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Großspenden für UmweltbewegungenGeld braucht Kontrolle

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Nicht sexy, aber nötig: Extinction Rebellion braucht Hierarchien, klare Regeln und eine Satzung, wenn die Bewegung langfristig erfolgreich sein will.

Auf Dauer nicht genug: Protest von Extinction Rebellion gegen die Umweltpolitik Brasiliens Foto: reuters

N atürlich darf die Bewegung Extinction Rebellion Spenden annehmen – auch Großspenden. Protestaktionen durchführen, Fachexpertise aufbauen, Netzwerke knüpfen, all das kostet Geld. Und auch Umweltaktivisten müssen Miete zahlen. Nur: Eine Graswurzelbewegung kann sie dann nicht bleiben. Geld braucht Kontrolle: Damit die Organisation das Geld für ihre Zwecke einsetzen kann und nicht der Geldgeber die Organisation für seine.

Um Spenden kontrolliert verwenden zu können, braucht sie Hie­rar­chien, in denen transparente Entscheidungen fallen. Personen, die verantwortlich sind. Eine Satzung. Regeln. Wer große Geldsummen annehmen will, muss sich professionalisieren und landet am Ende dort, wo BUND, Nabu, Greenpeace oder Urgewald schon sind.

Dass viele der junge Wilden dort nicht hinwollen, ist verständlich. Sie setzen lieber Themen, dominieren die politische Debatte. Aber das wird sich erschöpfen. „Die Bewegung“ wird nicht 80 Prozent der Menschheit überzeugen, mal schnell das Klima retten und die Demos schließlich einstellen können. So funktioniert nicht mal die Demokratie im kleinen Deutschland – und der Rest der Welt schon gar nicht.

Irgendwann kommt das nächste Thema. Und dann? Dann wartet, an runden Tischen mit der Ministerialbürokratie, als Wildbienen zählender Rentner, als Geschäftsberichte analysierende Öko-Pfennigfuchserin die Umweltbewegung.

Auch deren etablierte Organisationen sind aus sozialen Bewegungen hervorgegangen. Neben Fridays for Future und Extinction Rebellion mögen die NGOs verstaubt wirken. Doch ob die Rebellen wollen oder nicht: Sie sind den Etablierten schon jetzt näher, als sie glauben. Sie stützen sich auf ihre Erkenntnisse, in ihnen finden sie ihre zuverlässigsten Verbündeten. Wenn es gut läuft, gelingt es Extinction Rebellion, ihre Kraft in eine Form zu gießen. Dann gibt es eine schlagkräftige NGO mehr, mit jungen Mitgliedern, breit verankert, solide finanziert. Arm ist eben nicht sexy.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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11 Kommentare

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  • Zitat: „Geld braucht Kontrolle: Damit die Organisation das Geld für ihre Zwecke einsetzen kann und nicht der Geldgeber die Organisation für seine.“

    Wenn das schon alles wäre…! Leider ist das Problem mit dem Geld kein Drinnen-Draußen-Problem. Geld zieht immer und überall die falschen Leute an. Selbst wenn also verhindert werden kann, dass Organisationen gekauft werden von Großspendern, bleibt immer noch das Risiko, dass die Führung dieser Organisationen selbst Schindluder betreibt. Beispiele dafür gibt es genug.

    Ja, um den Weg des Geldes nachvollziehen zu können, braucht es Regeln, Verantwortlichkeiten und Transparenz. Was es aber nicht braucht, sind Hierarchien. Damit Kontrolle funktionieren, muss es ein Gleichgewicht der Kräfte geben. Wo das fehlt, wird Kontrolle unmöglich. Verantwortung da nur noch eine hole Phrase.

    Der größte Denkfehler, der momentan gemacht wird, ist der, dass Professionalität nicht ohne Privilegierung gedacht wird. Wenn dieses Me-fist-Denken nicht bald überwunden wird, ist es nur eine Frage der Zeit, dass BUND, Nabu, Greenpeace oder Urgewald da landen, wo Google, Krupp, VW oder Trump und seine Wähler*innen schon sind.

    Dass viele der junge Wilden dort nicht hinwollen, finde ich überaus verständlich. Nicht verstehen kann ich, dass sich (fast) jeder einstmals junge Wilde früher oder später kaufen lässt. Sieht fast so aus, als ginge es in höherem Alter nicht mehr ohne Privilegien ab. Was mich allerdings schwer irritiert: Muss man, wenn man erst „Jahrgang 72“ ist, schon denken wie ein 72-Jähriger?

