Grenzen der Coronatest-Labore: Nebenwirkung Sprachlosigkeit

Die Labore brechen unter der Masse der Coronatests zusammen. Mit der flächendeckenden PCR-Testung verschwindet leider auch einiges an Gewissheit.

Eine biologisch-technische Assistentin zeigt aufbereitete PCR-Tests

Aufbereitete PCR-Tests im Landesgesundheitsamt in Hannover Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Deutschland hat ein Problem. Alles, was die Gesellschaft in den vergangenen zwei Jahren aufgebaut hat an Verständigungsmöglichkeiten über die Pandemie, droht von Omikron hinweggefegt zu werden. Die Welle der Neuinfektionen, die die hochansteckende Coronavariante produziert, ist schlichtweg nicht mehr fassbar. Und das heißt konkret: Nicht messbar mit den Kapazitäten der hiesigen Labore.

Diese haben sich am Dienstag mit einem Appell an die Bevölkerung gewandt. Im Grunde besteht er aus einem Satz: Vergesst die Sache mit den PCR-Tests! Wenn ihr nicht selber krank oder Krankenschwester seid, dann reicht auch ein Antigentest im Schnelltestzentrum an der Ecke, um zu wissen, ob man in Quarantäne muss oder nicht.

Viel mehr als die gut zwei Millionen PCR-Tests, die in der letzten Wochen ausgewertet wurden, ist einfach nicht drin. Nicht weil es an Technik oder Chemikalien fehlt, sondern an Personal. Der Markt für neue Fachkräfte ist leer. Und die im aktuellen Einsatz sind am Ende ihrer Kraft.

Das aber hat riesige Nebenwirkungen: Die Zahl der Neuinfektionen, die bisher ausschließlich in positiven PCR-Tests gemessen wird, verliert jeden Wert. Und damit auch die 7-Tage-Inzidenz, diese einigermaßen gelernte Währung zur Bemessung des Debakels.

Aus medizinischer und wissenschaftlicher Sicht mag das kein Problem sein. Um den Verlauf der Pandemie zu bewerten, gibt es längst andere, bessere Indikatoren. Man kann sie aus Hospitalisierungsrate, Zahl der Neuaufnahmen auf Intensivstationen und der Totenkurve berechnen. Allgemeinverständlich ist aber nichts davon. Zudem kann man auch die Corona-Warn-App bald in die Tonne treten. Denn sie verliert ihr zentrales Tool: die Warnung, die auf der Weitergabe positiver PCR-Testergebnisse beruhte.

Wer wissen will, wie schlimm es gerade steht, tappt künftig noch mehr im Dunkeln. In einer Zeit, in der wilde Interpretationen, Unterstellungen und Gerüchte die Debatte um die Angemessenheit aller Maßnahmen bestimmen, ist das wahrlich keine gute Nachricht.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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