanotlage, das Günthers Verwaltung schon mit allen KollegInnen im Senat abgestimmt hatte. Sogar die Schaffung einer „verbrennerfreien Zone“ beim Autoverkehr bis 2030 innerhalb des S-Bahn-Rings und bis 2035 für die gesamte Stadt stand darin. Im September wurde der Beschluss dann aber doch wieder von der SPD im Senat ausgebremst. Zwei Koalitionsrunden stünden dazu jetzt noch an, so Gebel: „Ich bin guter Dinge, dass wir da etwas hinbekommen.“
Anmeldung: berlin-for-future.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren