Gewalt gegen Letzte Generation: Ermittlungen gegen Prügler

Wegen Übergriffen auf Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen laufen mindestens 142 Verfahren. In Berlin werde Notwehr zwar stets geprüft, komme aber in keinem Fall infrage.

Eine Person zieht einen Aktivisten der Letzten Generation von der Straße.

Kommt wohl öfter vor: Handgreiflicher Autofahrer, hier im letzten Jahr in München Foto: Aaron Karasek/aal photo/imago

BERLIN/DÜSSELDORF afp/dpa | Wegen Übergriffen auf Ak­ti­vis­t:in­nen der Klimaschutz-Gruppe Letzte Generation haben Strafverfolgungsbehörden bundesweit bisher einem Bericht zufolge mindestens 142 Ermittlungsverfahren gegen Au­to­fah­re­r:in­nen oder Pas­san­t:in­nen eingeleitet. Wie der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) unter Berufung auf 47 Ermittlungsbehörden berichtet, gehe es dabei in den meisten Fällen um Körperverletzung. Auch wegen mutmaßlicher Nötigung und Beleidigung werde ermittelt.

Der rbb schreibt unter Berufung auf Sicherheitsexpert:innen, es sei jedoch von einer deutlich höheren Zahl an tatsächlichen Übergriffen auszugehen – da Teil­neh­me­r:in­nen der Blockaden der Letzten Generation nur selten Strafanzeige erstatteten.

Mit 99 von 142 Ermittlungsverfahren wurden demnach mehr als zwei Drittel der Verfahren alleine in Berlin eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt erklärte gegenüber dem rbb, in keinem einzigen bisherigen Fall komme eine Einstufung als Notwehr infrage. Dies werde stets geprüft. Wird eine Tat als durch Notwehr geboten eingestuft, bedeutet das Straffreiheit.

In zwei der Berliner Ermittlungsverfahren wurden nach rbb-Informationen Strafbefehle beantragt. Ein Verfahren richte sich gegen einen Mann, der im April versucht hatte, die Hand eines Aktivisten mit dem Feuerzeug anzuzünden. Im zweiten Fall gehe es um einen Angeklagten, der im Juli eine Aktivistin von der Straße gerissen hatte, obwohl sie bereits festgeklebt war.

Flughafen will Schadensersatz von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen

Auch der Letzten Generation selbst drohen indes neue rechtliche Probleme. Der Düsseldorfer Flughafen will nach einer Protestaktion Schadenersatz. Man werde entsprechende Ansprüche geltend machen, sagte ein Airport-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Vor gut zwei Wochen hatten mehrere Ak­ti­vis­t:in­nen Stacheldraht über einem Zaun durchschnitten und sich auf dem Rollfeld festgeklebt. Die Folge waren Flugausfälle und -verspätungen. Eine ähnliche Aktion hatte es auch am Hamburger Flughafen gegeben.

Der Düsseldorfer Airport hatte damals angekündigt, mögliche Ansprüche auf Schadenersatz zu prüfen. Inzwischen steht fest, dass man gegen die Aktivisten vorgehen wird: „Neben der Verfolgung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche hat der Flughafen Düsseldorf vorsorglich eine Strafanzeige sowie Strafanträge bei der zuständigen Polizei gestellt“, so ein Sprecher. Die Höhe der Schäden am Flughafenzaun „und entgangene Erlöse durch die Unterbrechung des Flugbetriebs“ ließen sich „noch nicht abschließend beziffern“.

In Düsseldorf waren nach früheren Angaben insgesamt 48 Flüge annulliert und zwei umgeleitet worden. Bis in den Abend hatte es demnach bei vielen der insgesamt 480 Flüge Verspätungen gegeben, in Einzelfällen bis zu 90 Minuten. Laut Staatsanwaltschaft wird gegen neun Beschuldigte wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs ermittelt.

Aktivistische Polizistin bekommt Probleme im Job

Für eine Bundespolizistin könnten ihre Aktivitäten bei der Letzten Generation zudem berufliche Konsequenzen haben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurde gegen Chiara Malz inzwischen ein Disziplinarverfahren eröffnet. Ihr Arbeitgeber, die Bundespolizei, wollte sich dazu aus Datenschutzgründen nicht äußern.

Die Welt am Sonntag hatte berichtet, innerhalb der Bewegung Letzte Generation gebe es eine Arbeitsgruppe „Polizeivernetzung“. „Das Netzwerk erstreckt sich über mehrere Bundesländer und Behörden und vergrößert sich ständig“, sagte Malz der Zeitung.

Außer ihr seien sieben weitere Beamte im engeren Netzwerk der Klimaaktivisten tätig. „Mit 80 bis 100 weiteren Polizisten stehen wir in Kontakt“, sagte Malz. Die Polizistin kümmere sich um die Vernetzung und erkläre innerhalb der Letzten Generation die Polizeiarbeit. „Der Austausch findet in beide Richtungen statt.“

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