piwik no script img

Gewalt in ÄthiopienMehr als 60 Tote bei Protesten

Seit Tagen gibt es in Äthiopien Proteste. Zuvor hatte Aktivist Jawar Mohammed staatliche Sicherheitskräfte beschuldigt, einen Anschlag auf ihn zu planen.

Jawar Mohammed (Mitte) wirft Äthiopiens Präsident Abiy Ahmed autoritäre Tendenzen vor Foto: Tiksa Negeri/reuters

Addis Abeba afp | Bei Protesten gegen den äthiopischen Regierungschef und diesjährigen Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Volksgruppen sind in Äthiopien nach Polizeiangaben mindestens 67 Menschen getötet worden. Etwa 55 Menschen seien bei Kämpfen zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien in der Region Oromia seit Mittwoch ums Leben gekommen, sagte der regionale Polizeichef Kefyalew Tefera am Freitag. Die übrigen Opfer seien von der Polizei getötet worden.

Die Unruhen waren am Mittwoch in der Hauptstadt Addis Abeba und weiten Teilen der Region Oromia ausgebrochen, nachdem der Abiy-Kritiker und Internetaktivist Jawar Mohammed staatliche Sicherheitskräfte beschuldigt hatte, einen Anschlag auf ihn zu planen. Die Polizei hatte den Vorwurf zurückgewiesen. Aus den Protesten entwickelten sich in der Folge rasch ethnisch und religiös motivierte Unruhen.

Sowohl Abiy als auch Jawar gehören der ethnischen Gruppe der Oromo an. Jawar hatte im vergangenen Jahr Proteste unterstützt, die schließlich zum Rücktritt des damaligen Regierungschefs Hailemariam Desalegn führten und Abiy an die Macht brachten. In jüngster Zeit kam es dann zum Zerwürfnis zwischen den beiden Männern.

Jawar warf Abiy, der vor zwei Wochen als Träger des Friedensnobelpreises 2019 verkündet worden war, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP am Freitag autoritäre Tendenzen vor. Der Ministerpräsident versuche, seine Kritiker einzuschüchtern, „sogar seine sehr engen Verbündeten, die ihm an die Macht verholfen haben“, sagte Jawar AFP. „Einschüchterung ist der Beginn autoritärer Herrschaft.“ Jawar betonte, er erwäge eine Kandidatur gegen Abiy bei der für kommenden Mai geplanten Parlamentswahl.

Friedensabkommen mit Eritrea

Seit Abiy im April 2018 an die Regierung kam, brach er mit der autoritären Politik seiner Vorgänger: Der 43-Jährige leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, ließ politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ Dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen. Zudem schloss er mit dem jahrzehntelangen Erzfeind Eritrea ein Friedensabkommen.

Für die Beendigung des Konflikts mit dem Nachbarland Eritrea und die Reformen in seiner lange autoritär regierten Heimat wird Abiy in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Der Preis wird am 10. Dezember in Oslo verliehen.

Mit über 100 Millionen Einwohnern ist Äthiopien nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Das Land legte in jüngster Zeit ein rasantes Wirtschaftswachstum hin. Dennoch zählt es nach wie vor zu den ärmsten Staaten der Welt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das was gerade in Äthiopien passiert ist keine ethnischen Konflikt sondern ein Massaker gegen die Orthodoxen Christen und Amhara. Das Massaker auch unterstützt von Regierungen Soldaten. Was wir gerade aus Äthiopien hören so ähnlich wie damals Ruanda. Bitte nicht wegschauen auch beim Namen nennen.