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Grüne drängen auf AbstimmungEhe für alle vor Gericht erzwingen

Nach zwei Jahren Warten haben die Grünen genug. Mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wollen sie eine Abstimmung über die Ehe für alle erzwingen.

Vertagen, bis die Luft raus ist – das ist offenbar der Plan der SPD Foto: photocase/moinmoni

Berlin/Karlsruhe dpa/afp | Die Grünen wollen eine Bundestagsabstimmung über die Ehe für homosexuelle Paare über das Bundesverfassungsgericht erzwingen. Das kündigte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“ an. Der Grünen-Politiker Volker Beck übergab am Donnerstag die Klageschrift seiner Fraktion persönlich beim Verfassungsgericht in Karlsruhe.

Dem Bundestag liegen drei Gesetzentwürfe für die uneingeschränkte Ehe für alle vor, von den Linken, den Grünen und vom Bundesrat. Die große Koalition aus Union und SPD ist in der Frage gespalten und verhindert eine Abstimmung, indem sie im Rechtsausschuss das Thema immer wieder vertagt. Die Grünen wollen, dass das Bundesverfassungsgericht den Rechtsausschuss verpflichtet, eine Abstimmung spätestens in der planmäßig letzten Sitzung vor der Sommerpause am 30. Juni und damit vor der Bundestagswahl zu ermöglichen.

Göring-Eckardt zufolge wird seit zwei Jahren über das Thema verhandelt. „Jedes Mal sitzen die im Ausschuss, und dann sagt jedes Mal die Koalition: Wir haben noch Beratungsbedarf. Da wird aber gar nichts beraten“, sagte die Fraktionschefin. „Zwei Jahre sind angemessene Beratungszeit, so steht es im Grundgesetz.“ Sie fügte hinzu: „Ich will jetzt auch von der SPD hören und sehen, wie sie sich entscheiden.“

Am Mittwoch hatte Justizminister Heiko Maas die sogenannte Ehe für alle als Bedingung für einen Koalitionsvertrag mit der SPD nach der Bundestagswahl genannt. Bei dem Streit geht es vor allem um das volle Adoptionsrecht für Homosexuelle, das die Union ablehnt.

Die SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht sagte in der ARD mit Blick auf vorherige Abstimmungsanträge der Opposition im Bundestag: „Das war ziemlich durchsichtig. Die wollten einen Keil in die Koalition treiben. Das hätte das Ende der Koalition bedeutet.“

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7 Kommentare

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  • Auf mich wirkt das erstmal wie ein geschickter Schachzug der Grünen (und wahrscheinlich wieder mal eine Idee von Parlamentsfuchs Beck):

     

    Im Rechtsausschuss hält die Koalitionsdisziplin wahrscheinlich noch bis zum Ende der Legislaturperiode (täte sie es nicht, auch gut, kann man das drohende Machtwort aus Karlsruhe als Auslöser verkaufen). Zwingt man den Ausschuss aber, den Entwurf ins Plenum zu geben, ist so kurz vor der Bundestagswahl durchaus eine hinreichende Erosion der Neinsager-Front denkbar, dass die Homoehe Gesetz wird.

     

    In dem Fall hätten die Grünen vor der Wahl noch einen grandiosen Sieg über die Union eingefahren. Läuft es anders, hätten sie es wenigstens versucht und könnten sich in Noch-Abwesenheit der FDP das Mäntelchen des unentwegten Vorkämpfers für (LGBT-)Bürgerrechte allein überstreifen.

     

    Win-Win.

  • Wer darf heiraten?

    Wer darf mit wem Kinder haben/adoptieren?

     

    Was eine absurde Diskussion! Hier sieht man mal wieder beispielhaft, wie tief die Kirchen ihre Finger im Spiel haben.

    Ja, da haben sie Angst, daß ihnen jemand ihr "Ehe-Monopol" wegnimmt, denn wie sonst sollen sie denn die Herde von Lämmern in Schach halten?

