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„Goldene Kartoffel“ für „Spiegel TV“Negativpreis für „Clan“-Dokus

Die Neuen deutschen Medienmacher*innen verleihen ihren Negativpreis an „Spiegel TV“. Kritisiert wird eine „verzerrte Berichterstattung“.

Die zweiteilige Doku „Die Macht der Clans“ sendete „Spiegel TV“ im Oktober Screenshot: taz/Spiegel.de

Berlin taz | Der Medien-Negativpreis „Goldene Kartoffel“ geht in diesem Jahr an „Spiegel TV“. Die Organisation Neue deutsche Medienmacher*innen verleiht ihren Preis für „unterirdische Berichterstattung“ an das Magazin für dessen Berichterstattung über sogenannte „Clan-Kriminalität“, wie sie am Mittwoch bekanntgegeben hat.

Zur Begründung hieß es: „Die Berichterstattung über organisierte Kriminalität in deutschen Medien und insbesondere bei ‚Spiegel TV‘ ist unterm Strich verzerrt, stigmatisierend und rassistisch.“ Der fast ausschließliche Fokus auf „Clans“ erwecke den Anschein, mafiöse Vereinigungen in Deutschland seien vornehmlich arabische Familien oder Rom*nja. Das BKA ordnet aber nur etwa 8 Prozent der Verfahren zur organisierten Kriminalität der sogenannten Clan-Kriminalität zu. Andere Formen der organisierten Kriminalität würden in den Medien jedoch deutlich seltener thematisiert.

„Spiegel TV“ ist ein Fernsehmagazin des Spiegel-Verlags, das Montagabend auf dem Privatsender RTL ausgestrahlt wird. Zuletzt hatte die Sendung häufiger das Thema Clan-Kriminalität aufgegriffen, etwa mit der zweiteiligen Dokumentation “Die Macht der Clans“ im Oktober.

Das Magazin werde stellvertretend für weitere Medien prämiert, aber seine Berichterstattung sei auch „stilprägend für das Genre der reißerischen ‚Clan-Reportage‘“, heißt es weiter in der Begründung. „Folgt man der Berichterstattung von ‚Spiegel TV‘, versinkt Deutschland in Kriminalität, beherrschen ‚Clans‘ ganze Städte und ein schwacher Staat ist dieser Entwicklung hilflos ausgeliefer.t. Zudem würden in der Berichterstattung Aussagen von Polizist*innen unkritisch übernommen, und die Arbeit der Sicherheitsbehörden werde distanzlos begleitet.

Dritter Preisträger

Die Organisation fügt hinzu, natürlich müsse über organisierte Kriminalität berichtet werden. „Nur muss die Berichterstattung – wie in allen Bereichen – auch hier sachlich, kritisch und faktenreich sein“. Die Reportagen über arabische oder Rom*nja-„Clans“ würden dem oft nicht gerecht.

Neue deutsche Medienmacher*innen ist ein Netzwerk aus deutschen Journalist*innen mit Migrationsgeschichte. Seit 2018 verleiht die Organisation jährlich den Negativpreis „Goldene Kartoffel“. Preisträger*innen waren bisher Bild-Chefredkateur Julian Reichelt und im vergangenen Jahr die öffentlich-rechtlichen Talkshows „Hart aber fair“, „Maischberger“, „Anne Will“ und „Maybrit Illner“. Letztere wies den Preis zurück, die Redaktion von „hart aber fair“ nahm ihn jedoch entgegen und erklärte, man werde „schauen, was wir daraus lernen können“. Die Medienmacher*innen hatten unter anderem diskriminierende Berichterstattung und ein „verzerrtes Bild vom Zusammenleben im Einwanderungsland Deutschland“ bei den Shows kritisiert.