    Übrigens: Mag schon sein, dass „die Medien“ die ganze Klimadebatte irgendwann satt haben und beschließen, zur Abwechslung mal wieder eine andere Sau durchs globale Dorf zu jagen. Einfach, weil sie Gretas Zöpfe bis OK Unterlippe satt haben. Und zwar auch, wenn das Problem gar nicht gelöst wurde. Und was ist dann?

  • Liebe Frau Holdinghausen,

    vielen Dank, dass Sie Extinction Rebellion wahr- und ernstnehmen.

    Allerdings zeigt ihr Kommentar, dass Sie uns und unsere Strukturen bzw. solche, die wir gerade aufbauen, noch nicht gut verstanden haben.

    Wir möchten uns nicht in eine hierarchische Organisation, sondern in ein Selbst-organisierendes-System (SOS) entwickeln - wir berufen uns auf viele verschiedene Ansätze der Selbstorganisation (z.B. Soziokratie, Holokratie, Laloux, nglcommmunity.org) und integrieren deren best practices.

    Die XR Bewegung ist wie ein lebendiger, sich ständig wandelnder Organismus. Dieser Organismus wird von niemandem gesteuert oder kontrolliert, sondern funktioniert durch die Selbstbestimmung, Eigeninitiative und dem gegenseitigem Vertrauen seiner Mitglieder. Das SOS ist so konzipiert, dass es sich entsprechend der Schnelllebigkeit unserer Bewegung beständig und frei weiterentwickeln kann.

    Natürlich gibt es in diesem Prozess Anfangsschwierigkeiten, aber auch die taz hat ja sicher auch mal irgendwo angefangen.

    Weiterhin wichtig ist, dass wir nicht die Strategie verfolgen, 80 % zu mobilisieren. Wir beziehen uns statt dessen auf Untersuchungen der Bewegungsforscherin Erica Chenoweth, nach denen es nur 3.5 % der Bevölkerung braucht, um systematischen Wandel hervorzurufen. www.bbc.com/future...o-change-the-world

    Zuletzt: Wir sind keine "Jungen Wilden", sondern Menschen allen Alters mit sehr unterschiedlichen beruflichen Hintergründen.

    Einblicke in unsere Vielfalt gewinnen Sie beispielsweise auf Youtube www.youtube.com/watch?v=GGT www.youtube.com/ch.../UCzRo82VzXa_XgySy oder wenn Sie einfach mal zu einem Treffen kommen.

    Wenn Sie uns besser kennenlernen wollen, dann nehmen wir Sie auch gerne in unseren Verteiler auf und laden Sie auch zu unseren Terminen ein. Schicken Sie dafür eine Email an presse@extinctionrebellion.de

    Mit freundlichen Grüßen,

    Lu Yen Roloff von Extinction Rebellion

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Lu Yen Roloff:

      Danke für den Beitrag.

      Es ist schön, wenn hier nicht nur immer über Bewegungen geschrieben wird, sondern auch mal aus einer Bewegung.

      Die Berechnung der kritischen Masse scheint mir allerdings willkürlich zu sein.

      In den 70ern und auch noch in den 80ern wurde versucht zu berechnen, wann die Revolution kommt.

      Hat nicht geklappt.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Hey, lasst uns einen Verein gründen! Wer macht den Kassenwart?

    Dann werden wir so erfolgreich wie Greenpeace oder der ADAC.

  • Wow, was für ein undifferenzierter Kommentar. Wozu bei XR diese Gelder verwendet werden weiß von den Schreibenden allerdings bestimmt niemand. Geschweige denn ob es Möglichkeiten gibt diese Spenden runterzubrechen und innerhalb der Bewegung zu verteilen. Schwarz-weiß denken hilft es auch nicht die Klimakrise zu tackeln.

    Manchmal frage ich mich wer hier die Fatalist*Innen sind. Extinction Rebellion oder die linke Blase?

  • Tino Pfaff , Autor*in ,

    Liebe Autorin,

    ich denke du hast zwei Dinge nicht erfasst.

    1. XR ist keine Organisation, sondern eine Bewegung!

    2. Reproduziert das Resümee deines Artikels des hirarchische System.



    a. es bräuchte Hierarchien für Entscheidungen und Regeln.



    -> Dies Perspektive zeigt, das sie eine hierarchisch geprägte ist.



    -> Non-Hierarchie bedeutet nicht zugleich dass es keine Regeln gibt.



    b. XR solle eine NGO werden.



    -> auch hier lassen sich jene Denkmuster erkennen. Und zwar im Versuch, etwas neues in alte Schemata zu packen.



    c. Der Artikel meint auch, es komme bald wieder ein neues Thema.



    -> eben genau deshalb gibt es XR. Weil die große Mehrheit noch nicht realisiert hat, dass es ums Überleben geht und nicht um einen Medientrend.

