Goethe-Institut entlässt Honorarkräfte: Gestern Lehrer, heute arbeitslos
Das Goethe-Institut soll Hunderte von Honorarkräften geschasst haben, denn: Die Rentenversicherung glaubt nicht an deren freiberufliche Tätigkeit.
Der Grund für die Maßnahme: Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bezweifelt, dass die Honorarlehrkräfte tatsächlich freie MitarbeiterInnen sind. Stellt die DRV Scheinselbstständigkeit fest, muss das Goethe-Institut in großem Umfang Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Sprecherin Gabriele Stiller-Kern sagte der taz, dass der Einstellungsstopp gelte, bis die DRV-Prüfung abgeschlossen ist. Laufende Verträge seien von der Maßnahme nicht betroffen.
Tatsächlich trifft sie aber vor allem die bereits beschäftigten MitarbeiterInnen. „Wir sind fassungslos und deprimiert, dass das Goethe-Institut uns über Nacht fallen lässt“, sagt eine Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Seit über zehn Jahren arbeitet sie schon beim Goethe-Institut. Ein zweites Standbein hat sie nicht. Sie muss nun Bewerbungen schreiben.
Die SprachlehrerInnen unterschreiben in der Regel am ersten Kurstag ihren neuen Vertrag, sind also zwei, vier oder acht Wochen beschäftigt. Betroffene berichteten der taz, dass sie am Dienstag eine E-Mail vom Vorstand erhielten, nach der ihre Verträge nicht erneuert werden. Am Mittwoch endeten die Vierwochenkurse. Zu den Prüfungen am Donnerstag durften sie schon nicht mehr erscheinen. Fest angestellte KollegInnen, die teilweise dafür gar nicht qualifiziert waren, mussten einspringen.
Rund 300 bis 400 Kollegen betroffen
Der Einstellungsstopp gefährdet das Kursangebot. In Berlin gaben die freien MitarbeiterInnen bislang gut zwei Drittel der rund 260 Kurse im Jahr. Am Goethe-Institut Düsseldorf wurden alle Nachmittags- und Abendkurse storniert. Wie viele Kurse bundesweit betroffen sind, konnte die Zentrale nicht sagen. Die Berliner Honorarlehrkräfte schätzen, dass es um 300 bis 400 KollegInnen geht.
Anonyme Mitarbeiterin
Was jene besonders ärgert: Ihr Arbeitgeber, so glauben sie, weiß schon lange von dem Problem. Nach einem Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das der taz vorliegt, hat die DRV schon 2014 damit begonnen, Honorarverträge zu überprüfen. Sprecherin Stiller-Kern erwidert auf Nachfrage, die DRV habe das Goethe-Institut erst letzte Woche informiert.
Vorsorglich haben sich die Berliner Honorarlehrkräfte arbeitssuchend gemeldet. Denn sollte es sich tatsächlich um Scheinselbstständigkeit handeln, bekämen sie nicht nur Sozialversichungsbeiträge zurück, sondern hätten auch Anspruch auf Arbeitslosengeld. Für viele ist das ein schwacher Trost.
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