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19 Kommentare

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  • Wer interessiert sich eigentlich für die Opfer? Klar, die „Mehrheitsgesellschaft“ ist vielleicht wenig bedroht durch diese Kriminellen (die "alten weißen Männer" profitieren sogar), das sind dafür andere, für die sich kaum jemand interessiert. Wer etwas über die elende, ja furchtbare Situation von Zwangsprostituierten wissen möchte, die mit Lügen nach Deutschland gelockt wurden, kann es in diesem Gespräch mit einem Kriminalhauptkommissar a.D. mit Inge Bell von Terre des Femmes erfahren.



    www.youtube.com/wa...g&feature=youtu.be



    Opfer der Clans sind auch die Kinder und jungen Leute, die in den Clans und dem dazu gehörigen Milieu aufwachsen, dadurch geprägt werden und die oft früh im Gefängnis landen und nicht mehr in der Gesellschaft Fuß fassen können, egal wie intelligent und talentiert sie sind. Leidtragende sind aber auch alle, die in den entsprechenden „Problemvierteln“ wohnen (in Neukölln wurde in letzter Zeit mehrfach am hellichten Tag auf Menschen auf offener Straße geschossen). Das sind vor allem Migranten und Migrantinnen. Journalist*innen und Medienmacher wohnen wahrscheinlich in anderen Vierteln.

    • @LeandraM:

      Nö. Sie wohnen in diesen "Vierteln" wo die Mehrheit der Migranten täglich einen guten Job tun, ganz spießig arbeiten, Steuern zahlen. Man kann in Neukölln einen der besten Käsekuchen bei Migranten kaufen. Es geht um die Anteile der Kriminalität. Dass Verbrechen Verbrechen sind, völlig klar. Dass sie reißerisch unter dem Stichwort "Clan" benannt werden anstatt sachlich zu berichten. Wie auch über all die Nichtmigranten, Clans bilden um Kinder systematisch auf Campingplätze locken oder Autoherstellerclans, die die Bevölkerung belügen und betrügen und durch verpestete Luft auch Leben auf dem Gewissen haben.

      • @Maria Burger:

        Seit wann ist ein Unternehmen eine kriminelle Organisation? Das sind Arbeitgeber die Jobs schaffen. Nur weil VW gelogen hat, sind das doch keine Clans?

      • @Maria Burger:

        In Berlin betreffen 20 % der Ermittlungsverfahren zur organisierten Kriminalität deutsch-arabische Großfamilien. Diese Strukturen gelten dort als in besonderer Weise "verfestigt". Wie konnte das passieren? Interessant ist ihre Vernetzung mit Teilen des deutschen Bürgertums. Der Tagesspiegel hat dazu recherchiert. www.tagesspiegel.d...chen/26081802.html



        Die Folgen für Jugendliche, die in diesen Clans aufwachsen, werden ganz gut in dem Film "Gangsterläufer" deutlich. Er ist in der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung frei zugänglich.

      • @Maria Burger:

        Ich bin öfter mal in Neukölln und weiß, wie es dort aussieht. Auch viele Migranten und Migrantinnen ziehen dort weg, wenn sie können, zumal das Milieu dort besonders konservativ ist, was den Islam angeht, und der soziale Druck entsprechend hoch. Von Clans spricht man bei einer besonderen Familienstruktur. Man muss schon blind sein, um diese Probleme nicht zu sehen.

        • @LeandraM:

          Blödsinn! Sie ziehen tatsächlich dort weg: Weil die Miet- und Immobilienpreise ins uferlose steigen. Weil die Gutverdienenden sich dort ansiedeln. Nachdem die Künstler und Studenten seit Jahrzehnten nicht umgebracht worden sind, kommen die Investoren direkt hinterher. Die alteingesessenen Berliner, ob mit oder Migration, können sich das nicht mehr leisten.

          • @Maria Burger:

            In ganz Berlin steigen die Preise für Wohnungen. Viele, offenbar auch Sie, haben eine ziemlich romantische, naive Vorstellung von Neukölln. Echtes, harmonisches "Multikulti" erlebt man eher in anderen Stadtteilen.

          • @Maria Burger:

            Echt jetzt? Clan Kriminalität ist ein Problem in Deutschland. es muss darüber geredet werden. Sehe da nix rassistisches. Mal was gehört von "stillen Krieg"? hier zitiert aus wikipedia:



            Als Clan-Kriminalität wird eine Form der organisierten Kriminalität in Deutschland und Schweden bezeichnet; als örtliche Schwerpunkte gelten Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Göteborg und Stockholm. In Südschweden gab es gehäuft Schießereien und Explosionen, bei ähnlichen Fällen in Kopenhagen im Jahr 2019 führten Spuren nach Schweden zurück.[1]

            Kriminelle Clans werden durch das BKA definiert als ethnisch abgeschottete Subkulturen, die in der Regel patriarchalisch-hierarchisch organisiert sind und einer eigenen Werteordnung folgen. Die Täterkreise gehören Großfamilien und Clans an, die zumeist aus dem arabischen Kulturkreis stammen.[2][3][4] In Schweden sind laut Polizeibehörden mindestens 40 Clans vorhanden.[5] Bekanntgeworden sind die Clans Abou-Chaker, Miri, Remmo, Al-Zein und weitere.