    Schaue doch gerne mal tiefer in die Philosophie von XR. Ich bin optimistisch, dort findest du etwas neues, was nicht angepasst werden muss. Denn das was auf uns zu kommt, kann auch nicht in eine gewohntes Problem-Schema gepackt werden.

    ...und wenn du XR auf die Probe stellen willst, dann Spende Gerne unter ;-)



    www.gofundme.com/f...tinction-rebellion

  • "Irgendwann kommt das nächste Thema."

    Klar, wenn die Lebensmittel knapp werden, kommt ein anderes Thema.

  • Irritierend! Sicher, man kann argumentieren: besser es bleibt noch eine neue NGO übrig, als gar nichts. Aber bei Bewegungen, die gerade mal ein paar Monate auf dem Buckel haben gleich zu rufen "Organisieren! Formalisieren!" (In eine Form gießen - schauer!), diese Herangehensweise hat schon manche Bewegung frühzeitig zu einer Lame Duck werden lassen.

    Relativ schnell hat man dann die Leute, die meinen, aufgrund irgendeiner formellen Funktion (ob gewählt oder nicht, bezahlt oder nicht) haben sie dann eben doch mehr zu sagen, mehr Anrecht darauf, den Weg zu bestimmen.

    Das können wirklich nette Leute sein, denen eigentlich keiner autoritäre Tendenzen zuschreiben würde, aber da kommt dann schnell mal so eine Arguentation wie:

    Wir (die formell organisierten, aber man spricht dann gern als wären alle gemeint) haben das jetzt alles so und so vorbereitet und geplant, und diese Aktion die ihr da vor habt, die würde unsere Strategie unterlaufen... und die öffentliche Wahrnehmung... das passt einfach nicht ins Gesamtkonzept... und wir dürfen nicht zu kompromisslos rüber kommen, das schwächt unsere Verhandlungsposition...

    Und ziemlich schnell, wenn die Bewegung nicht genügend gegen solche Tendenzen allergische/immune/widerständige Elemente hat, ist sie eben keine Bewegung mehr.

    Unberechenbarkeit? Innovation? Schneeballartige Politisierung und teilweise Radikalisierung (oh, böse!)? Eigeninitiative, ansteckender Tatendrang? Das Gefühl von Elektrisierung und Eurphorie das dadurch entsteht, dass man auf einmal doch gemeinsam was bewegen kann?

    Alles dahin!

    Statt dessen, seht her!



    Wir haben eine neue NGO!

    Na dann! Dann können sich ja die Mächtigen dieser Welt wieder entspannt zurücklehnen!

    • @kritikderkritikderkritik:

      "Unberechenbarkeit? Innovation? Schneeballartige Politisierung und teilweise Radikalisierung (oh, böse!)? Eigeninitiative, ansteckender Tatendrang? Das Gefühl von Elektrisierung und Eurphorie das dadurch entsteht, dass man auf einmal doch gemeinsam was bewegen kann?"



      Komisch, ist musste die ganze Zeit an die Spassvögel der "Volksfront von Judäa" in Monty Pythons "Leben des Brian" denken. Vor allem an die Szene, in der sie im Palast des Pontius Pilatus auf die ebenfalls "schneeballartig politisierte" "Kampagne für ein freies Galiläa" trifft. Köstliche Szenen, durchgeknallte Dialoge, gedreht 1978.

  • Schon bemerkenswert, wer alles nun gute Ratschläge erteilt. Und in Nebensätzen Zusammenhänge scheinbar selbstverständlich unterschiebt, die dies absolut nicht nicht.



    Soll das ein Witz sein: "Hie­rar­chien, in denen transparente Entscheidungen fallen"? Die "Hierarchie" par excellance, die katholische Kirche (jedenfalls für Europa), hat sich in den 1500 Jahren ihrer Geschichte nicht unbedingt durch "transparente Entscheidungen" hervorgetan, oder habe ich da in Kirchengesschichte etwa nicht richtig aufgepasst? Wir der Papst in offener Abstimmung oder im Konklave gewählt?

    Dieser Kommentar wurde teilweise gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Die Moderation.





    Wenn XR eine Bewegung ist, will und muss sie vielleicht keine Organisation werden.

    Und für wen es "gut läuft", wenn die Kraft von Extinction Rebellion in eine Form (hat sie etwa derzeit keine?) gegossen und XR zu einer NGO wird, das ist fraglich.

  • Und doch... muss mensch immer wieder anfangen. Die Rhizome (das sind die Graswurzeln) müssen immer wieder keimen.

    Wer hat gesagt, dass Leben nicht anstrengend ist?

    Jedenfalls meine warme Dankbarkeit an EndeGelände, FfF, XR und all denen, die für uns alle den Kopf hinhalten.