     

    Auch wenn Grüne/SPD /Linke/FDP das "Christlich" nicht in ihrem Namen führen, rennen doch trotzdem Ihre Mannen brav Sonntags in die Kirche und lassen sich vom "Halleluja-Mann/Frau" das Gehirn waschen.

     

    Nee, nee.....könnten wir uns als Menschheit endlich mal von diesem fatalen Irrglauben "Gott/Götter" trennen, würde es allen deutlich besser gehen...

    • @Juhmandra:

      Es geht wohl mehr darum wer steuern sparen kann.

      Was unterscheidet denn eine hetero wohngemeinschaft von einer homosexuellen partnerschaft?

  • Immer diese (Spieß-)Bürgerkinder! Satt die Teile der SPD, die noch „mauern“, davon zu überzeugen, dass das nicht nötig ist, setzen sie auf ein Machtwort von Papa Staat bzw. seinen Richter*innen. Vermutlich hat ihnen ja einfach niemand die nötigen Argumente geliefert. Und von ganz alleine sind sie auch nicht drauf gekommen.

     

    Angenommen, sie kommen durch mit ihrer Klage – was hätten „die Grünen“ damit erreicht? Sie hätten Entschlossenheit und Härte demonstriert kurz vor der Wahl. (Ob in der Hoffnung, ihre potentiellen Wähler einschließlich der schwulen Männer würden besonders auf Entschlossenheit und Härte stehen, bleibt vorerst ihr Geheimnis.) Zugleich aber hätten sie auch (mindestens) eine nicht so bald wiederkehrende Chance versemmelt. Die SPD-Genossen, die nicht abstimmen wollen zu Gunsten der grünen Idee einer Ehe für alle, werden es auch dann nicht wollen, wenn sie mit staatlicher Gewalt dazu „ermutigt“ werden. Im Gegenteil. Wahrscheinlich wird sich angesichts der Drängelei sogar der eine oder andere Sympathisant sagen, dass die Ehe mit den Grünen vermutlich doch nicht so ganz richtig wäre. Die Union, immerhin, hat bisher nicht mal damit gedroht, sie nach der Scheidung zu verklagen. Im Übrigen möchte ich den Spitzenpolitiker sehen, der ausgerechnet vor einer Wahl den Schwanz einzieht, wenn grüne „Gutmenschen“ ihm drohen. Wer Schwäche zeigt, hat schließlich schon verloren. Der ist nicht hart genug für das politische Geschäft – und für den gut bezahlten Job des (liebevollen) Volks-Vergewaltigers gleich zweimal nicht.

     

    Nun ja. Immerhin wird sich ja der fromme Wunsch der Grünen Parteichefin Göring-Eckardt womöglich bald erfüllen. Sie wird zu hören und zu sehen kriegen, wie sich „die SPD“ entscheidet. Das scheint ihr wichtiger zu sein, als dass die SPD die richtige Entscheidung trifft.

  • Für die Grünen ein hervorragendes Thema sich für die Bundestagswahl zu profilieren!

    Wird bestimmt die noch vermissten 4 % Wählerzuwachs geben.

     

    Übrigens: Staatliche Ehe inkl. steuerlicher Abartigkeiten abschaffen, das wäre mal ein progressiver Vorschlag und Familien jeglicher couleur mit Kinder bevorzugen ...

    • @Tom Farmer:

      Es ist doch idiotisch, die überkommenen Strukturen der Ehe mit Ehegattensplitting etc. noch ausweiten zu wollen. Schafft das doch einfach ab. Die verbliebene "Ehe" soll dann natürlich offen sein für alle. Aber es ist doch einfach ein schlechter Witz, dass Alleinerziehende mit einem Kind doppelt so viel Steuern zahlen müssen wie kinderlos verheiratete Paare, bei denen nur eine_r arbeitet.

    • @Tom Farmer:

      Übrigends: ich wollte gerade dasselbe scbreiben, vielen Dank!

       

      Schwule/lesbische Ehepaare müssen auch endlich adoptieren dürfen!