  • In dem Zusammenhang kann ich den Kommentar vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Thomas Fischer im Spiegel vor 5-6 Monaten empfehlen.



    Da hat er die Clan-kriminalität juristisch aber auch vom angerichteten Schaden ins Verhältnis zur Cum-Ex Kriminalität/Schaden gesetzt.

    • @Anna Bell:

      Es ist schon ziemlich zynisch, den "Schaden" durch Clans dadurch zu bagatellisieren, dass andere Kriminelle einen größeren finanziellen Schaden anrichten. Tatsache ist, dass sich kaum jemand für die Opfer interessiert, etwas die Zwangsprostituierten, die nach Deutschland gelockt werden, weil sie sich hier ein besseres Leben aufbauen wollen, und dann vergewaltigt, versklavt und systematisch kaputt gemacht werden. Keiner kümmert sich.

    • @Anna Bell:

      Volle Zustimmung. Bereits bei den Ermittlungen von Seiten der Polizei passiert die Verzerrung. Zum einen ist es einfacher (schneller Ermittlungserfolg) stadtbekannte "Clans" zu beobachten und Razzien dort werden dann immer das eine oder andere zu Tage bringen als sich mit der Elite der internationalen Kriminalität die Deutschland als einen Hauptstandort für Geldwäsche auserkoren hat anzulegen. Da ist ja schon die Recherche sehr viel mühsamer und langwieriger und dröge da die Bilanzen minitiös auszuwerten und mit der legalen Wirtschaftsleistung abzugleichen. Die Verzerrung wird aber auch politisch gelenkt denn Polizeiermittlungen orientieren sich ja an der Schwerpunktlegung ihrer obersten Dienstherr:innen der Innenministerien. Da scheut man sich nach wie vor die Kriminalität die den größten Volkswirtschaftlichen Schaden anrichtet gezielt ins Visier zu nehmen denn es ist bekannt dass die oberste Elite der internationalen Kriminalität ja gezielt legale Wirtschaftsunternehmen der Oberklasse gründet und / oder mit der legalen Finanzelite kooperiert. Fahndungserfolge dort würden also mächtige Finanzinstitute und "legale" Global Player ebenfalls treffen.

      • @Nina Janovich:

        Seit wann sind Bankiers kriminell? in meiner familie gibt es einige bankiers und in meinem freundeskreis. wenn die kriminell wären, hätten die den job gehabt. welche elite meinst du? es geht um den spiegel tv bericht der clans.

    • @Anna Bell:

      Wieviele Gewalttaten haben den die Banker verübt? Keine vermutlich.

      Den angerichteten Schaden kann man nicht allein in finanzieller Hinsicht betrachten

  • Interessant das erste NRW-Lagebild im letzten Jahr zum Phänomen Clan-Kriminalität. Die vor zwei Jahren abgewählte rot-grüne Landesregierung hatte eine solche Analyse stets abgelehnt. Aus polizeilicher Sicht verbiete sich eine Kategorisierung, hatte der damalige Innenminister Ralf Jäger (SPD) noch Ende 2015 in einem Bericht für den Landtag argumentiert. Schließlich ermittle die Polizei gegen Personen nicht allein aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit. Hintergrund war auch die Angst der Grünen vor ethnischer Diskriminierung. Ohne Lagebild blieben der Polizei allerdings für die Ermittlungen wesentliche Zusammenhänge verborgen.

    Tja, der Schutz der Grünen ist natürlich toll für das Business der Clans.

    Zwischen 2016 und 2018 verübten demnach rund 6500 Mitglieder diverser Clans in NRW 14.225 Delikte. Bei den meisten Fällen (5606) handelte es sich um Gewaltstraftaten, danach folgten Eigentums- und Betrugsdelikte (jeweils rund 2600), Rauschgift-Straftaten (1000) und andere Straftaten. Hinzu komme eine „sehr hohe“ Dunkelziffer, sagte Jungbluth, der die Zahl der Clans in NRW auf „mehr als 100“ bezifferte.

    Richtig viel Gewalt. Gerne auch gegen die Frauen, die die Clans zur Prostitution importieren. Nur ein winziger Teil davon wird angezeigt.

    Hessens Innenminister Pistorius in einem Clan-Lagebericht so:



    "Sie (die Clans) bedrohen damit unseren Rechtsstaat und unsere freiheitliche und demokratische Gesellschaft."

    Die spielen auf der Klaviatur des Rassismusvorwurfes. "Wir sind die neuen Juden", wie es ein Essener Clan-Chef formulierte.

    Muss man Clans verteidigen? Allein zum Schutz der von ihnen ausgebeuteten, missbrauchten und misshandelten Frauen sollte man Clans bekämpfen wo immer nur möglich.

    www.faz.net/aktuel...ellt-16186344.html

    www.ndr.de/nachric...minalitaet124.html

    • @shantivanille:

      Über den Clan VW redet mal wieder niemand.

  • Deswegen tue ich mich so schwer mit den Nachrichten und den sonstigen Berichtserstattungen. Es ist ja nicht so, dass da gelogen wird, nein es ist die tendenziöse Sicht der Dinge und das loslösen aus dem Kontext. Klar stimmt es, dass die Clans krumme Dinge drehen, doch in welchem prozentualen Verhältnis stehen diese Straftaten zu allen Emigranten in Deutschland? Ich habe keine Ahnung, nicht zuletzt weil solche Infos schwer zu bekommen sind.



    Und das ist journalistisches Futter für die unkritischen Konsumenten die daraufhin ihr Wahlkreuz bei der AfD machen.



    Wenn der Metzgermeister*innen, bei dem ich ab und zu heimlich ein Fleischkäse Wecken hole (wenn meine Frau mal wieder rumexperimentiert in der Küche), mit empörter Stimme sagt "Hast du mitbekommen was der Putin da wieder gebracht hat?" dann kontere ich ganz locker "Nein habe ich nicht. Und du auch nicht. Und der, der es in die Zeitung geschrieben hat auch nicht. Und sein Chef auch nicht." Nein, solche Infos brauche ich nicht, den so ein Wissen aus 3'ter 4'ter oder 5'ter Hand kommt eh nur noch verzehrt an. Statt so ein Klugschießer zu sein, der meint überall mitreden zu können, beiße ich lieber in dem heißen Fleischkäse Wecken rein und denke darüber nach was ich alles nicht weiß.

    • @chinamen:

      ja, so kann man auch durch die welt laufen. nix sehen, nix hören, nix sagen. die clans drehen nicht einfach ein paar krumme dinge, sondern sind absolut nicht integriert. und was hat die afd damit zu tun?

      • @Nikita James:

        Sorry, habe ihre Antwort erst jetzt gelesen.



        Natürlich sehe ich und höre ich und wenn nötig sage ich auch. Doch ich betreibe kein outsourcing und lasse andere für mich sehen und hören. Das beleuchtet ein sehr grundsätzliches Problem der Wissensgesellschaft. Wie kritisch oder unkritisch nehme ich das Wissen anderer an? Das mag ein jeder für sich selber entscheiden, doch wie ein indischer Feldarbeiter einmal sagte, "Ich weiß was ich nicht weiß".



        Es gibt im Journalismus die Tatsachen Berichtserstattung die zwar etwas langweilig sein kann aber die ehrlichste ist. Und es gibt die Berichtserstattung die zwar Tatsachen bringen aber auch gleich eine Interpretation dazu die im schlimmsten Falle, z.B. Bild oder Focus, sehr einseitig und polarisierend ist.



        Und ist es nicht offensichtlich was das mit der AfD zu tun hat? Die, welche eh gegen Ausländer hetzen sehen sich da bestätigt, dass diese Araber, Asiaten, Afrikaner nur Unheil bringen und alle des Landes verwiesen werden müssen.